Welt

HCB-Milchproben im Görtschitztal unauffällig

Im Zementwerk Wietersdorf wird HCB-belasteter Blaukalk verarbeitet
Veröffentlicht: 30. November 2014 14:31 Uhr
Neue Testergebnisse zum HCB-Skandal im Kärntner Görtschitztal wird es am Sonntag nicht geben. Das sagte Landesveterinär Holger Remer zur APA. Am Samstag gab das Land bekannt, dass in 16 Rohmilch-Einzelproben aus der Region kein Hexachlorbenzol (HCB) war. Laut Remer sei das darauf zurückzuführen, dass das Futter bei den betroffenen Bauern nach ersten Auffälligkeiten zum Teil ausgetauscht wurde.

Remer geht von einem "Verdünnungseffekt" aus. Mit neuen Ergebnissen zu Rohmilchproben wird am Montag gerechnet. Am Mittwoch könnten erste Ergebnisse zu Fleischproben vorliegen. In der betroffenen Region gibt es 35 milch- und 260 fleischproduzierende Rinderbauern. Sie alle dürfen ihre Waren derzeit nicht verkaufen. Die Milch wird vernichtet, das Fleisch, weil es länger haltbar ist, eingelagert bis es getestet ist. Das Ergebnis der Fleischmessungen wird aber laut Remer "irrelevant" sein. "Weitere Probenergebnisse sind abzuwarten."

Derzeit sind die Maßnahmen auf Wiederkäuer beschränkt. Für Schweine- und Hühnermastbetriebe gibt es keine Restriktionen. "Mais und Getreide sind getestet worden, das war unbedenklich." Es wurden zwar auch Schweine- und Hühnerfleischproben gezogen, die Testergebnisse liegen aber noch nicht vor. Milchprodukte, die den gesetzlichen Grenzwert für HCB überschritten, kamen nach Angaben der Behörden nicht in den Handel. Das Ausmaß des Problems ist wegen zahlreicher ausstehender Probenergebnisse noch nicht einschätzbar. Acht Milchbauern sind definitiv betroffen. An die Görtschitztaler Bevölkerung erging vonseiten des Landes die Empfehlung, eigenes Gemüse vorerst nicht zu essen, bis entsprechende Testergebnisse vorliegen. Kinder sollte man fürs Erste nicht in der Sandkiste spielen lassen.

Die Kontaminierung durch HCB im Görtschitztal ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf giftige Emissionen des Zementwerks Wietersdorf in Klein St. Paul zurückzuführen. Werksleiter Berndt Schaflechner hat am Sonntag gegenüber der APA Gerüchte, wonach es bereits in der Vergangenheit zu Entschädigungszahlungen an Bauern oder einen Austausch von Futtermitteln auf Werkskosten gekommen sei, zurückgewiesen: "Definitiv nicht."

Derzeit führe man Gespräche über den Austausch von Futtermitteln, "das ist aber erst Thema der letzten vier Wochen." Entschädigungszahlungen an Bauern habe es "überhaupt nie" gegeben. Schaflechner weiß eigenen Angaben zufolge erst seit 10. Oktober von einem HCB-Problem. Am 6. November lagen Messergebnisse vor, am 7. November wurde die Verarbeitung des belasteten Blaukalks eingestellt. Wietersdorfer ist jedoch bereit, den Bauern Schadenersatz zu zahlen: "Wir werden unserer Verantwortung nachkommen. Zuerst muss aber der Schaden festgestellt werden."

Seit Sommer 2012 wird im Zementwerk Wietersdorf mit behördlicher Genehmigung HCB-belasteter Blaukalk aus einer Deponie der Donau Chemie verarbeitet. In das Projekt zur "Altlastensanierung" flossen insgesamt 40 Millionen Euro, 15 Millionen davon zahlte die Donau Chemie, 25 Millionen kamen aus dem Altlastensanierungsfonds des Bundes.

Bei der Verarbeitung dürfte nicht ordnungsgemäß gearbeitet worden sein, wie der Werksleiter am Freitag eingestanden hat. Wenn der Kalk bei Temperaturen über 800 Grad verbrannt wird, wird das HCB rückstandsfrei vernichtet, sagen Experten. HCB-Emissionen dürfte es aber gegeben haben, letztgültige Testergebnisse sind dazu noch ausständig. Über die Luft und das Futter kam das Umweltgift wahrscheinlich in die Kühe und in die Milch. Am Mittwoch informierte Agrarlandesrat Benger die Öffentlichkeit über Grenzwertüberschreitungen bei der Rohmilch. Erste Grenzwertüberschreitungen dürfte es aber schon im April gegeben haben. Einzelne Stellen in der Landesregierung wussten schon im März von einem zumindest latenten HCB-Problem.

Diese Woche wurde vom Land ein Verwaltungsstrafverfahren gegen das Zementwerk Wietersdorf eingeleitet. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt, allerdings vorerst gegen unbekannte Täter. Der Kärntner Landtag dürfte am Dienstag einen Untersuchungsausschuss zum HCB-Skandal einsetzen. Am Montag soll es in der Landesregierung ein Krisentreffen mit Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ), Agrar-Landesrat Christian Benger (ÖVP) und Umweltreferent Rolf Holub (Grüne) geben.

HCB oder Hexachlorbenzol ist eine von zwölf hochgiftigen Substanzen, die als "Dreckiges Duzend" im Stockholmer Übereinkommen im Jahr 2001 weltweit verboten wurden. Die Giftstoffe, darunter Pestizide und Industriechemikalien, stehen im starken Verdacht, Krebs, Mutationen im Erbgut und Fehlbildungen bei Embryos hervorzurufen.

(Quelle: salzburg24)

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