Nahostkonflikt

Gestoppte Gaza-Hilfsflotte setzt Fahrt fort

Ein israelisches Marineschiff bewegt sich am Donnerstag, dem 2. Oktober 2025, im Mittelmeer auf den Hafen von Aschdod, Israel, zu. Die israelische Marine hat mindestens 19 der Hilfsboote der zivilen, auf Gaza zusteuernden Flottille „Sumud“ abgefangen, als diese sich der Küste von Gaza näherten.
Veröffentlicht: 02. Oktober 2025 09:59 Uhr
Nach dem Stopp einiger Boote durch Israel und Festsetzungen von Teilnehmer:innen setzt die Gaza-Hilfsflotte ihre Fahrt am Donnerstag fort.

Nachdem die israelische Marine mehrere Schiffe einer Flotte, die Hilfsgüter gegen den Willen Israels auf dem Seeweg in den Gazastreifen bringen wollte, haben 30 der rund 45 Schiffe laut Aktivisten ihre Fahrt am Donnerstag fortgesetzt. Die meisten Schiffe seien nach dem Einschreiten Israels weiter unterwegs und näherten sich dem Gazastreifen, hieß es vonseiten der sogenannten Global Sumud Flotilla.

Die internationalen Insassen der abgefangenen Schiffe sollten nach Angaben des israelischen Außenministeriums zum Hafen Ashdod gebracht werden. Sie sollen an Land in Israel identifiziert und festgesetzt werden. Bereits ab Freitag könnten die ersten in ihre Heimatländern zurückgeführt werden.

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Zuerst zurückgeführt würden jene Aktivisten, die einer freiwilligen Ausreise aus Israel zustimmten, verlautete aus dem italienischen Außenministerium. Unter den bisher abgefangenen Aktivisten befinden sich 22 Italiener.

13 Boote mit 200 Menschen an Bord abgefangen

"30 Boote segeln trotz der unaufhörlichen Aggressionen der israelischen Besatzungsmarine immer noch mit voller Kraft Richtung Gaza, nur 46 Seemeilen (85 Kilometer, Anm.) entfernt", erklärten die Aktivisten in der Nacht auf Donnerstag im Onlinedienst X. Ein Sprecher der Gruppe sagte in einem im Onlinedienst Instagram veröffentlichten Video, die israelischen Streitkräfte hätten 13 Boote mit insgesamt rund 200 Menschen an Bord abgefangen, darunter viele aus Spanien und Italien.

"Unsere Mission geht weiter", sagte der Sprecher. "Sie sind entschlossen. Sie sind motiviert und tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Belagerung bis zum frühen Morgen zu durchbrechen." Die Schiffe wurden nach Angaben der Aktivisten am Mittwochabend abgefangen. Sie bezeichneten das Vorgehen als "illegal", die Schiffe hätten sich in "internationalen Gewässern" befunden.

Das israelische Außenministerium hatte erklärt, dass "mehrere Schiffe (...) sicher gestoppt" worden seien und dass ihre Passagiere zu einem israelischen Hafen gebracht würden. Es veröffentlichte Aufnahmen der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg mit dem Zusatz: "Greta und ihre Freunde sind sicher und gesund."

Hamas verurteilt Stopp

Die palästinensische Terrororganisation Hamas, deren Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte, verurteilte den Stopp der Schiffe "in internationalen Gewässern" als "Verbrechen der Piraterie und des maritimen Terrorismus".

Auch Israels Erzfeind Iran verurteilte den israelischen Marineeinsatz gegen die Global Sumud Flotilla als "Terrorakt", der gegen das Völkerrecht verstoße. Wie die iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtete, erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Esmail Baghaei, dass das Vorgehen Israels "eine klare Verletzung internationaler Grundsätze" und "ein terroristischer Akt" sei. Er lobte die Aktivisten der Flottille und forderte die internationale Gemeinschaft auf, umgehend Maßnahmen als Reaktion auf das Vorgehen Israels zu ergreifen und dem "Völkermord in Palästina" ein Ende zu setzen.

An der Flotte beteiligt waren insgesamt rund 45 Boote mit rund 500 Parlamentariern, Anwälten und Aktivisten aus 44 Ländern an Bord, darunter auch Österreich. Unter den Teilnehmern sind neben Thunberg, ein Enkel des verstorbenen, südafrikanischen Anti-Apartheid-Kämpfers und Ex-Präsidenten Nelson Mandela, Mandla Mandela, und die französisch-palästinensische Europaabgeordnete Rima Hassan. Allein rund 50 Mitglieder der Flotte stammen aus Italien, darunter zwei Parlamentarier und zwei EU-Abgeordnete.

Das offizielle Ziel der Aktion ist es, Hilfsgüter vom Meer aus zu den Palästinensern in den Gazastreifen zu bringen und damit die israelische Seeblockade zu durchbrechen. Ein Angebot Israels, die Medikamente und Lebensmittel über den israelischen Hafen Ashdod in den Gazastreifen zu bringen, lehnten die Organisatoren der Flotte ab. "Diese systematische Weigerung zeigt, dass das Ziel nicht humanitär, sondern provokativ ist", schrieb der israelische Botschafter in Italien, Jonathan Peled, auf X.

Appell von Italien und Spanien

Italien und Spanien hatten angesichts der Gefahr einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit Israel eine Marineeskorte für die Flotte entsandt. Beide Länder forderten die Aktivisten am Mittwoch auf zu stoppen, bevor sie die von Israel errichtete Sperrzone rund 280 Kilometer vor der Küste des Gazastreifens erreichen.

Unabhängig vom Krieg im Gazastreifen riegelt Israel das Palästinensergebiet vom Meer aus strikt ab. Die Sperre war 2007 nach der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen errichtet worden und wird auch von Ägypten mitgetragen, das im Süden an den Küstenstreifen grenzt. Die Blockade dient dazu, Waffenlieferungen an die Hamas zu unterbinden.

Türkei spricht von Terrorakt

Wegen des Abfangens der Boote kündigte der kolumbianische Präsident Gustavo Petro unterdessen an, alle verbliebenen israelischen Diplomaten aus seinem Land auszuweisen. Der linksgerichtete Politiker hatte die Beziehungen zu Israel im vergangenen Jahr abgebrochen. Vier Diplomaten waren nach Angaben aus israelischen Konsulatskreisen in Bogotá jedoch im Land geblieben. Petro sagte, zwei Kolumbianerinnen - Teil der Global Sumud Flotilla - seien von israelischen Streitkräften in internationalen Gewässern festgenommen worden.

Der türkische Außenminister Hakan Fidan bezeichnete das Abfangen der Boote als "Terrorakt, der einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt und das Leben unschuldiger Zivilisten gefährdet". Die Staatsanwaltschaft in Istanbul leitete Ermittlungen wegen der Festnahme von 24 türkischen Staatsbürgern ein.

Proteste und Streikankündigung in Italien

In Italien kam es nach dem Stopp der Flottille zu Protesten. Vor dem Hauptbahnhof in Rom kamen am Mittwochabend zahlreiche Demonstranten zusammen. Die Zugänge zum Bahnhof wurden in der Folge aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die dortige U-Bahnstation wurde ebenfalls geschlossen.

In der süditalienischen Großstadt Neapel blockierten mehrere Demonstranten die Gleise des Hauptbahnhofs, wie die Nachrichtenagentur ANSA meldete. Der Zugverkehr musste demnach gestoppt werden. Auch in Mailand und Turin kam es den Berichten zufolge zu Protestaktionen.

Der stärkste italienische Gewerkschaftsverband CGIL und andere linke Arbeitnehmerorganisationen kündigten für Freitag einen landesweiten Streik zur Unterstützung der Flottille an. Die Gewerkschaften kritisieren den Kurs der rechten Regierung in Rom als zu israelfreundlich.

Bereits im Jahr 2010 wurden bei der Erstürmung einer ähnlichen Flotte durch israelische Soldaten neun Aktivisten getötet. Im Juni dieses Jahres hatten israelische Marine-Einheiten Thunberg und elf weitere Aktivisten eines Schiffes festgenommen, als sie sich dem Gazastreifen näherten.

(Quelle: apa)

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