Fragen und Antworten

EU mit Robin-Hood-Prinzip gegen hohe Energiepreise

ARCHIV - 14.01.2016, Brandenburg, Frankfurt (Oder): Ein Stromzähler in einem privaten Haushalt. Ein dauerhafter russischer Gaslieferstopp würde nach Einschätzung des Schweizer Beratungsinstituts Prognos den Strompreis in den kommenden Monaten noch einmal mehr als verdoppeln. (zu dpa «Studie: Strom bei dauerhaftem Gas-Lieferstopp noch viel teurer») Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Veröffentlicht: 30. September 2022 16:25 Uhr
Die EU-Staaten haben sich angesichts hoher Energiepreise auf europäische Notmaßnahmen verständigt, um Strom zu sparen und Entlastungen zu finanzieren.
SALZBURG24 (mp)

Die zuständigen Minister einigten sich am Freitag darauf, dass Energieunternehmen künftig einen Teil ihrer Krisengewinne an den Staat abgeben müssen, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Mit diesem Geld sollen Verbraucher entlastet werden. Die Einigung muss noch formell bestätigt werden.

Gaspreis wegen Ukraine-Krieg stark gestiegen

Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen ist, ist auch Strom teurer geworden. Das liegt daran, dass der Strompreis durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, das zur Produktion eingeschaltet wird - derzeit sind das vor allem Gaskraftwerke. Auch Produzenten von billigerem Strom - etwa aus Sonne, Wind, Atomkraft oder Braunkohle - können diesen zu hohen Preisen verkaufen.

Anzeige für den Anbieter Glomex über den Consent-Anbieter verweigert

Einnahmen werden gedeckelt

Ihre Einnahmen sollen künftig bei 180 Euro pro Megawattstunde gedeckelt werden, wie Diplomaten bestätigten. Mit dem Überschuss sollen Entlastungen für Bürger finanziert werden. Die Maßnahmen treffen nicht nur die Produzenten von billigem Strom aus erneuerbaren und anderen Quellen, sondern auch Öl-, Kohle- und Gasunternehmen sowie Raffinerien. Sie sollen eine Solidaritätsabgabe von mindestens 33 Prozent auf ihre Übergewinne zahlen.

Die Minister wollten heute außerdem einen EU-weiten Gaspreisdeckel diskutieren, wie ihn mehr als die Hälfte der EU-Staaten gefordert hat. Dazu sollte es heute aber noch keinen Beschluss geben.

​Fragen und Antworten zu Gewinnabschöpfungen

Was umfasst der Beschluss?

Eine Art Robin-Hood-Prinzip: Die EU-Staaten treiben aufgeblähte Gewinne von Energiekonzernen ein, die den massiven Preissteigerungen durch den Ukraine-Krieg geschuldet sind. Die Einnahmen wollen die Regierungen dann an bedürftige Haushalte und Unternehmen weiterleiten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die möglichen Einnahmen auf rund 140 Mrd. Euro beziffert. Das Geld werde "denjenigen zugute kommen, die es am meisten brauchen", versprach sie.

Welche Energie-Erzeuger sind betroffen?

Abgeschöpft werden sollen übermäßige Gewinne bestimmter Energie-Unternehmen, die Strom vergleichsweise günstig aus Wind- und Solarenergie, Kernkraft oder Braunkohle produzieren. Sie profitieren von den wegen des Ukraine-Krieges extrem gestiegenen Gaspreisen. Denn in Europa orientiert sich der Strompreis an der teuersten Quelle, und die ist derzeit Gas.

Wie funktioniert das Abschöpfen?

Der Gewinn der Erzeuger wird gedeckelt. Als Richtwert gelten 180 Euro pro Megawattstunde Strom, das ist etwa die Hälfte des derzeitigen Marktpreises. Alles darüber können die Mitgliedsländer eintreiben. Allerdings einigten sich die Mitgliedstaaten darauf, diesen Deckel flexibel anzuwenden. Das heißt, sie können je nach Bedarf mehr oder weniger abschöpfen.

Was ist mit Öl-, Gas- und Treibstoffkonzernen?

Für solche Konzerne wird in der EU für die Dauer der Krise eine verpflichtende "Solidaritätsabgabe" eingeführt. So sollen etwa Mineralölkonzerne im laufenden Jahr "übermäßige Gewinne" abgeben müssen, wenn sie mindestens 20 Prozent über dem Schnitt der vergangenen drei Jahre liegen. Auch dieses Geld wollen die Mitgliedsländer an die Verbraucher weitergeben.

Welche Rolle spielt das Energiesparen?

Eine große. Per Stromsparpflicht soll der nationale Energieverbrauch um mindestens fünf Prozent zu Spitzenzeiten sinken. Ziel ist, die Energiemärkte zu beruhigen und die Preise zu senken, wie es in der EU-Verordnung heißt.

Wie schnell greifen die Pläne?

Die geplante EU-Verordnung gilt unmittelbar. Sie greift nach dem Beschluss vom Freitag also bereits diesen Winter.

Was ist mit den Gaspreisen?

Darüber streitet die EU noch. Die deutsche Regierung hatte am Donnerstag eine nationale Gaspreisbremse statt der umstrittenen Gasumlage für die Verbraucher angekündigt. Den "Abwehrschirm" von bis zu 200 Mrd. Euro will die "Ampel" über Kredite finanzieren.

Was ist das Problem?

Viele andere EU-Länder können sich eine solche Schuldenfinanzierung nicht leisten. Eine Mehrheit von 15 der 27 Staaten drängt deshalb auf eine europaweite Preisobergrenze für Gasimporte. Deutschland ist bisher dagegen. Berlin argumentiert wie die EU-Kommission, die USA, Norwegen oder Algerien könnten das dringend benötigte Flüssiggas (LNG) nach Asien liefern, wenn Europa ihre Gewinne begrenzen will.

Deutschlands Wirtschaftsminister Habeck räumte aber ein, dass sich die Partnerländer wegen der russischen Gaslieferstopps derzeit "dumm und dämlich verdienen". Er plädiert deshalb dafür, mit den Ländern zu sprechen.

Anzeige für den Anbieter Glomex über den Consent-Anbieter verweigert

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

25.09.2025
Kultserie

"Baywatch" bekommt Neuauflage

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken