Die Grünen stellen die Erkenntnisse SPÖ und ÖVP "gerne" zur Verfügung, meinte Musiol und drängt darauf, "endlich Nägel mit Köpfen zu machen". Der Endbericht der Enquetekommission zur Demokratiereform wurde vor gut einem Monat im Nationalrat von den Koalitionsparteien beschlossen. Die Opposition zeigte sich enttäuscht, hatte man doch das Ziel, über erfolgreiche Volksbegehren künftig automatisch eine Volksabstimmung durchzuführen.
Merli setzte sich mit drei verfassungsrechtlichen Fragen auseinander. Zunächst ging es darum, ob die Länder aufgrund der geltenden Bundesverfassung ein Vetoreferendum auf Landes- und Gemeindeebene einführen können. Der Experte kam zu dem Schluss, dass die bereits vorgesehenen Regelungen über Vetoreferenden auf Landesebene im Burgenland, in Niederösterreich, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg verfassungskonform sind. Für die Einführung in anderen Bundesländern erkennt er auch keine bundesverfassungsrechtlichen Schranken. Auch auf Gemeindeebene seien Vetoreferenden zulässig.
Bei der Frage, ob Landesgesetze für verbindliche Volksabstimmungen in den Gemeinden verfassungskonform sind, verwies Merli auf Regelungen in Vorarlberg und der Steiermark. Gemeindebürger können anstelle des Gemeinderats entscheiden, etwa einen Verordnungsentwurf vorschlagen und darüber eine Volksabstimmung verlangen. Diese sei so verbindlich wie ein Gemeinderatsbeschluss. Die Regelungen seien verfassungskonform.
Im Bericht der Enquetekommission zur Demokratiereform von SPÖ und ÖVP heiße es unter anderem, dass sich direktdemokratische Instrumente besonders für die Landes- und Gemeindeebene eignen. Anders als im Bericht "suggeriert" werde, sei die Einführung des Vetoreferendums auf Landesebene aber ohne Verfassungsänderung möglich, so Musiol: "Eine Änderung der Bundesverfassung bringt nur dann einen echten Mehrwert für die Länder, wenn auch die Volksgesetzgebung für Landesmaterien ermöglicht wird."
Der Staatsrechtler beschäftigte sich weiters mit der Frage, welchen Spielraum es gibt, Nichtwahlberechtigten direktdemokratische Instrumenten jenseits der Volksabstimmung zu eröffnen. Die Bundesverfassung sieht Volksabstimmungen, Volksbegehren und Volksbefragungen auf Bundesebene vor und erlaubt direktdemokratische Regelungen auf Gemeindeebene. In allen Fällen sei das Stimmrecht an die Wahlberechtigung geknüpft, wodurch nur österreichische Staatsbürger zugelassen sind. Die Gleichsetzung von Unterstützungs- und Wahlrecht sei bei unverbindlich direktdemokratischen Instrumenten wie Volksbefragung und Volksbegehren verfassungsrechtlich aber nicht zwingend, so Merli. Es wäre daher möglich, das Stimm- und Wahlrecht zu entkoppeln, wodurch keine Gesamtänderung und damit Volksabstimmung nötig wäre.
Was das Petitionsrecht betrifft, steht dies laut Merli "jedermann zu", worauf sich auch Ausländer berufen können. Vorschriften und Praktiken, die die Ausübung des Petitionsrechts Österreichern vorbehalten, "sind daher verfassungswidrig".
(Quelle: salzburg24)