So waren in mehreren Vierteln der Hauptstadt Bujumbura, darunter die Protesthochburgen Cibitoke, Nyakabiga und Musaga, die Wahllokale laut Augenzeugen eine halbe Stunde nach Wahlbeginn noch geschlossen. Der Leiter der Wahlkommission von Bujumbura, Cyriaque Bucumi, erklärte die Verspätung bei der Öffnung der Wahllokale mit den nächtlichen Schüssen. In den meisten Wahllokalen seien deshalb die Wahlunterlagen nicht rechtzeitig eingetroffen.
UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon kritisierte die Entscheidung der burundesischen Regierung, trotz der Unruhen und des Boykotts an der Wahl festzuhalten. Er sei "besorgt" über das Beharren der Regierung auf den Wahltermin "trotz der herrschenden politischen und Sicherheitslage", erklärte Ban in New York. Er hatte am Freitag zu einer Verschiebung der Wahl aufgerufen, die Regierung in Bujumbura wies Bans Appell jedoch zurück.
Der burundesische Staatschef Pierre Nkurunziza, der im Mai einen Putschversuch überstand, setzt bei der Parlamentswahl darauf, dass seine Regierungspartei CNDD-FDD mehr als zwei Drittel der Abgeordnetenmandate erhält. Damit könnte sie im Parlament sämtliche Gesetze durchbringen. Die Kandidatur des Präsidenten für eine dritte Amtszeit bei der Wahl am 15. Juli löste die Unruhen aus.
Neben den Parlamentsabgeordneten sollen die 3,8 Millionen Wahlberechtigten in Burundi auch Gemeinderäte bestimmen. Die Opposition rief zum Boykott der Abstimmung auf. Sie sieht angesichts der grassierenden Gewalt mit mehr als 70 Toten die Bedingungen für freie und faire Wahlen nicht gegeben.
Die Opposition lehnt Nkurunzizas Bewerbung für seine dritte Kandidatur als verfassungswidrig ab. Am Sonntag wurde bekannt, dass der Parlamentspräsident Burundis, Pie Ntavyohanyuma, sich nach Brüssel abgesetzt hat. Angesichts der grassierenden Gewalt in seinem Heimatland sei er "gezwungen, in Brüssel zu bleiben", sagte Ntavyohanyuma dem französischen Nachrichtensender France 24.
Die ehemalige belgische Kolonie Burundi ist seit 1962 unabhängig. Das kleine Land, in dem heute rund zehn Millionen Menschen leben, wurde seither immer wieder von ethnischer Gewalt zwischen der Hutu-Mehrheit (85 Prozent) und der Tutsi-Minderheit (14 Prozent) erschüttert. Insgesamt wurden dabei Schätzungen zufolge 300.000 Menschen beider Gruppen getötet. Die Gewalt endete erst mit einem Friedensvertrag, der 2000 im tansanischen Arusha unterzeichnet wurde.
Burundi gehört noch immer zu den ärmsten Ländern weltweit, auch wenn politische und wirtschaftliche Reformen laut Weltbank erste Erfolge zeigen. Misswirtschaft und Korruption stehen der Entwicklung im Weg, 90 Prozent der Bevölkerung leben von Ackerbau und Viehzucht. Das Land hängt stark von ausländischer Hilfe ab. Größte Geldgeber sind Belgien und die USA.
(Quelle: salzburg24)