In Straßburg berieten indes die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz über die Lage. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem warnte die Regierung des linksgerichteten Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, Abmachungen ihrer Vorgängerinnen mit den europäischen Partnern zu brechen. "Vereinbarungen zu missachten, ist nicht der Weg nach vorn", sagte er nach seinem Treffen mit Varoufakis in der griechischen Hauptstadt.
Varoufakis versicherte, sein Land strebe die "größte Zusammenarbeit" mit Einrichtungen wie EU, EZB oder IWF an. Es wolle aber nicht mehr mit einer "antieuropäischen Dreierdelegation" zusammenarbeiten, die auf einer "wackeligen Grundlage" beruhe.
Seit Beginn der Krise im Jahr 2010 fuhren Experten der in Griechenland weitgehend verhassten Troika regelmäßig nach Athen, um die Regierung zur Durchsetzung von Maßnahmen zum Schuldenabbau wie etwa Privatisierungen und massiven Stellenabbau von Staatsbediensteten durchzusetzen. Im Gegenzug erhielt Griechenland seit 2010 Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro, um einen Staatsbankrott abzuwenden.
Die Besuche der Troika-Vertreter in Griechenland fanden häufig unter massivem Polizeischutz statt. Bei vielen Griechen, die von Massenarbeitslosigkeit betroffen sind und mit halbierten Löhnen und Gehältern auskommen müssen, stießen sie auf scharfe Ablehnung. Die beiden letzten Treffen zwischen Troika-Vertretern und der Regierung des rechtskonservativen Tsipras-Vorgängers Antonis Samaras fanden denn auch nicht in Griechenland, sondern in Paris statt.
Ende Februar müssen die Troika-Experten entscheiden, ob Athen die geforderten Maßnahmen so umsetzte, dass die Auszahlung der restlichen Kredittranche über sieben Milliarden Euro bewilligt werden kann. Varoufakis hatte schon am Donnerstag in einem Interview der "New York Times" erklärt, die sieben Milliarden Euro wolle er nicht. Stattdessen wolle er, dass "das ganze Programm" überdacht werde.
Vor seinem Treffen mit dem griechischen Finanzminister führte Dijsselbloem Gespräche mit Regierungschef Tsipras, dessen Stellvertreter Ioannis Dragasakis und dem für internationale Wirtschaftsbeziehungen zuständigen Vize-Außenminister Euklidis Tsakalotos.
Tsipras war am Montag vereidigt worden. Seine Regierung setzt sich dafür ein, dass ihr ein Großteil der Schulden erlassen wird. Außerdem fordert sie einen europaweiten New Deal, um wachstumsfördernde Investitionen zu finanzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und das soziale Netz vor massiven Einschnitten zu schützen.
Tsipras und Varoufakis reisen kommende Woche zu Treffen mit ihren jeweiligen Kollegen nach Italien und Frankreich - in der Hoffnung, dort auf Sympathie für ihre Vorschläge zu stoßen.
Der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis bekräftigte die Absicht seiner Regierung, "definitiv" in der Eurozone zu bleiben. Im Gespräch mit dem "Spiegel" verlangte er aber Neuverhandlungen über das EU-Rettungspaket. Diese sollten nicht mit der Troika, sondern mit den Regierungen geführt werden.
Die neue griechische Regierung entließ indes die Chefs der Privatisierungsagentur. "Wir wurden gebeten, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten, sagte Behördenleiter Paschalis Bouchoris am Freitag. Die stellvertretende Finanzministerin Nadia Valavani habe die beiden Chefs zu dem Schritt aufgefordert. Sie habe ihnen erklärt, dass es keinen Grund gebe, die Behörde (HRADF) in dieser Form weiterzuführen, nachdem das Privatisierungsprogramm eingestellt worden sei.
Zu ihren Aufgaben zählten die Veräußerung, Entwicklung oder Abwicklung aller ihr übertragenen Vermögenswerte des griechischen Staates an private Investoren. Insgesamt sollten staatliche Beteiligungen im Wert von 22 Milliarden Euro privatisiert werden. Es kamen aber nur rund drei Milliarden Euro zusammen. Griechenland sollte diverse Unternehmen und Projekt im Gegenzug für Finanzhilfen der internationalen Geldgeber privatisieren. Das Land hatte am Freitag die Zusammenarbeit mit den Kapitalgebern aufgekündigt.
Griechenland hatte in den vergangenen Tagen mehrere Privatisierungsvorhaben abgesagt. Dazu gehörte auch der 65-prozentige Anteil am Gasversorger DEPA. Außerdem wurde die Privatisierung des Hafens von Piräus und des Energieversorgers PPC gestoppt. Auch die Teilprivatisierung der größten griechischen Raffinerie Hellenic Petroleum, von der ein Drittel verkauft werden sollte, wurde auf Eis gelegt. Vorgesehen war der Verkauf einer Hafen-Beteiligung von 67 Prozent.
(Quelle: salzburg24)