Bereits 1992 zeigte sich bei einer Studie in den USA eine starke Kaufsuchtgefährdung bei 8,1 Prozent der Allgemeinbevölkerung, sagte Musalek. Dies könne hoch gegriffen sein, meinte der Suchtexperte, doch wenn man starke Gefährdung und echte Kaufsucht zusammennehme, komme man ziemlich konsistent auf ähnliche Prozentsätze in der Bevölkerung verschiedener Länder.
Abstinenz bei Kaufsucht nicht möglich
In der Schweiz zeigte eine Studie bei fünf Prozent der Befragten eine stark Kaufsucht-gefährdete Situation. In Österreich lag dieser Anteil laut einer Gallup Institut-Erhebung im Auftrag der Arbeiterkammer bei 5,6 Prozent (2004) und 7,7 Prozent (2005). 20 Prozent der Bevölkerung gelten generell als gefährdet.
"Die Kaufsucht ist eine besonders tabuisierte Form der Abhängigkeit. 'Ich kann nicht einmal mehr mein Kaufverhalten steuern' wirft sich der Betroffene vor. Psychische Krankheiten werden an sich schon tabuisiert, noch mehr die Suchtkrankheit. Und dann auch noch 'Kaufsucht'", sagte der Experte. Umgekehrt gebe es - genauso wie bei der Online-Sucht - in der Gesellschaft keine Möglichkeit zur klassischen "Abstinenz". "Ohne Kaufen kann man kaum überleben. Ohne Internet funktioniert kaum mehr ein Sozialleben", sagte der Fachmann.
Frauen vs. Männer: Andere Güter, Kontrollverlust gleich
Die Meinung, dass starke Kaufsuchtgefährdung primär eine Angelegenheit der (österreichischen) Frauen sei, ist falsch. Die Arbeiterkammer-Studie aus dem Jahr 2005 ergab bei den Frauen in der Altersgruppe der 45- bis 59-Jährigen einen Anteil von 11,9 Prozent, bei den Männern einen Anteil von 6,1 Prozent. Bei den 25- bis 44-Jährigen waren es 11,8 Prozent (Frauen) bzw. 6,9 Prozent unter den Männern.
"Es geht nicht darum, Güter zu haben. Es geht um den Vorgang des Kaufens", so Musalek. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen betreffe in dieser Hinsicht am ehesten die Gattung der gekauften Güter: "Männer sieht man halt eher in Elektroläden. (...) Entscheidend ist der Kontrollverlust."
Je besser verfügbar ein Suchtmittel, desto mehr Abhängige
"1990 - also mit der Erhebung der Situation vor dem 'Mauerfall' - zeigte eine Untersuchung in Deutschland eine Kaufsuchtgefährdung bei fünf Prozent der 'Westdeutschen' und eine von einem Prozent bei den 'Ostdeutschen'. 2005 waren es acht Prozent bei den 'Westdeutschen' und sechs Prozent bei den 'Ostdeutschen'", sagte Musalek. Es gelte also für die Kaufsucht ganz Ähnliches wie für alle andere Abhängigkeiten von Substanzen oder anderen "Kicks": "Ein Suchtmittel muss hoch attraktiv sein, sonst wird es kein Suchtmittel. Die Wirkung muss schnell abklingen, um eine Erneuerung des Reizes notwendig zu machen."
Bei der Kaufsucht sind genau diese Charakteristika fast perfekt gegeben. "Die Verfügbarkeit von Konsumgütern hat in den ehemaligen ostdeutschen Bundesländern stark zugenommen. Das begründet auch die stärkere Steigerung der Kaufsuchtgefährdung in diesen deutschen Bundesländern nach 1989. Je besser verfügbar ein Suchtmittel oder eine (suchtmögliche; Anm.) Verhaltensweise ist, desto mehr Abhängige werden wir sehen", sagte Musalek. Das gelte auch für die aktuellen Diskussionen rund um die Freigabe des Gebrauchs von Cannabis. Nicht-Kriminalisierung von Cannabis-Konsumenten (Grenzmengenregelungen) und restriktive Maßnahmen sollten kombiniert werden.
(APA)
(Quelle: salzburg24)