Dabei kamen nach Augenzeugenberichten mindestens fünf Menschen ums Leben. US-Soldaten feuerten vereinzelt Warnschüsse ab. Am Montag und Dienstag sollen zusätzliche Einsatzkräfte an den Kabuler Flughafen verlegt werden, kündigte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Jon Finer in einem MSNBC-Interview an. Er räumt ein, die Situation habe sich schneller verschlechtert als erwartet. Seinen Angaben nach verhandeln die USA weiter mit Vertretern der Taliban in Doha in Katar.
Hunderte stürmen Rollfeld
Hunderte Menschen sind seit Sonntag zum Flughafen gefahren und versuchen, auf Flüge zu kommen, wie in sozialen Medien geteilte Videos und Bilder zeigen. Am Montag verbreiteten sich in Kabul zudem Gerüchte, dass jeder, der es zum Flughafen schaffe, evakuiert werde, sagte ein Bewohner der Stadt. Es gibt jedoch keinerlei Hinweise, dass diese Gerüchte zutreffen. Menschen kletterten über Drehleitern, um in ein Flugzeug zu kommen. Auch Afghanen, die nicht einmal Reisepässe hätten, würden ihr Glück versuchen, sagten Bewohner von Kabul.
15 Österreicher in Afghanistan
Bis Montag begannen zahlreiche europäische Länder mit der Evakuierung ihrer Staatsbürger aus der afghanischen Hauptstadt. Das Außenministerium bemühte sich am Montag rund 15 Österreicher, die sich noch im Land befinden, auf Evakuierungsflügen anderer europäischer Länder unterzubringen.
Die österreichischen Staatsbürger hätten sich seit Sonntag gemeldet und um Hilfe bei der Ausreise aus Afghanistan gebeten, wie eine Sprecherin am Montag gegenüber der APA erklärte. Das Außenministerium stehe mit den europäischen Partnern, die derzeit Evakuierungsflüge ihrer Bürger aus Kabul durchführen, in Kontakt und versuche, die Österreicher mit deren Hilfe aus Afghanistan auszufliegen, hieß es. Bereits am Sonntag gelang die Rückkehr der einzigen zuvor beim Außenministerium reiseregistrierten Person nach Österreich. Botschaftspersonal hat Österreich keines in Kabul, Afghanistan wird von Islamabad aus betreut.
Länder bringen Personal ins Ausland
Schweden und Norwegen brachten bis Montag bereits ihr ganzes Personal ins Ausland. Die schwedischen Mitarbeiter der Gesandtschaft seien in der vergangenen Nacht per Hubschrauber und mit einem US-Flugzeug nach Katar ausgeflogen worden, sagt Außenministerin Ann Linde. Nun werde daran gearbeitet auch die afghanischen Ortskräfte auszufliegen. Die norwegische Außenministerin bestätigte, dass die norwegischen Botschaftsmitarbeiter evakuiert worden seien. Wo sie sich aufhielten, sagte sie nicht.
Auch Italien flog rund 70 Botschaftsangehörige und frühere Mitarbeiter aus Afghanistan aus. Die Maschine der italienischen Luftwaffe landete am Montagnachmittag auf dem Flughafen Fiumicino in Rom, wie das Außenministerium mitteilte. Der Flug sei am Sonntag gestartet. Als nächstes sollen auch Afghanen evakuiert werden, die früher mit dem italienischen Verteidigungs- und dem Außenministerium zusammenarbeiteten.
Deutschland sichert Evakuierung mit Soldaten
Deutschland begann in der Nacht auf Montag mit der Evakuierung. 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft landeten mit einem US-Flugzeug in Doha im Golfemirat Katar. An Bord der Maschine waren auch vier Angehörige der Schweizer Vertretung in Afghanistan. Wenige Stunden später starteten am Morgen die ersten drei Militärmaschinen der deutschen Bundeswehr mit Fallschirmjägern an Bord Richtung Kabul. Sie sollen die Evakuierung absichern.
Allerdings verzögerte sich der deutsche Evakuierungseinsatz am Montag. Zwei Militärtransporter vom Typ A400M wurden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aufgehalten, weil sie wegen des Chaos auf dem Flughafen Kabul derzeit dort nicht landen können. Sie hingen deswegen nach einer Zwischenlandung zunächst aufgetankt im aserbaidschanischen Baku fest. Eine der Maschinen startete dann am Nachmittag von dort nach Kabul, um sich im Luftraum für eine Landung bereitzuhalten, wenn das Flugfeld dafür wieder freigegeben wird.
US-Truppen am Flughafen Kabul gefordert
Auch das Weiße Haus in Washinton teilte mit, dass die US-Truppen am Flughafen Kabul zunächst wieder Ordnung und Sicherheit herstellen müssen, bevor es voraussichtlich ab Dienstag erneut Evakuierungsflüge geben könne.
(Quelle: apa)