Unter Laborfleisch versteht man, Fleisch, das nicht direkt von Tieren stammt, sondern künstlich im Labor hergestellt wird. Als erstes Land in der EU hat Italien im heurigen Juli für ein Verbot von Lebensmitteln aus Zellkulturen gestimmt. Somit ist der Verkauf, die Herstellung und die Ein- und Ausfuhr von synthetischen Nahrungsmitteln, wie etwa Laborfleisch, nicht erlaubt. Das ließ die Debatte um Laborfleisch und dessen Zukunftsfähigkeit in Europa erneut aufflammen.
Wie wird In-Vitro-Fleisch hergestellt?
Die Herstellung des sogenannten In-vitro-Fleisches findet im Labor statt und ist ein komplexer Prozess. Dafür sind Stammzellen notwendig, die aus dem Muskelgewebe eines lebenden Tieres gewonnen werden. Im Labor werden die Zellen in einem Behälter (Bioreaktor) in einer Flüssigkeit bestehend aus Vitaminen, Mineralien und anderen Komponenten, der sogenannten Nährlösung, angereichert.
Um die Zellen zu vermehren, ist außerdem ein sogenanntes Wachstumsserum notwendig. Dabei handelt es sich um Blut, das Kälber-Föten entnommen wird (fetales Kälberserum). Bei der Gewinnung des Serums stirbt sowohl der Fötus als auch das Muttertier.
Wenn genügend Zellen herangewachsen sind, wird das Endprodukt durch einen Fleischwolf oder mithilfe eines 3D-Druckers geformt. Daraus entstehen dann etwa Burger-Patties oder Nuggets.
Bisher Kälberserum für Produktion nötig
Fetales Kälberserum sei in der Wissenschaft beziehungsweise in der Zellvermehrung bereits seit vielen Jahren gängig, etwa um an Krankheiten zu forschen. Um Laborfleisch massentauglich zu machen, sei diese Methode allerdings zu teuer. Von Anfang an sei klar gewesen, dass dieser Punkt ersetzt werden muss, weil sonst der vorrangige Ansatz, Tierleid einzusparen, zunichte gemacht werde, sagte Petra Kluger, die an der Universität Reutlingen Methoden zur Anzüchtung von Gewebe erforscht zur APA. Mittlerweile gibt es verschiedene Alternativen zum fetalen Kälberserum, zum Beispiel auf Basis von Algen. Es wird weiterhin an Laborfleisch geforscht - die eine gängige Methode in der Produktion gibt es daher noch nicht.
Fleischkonsum belastet Klima
Die herkömmliche Herstellung von Fleisch beeinflusst maßgeblich das Klima und die Umwelt. Probleme verursachen etwa der hohe Flächenverbrauch für Nutztiere und deren Futtermittel sowie der Wasserverbrauch. Das zeigt der "Fleisch-Atlas" der Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit Global 2000 und Vier Pfoten. Auch die mit der Fleischproduktion verbundenen Treibhausemissionen tragen weltweit maßgeblich zum Klimawandel bei.
Laut Statistik Austria lag der durchschnittliche Fleischkonsum 2022 hierzulande bei rund 88 Kilogramm pro Person. Somit gehört Österreich im europäischen Vergleich zu den Ländern mit dem höchsten Fleischkonsum. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) empfiehlt hingegen einen Konsum von 300-450 Gramm pro Woche, das entspricht ungefähr 15,6-23,4 Kilogramm pro Person und Jahr.
Schneidet Laborfleisch besser ab?
Die Umweltbilanz von Laborfleisch ist noch nicht zur Gänze einschätzbar, denn an Laborfleisch wird weiterhin geforscht. Ein Vorteil gegenüber konventioneller Fleischproduktion ergebe sich etwa durch die Einsparung beim Flächenverbrauch, erklärte Aleksandra Fuchs, Forscherin am Austrian Centre for Industrial Biotechnology (acib). Der Energieverbrauch sei bei der synthetischen Herstellung von Fleisch allerdings nach wie vor hoch. Das sei ein Problem, das auch weiterhin bestehen werde, so Fuchs. Es werde aber auch an energiesparenderen Herstellungsprozessen geforscht. Wasserverbrauch und Treibhausgasemissionen der synthetischen Fleischproduktion lassen sich aus heutiger Sicht nicht endgültig beziffern, hier gibt es widersprüchliche Einschätzungen.
Laborfleisch sei zunächst nicht als Ersatz für konventionelles Fleisch gedacht. "Die konventionelle Fleischproduktion zu ersetzen, ist zu Beginn gar nicht das Ziel. Es soll eine weitere Alternative für Verbraucherinnen und Verbraucher sein, die gerne Fleisch essen wollen, denen die vegetarischen Produkte nicht ausreichen", so Kluger. Die Landwirtschaftskammer (LKÖ) erwartet ebenfalls nicht, dass Laborfleisch echtes Fleisch in Europa ersetzen kann. "So schnell wird da nichts kommen", sagte LKÖ-Vertreter Christian Jochum. Der europäische Konsument sei relativ zurückhaltend, in anderen Ländern, speziell im asiatischen Raum, seien die Menschen technologieoffener.
Keine Zulassung in EU in Sicht
Zugelassen wurde Laborfleisch bisher in Singapur, Israel, Japan und den USA. In diesen Ländern werde auch schon seit über zehn Jahren daran geforscht. Dennoch wird Laborfleisch nur vereinzelt angeboten. "Im deutschsprachigen Raum hängen wir ziemlich hinterher", erklärte Kluger.
In der Europäischen Union ist momentan keine Zulassung in Sicht. Laborfleisch fällt unter die EU-Verordnung zu Neuartigen Lebensmitteln (Novel Foods-Verordnung). Für eine Zulassung wäre deshalb eine positive Sicherheitsbewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Zustimmung der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten notwendig. Allerdings hat die EU mit dem Projekt Meat4All Fördermittel in Höhe von 1,9 Millionen Euro für die Forschung an Laborfleisch zur Verfügung gestellt. "Ich glaube, es dauert noch relativ lange bis es zu einer Zulassung in der EU kommen wird. Die EU ist am konservativsten, was solche Sachen anbelangt", sagte Fuchs.
Der erste Antrag auf Zulassung in Europa wurde im Juli 2023 vom israelischen Start-up Aleph Farms in der Schweiz gestellt. Im August 2023 habe das gleiche Unternehmen auch im Vereinigten Königreich einen Zulassungsantrag eingereicht.
(Quelle: salzburg24)