Die Parlamentarier befürchten, dass die neuen Regeln schlicht nicht durchsetzbar sind und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen Befürworter-Ländern und Ablehner-Staaten von GVO nach sich ziehen würde. Die derzeitigen Grenzkontrollen wegen der Flüchtlingskrise seien schon mehr als genug, wurde argumentiert. Außerdem fehle es an Transparenz.
EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis verwies darauf, dass eine "höchst paradoxe Situation" bestehe. Die europäischen Bürger seien skeptisch zu GVOs eingestellt, gleichzeitig seien gentechnisch veränderte Lebensmittel in der EU nur nach einer umfassenden Risikoeinschätzung mit hohem Sicherheitsniveau zugelassen. Außerdem seien die Viehzüchter in der EU sehr stark von Eiweißimporten abhängig, die meistens auf GVO-Basis bestünden. Dies sei wichtig für Futtermittel, "selbst in den EU-Staaten, die gegen GVO gestimmt haben".
Darüber hinaus gebe es bisher zum Kommissions-Vorschlag keine klare Meinung der EU-Staaten. Weder bestehe eine qualifizierte Mehrheit dafür noch eine dagegen, daher liege es formal in der Hand der Kommission, die Entscheidung zu treffen, gab Andriukaitis zu bedenken. Allerdings sei eine juristisch wasserdichte Lösung notwendig. Ein Alternativansatz sei ihm nicht bekannt.
Die EU-Parlamentarier zweifelten an der Machbarkeit des vorliegenden Kommissionsvorschlags. So gebe es keine ausreichenden Instrumente, um mit Gewissheit die Konsequenzen abzuschätzen, die GVO-Produkte im Binnenmarkt haben werden und auch, was dies für die Tierproduktion und die Wettbewerbsfähigkeit des Landwirtschaftssektors überhaupt bedeute. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen würde die Errungenschaft der Zollunion auflösen, es würde sich auch um eine Renationalisierung handeln.
Der EVP-Abgeordnete Peter Liese sieht den Kommissionsvorschlag als nicht seriös an. "Ziehen Sie den Vorschlag zurück und gehen sie aufs EU-Parlament zu", rief er dem Kommissar zu. Guillaume Balas von den europäischen Sozialdemokraten wandte sich ebenfalls entschieden gegen eine Renationalisierung der Handelspolitik. Dies sei nicht eine proeuropäische Tradition. Andererseits "können wir auch nicht nichts tun. Deshalb fordern wir sie auf, sofort an einem neuen Vorschlag zu arbeiten".
Die ÖVP-Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger bezeichnete den Kommissionsvorschlag ebenfalls als "völlig unbrauchbar". Deswegen "werden wir die rote Karte zeigen. Wenn Österreichs Nachbarländer GVO zulassen können, kann niemand mehr kontrollieren, welche Lebens- oder Futtermittel über die Grenze kommen. Die EU-Kommission macht es sich zu einfach, die Verantwortung an die Mitgliedsstaaten abzuschieben", kritisiert Köstinger. Die Bauern bräuchten aber Rechtssicherheit. Es müsse darauf hingearbeitet werden, langfristig GVO-freie Futtermittel in Europa zu produzieren, um die Importabhängigkeit zu reduzieren, so Köstinger.
(Quelle: salzburg24)