Welt

Kein Fortschritt bei Brexit-Verhandlungen

EU-Brexit-Beauftragter Verhofstadt möchte eine Übergangsperiode
Veröffentlicht: 31. August 2017 13:47 Uhr
Der EU-Chefverhandler Michel Barnier hat sich pessimistisch nach der Brexit-Verhandlungsrunde mit Großbritannien geäußert. Es habe "keinen durchschlagenden Erfolg in den Hauptthemen" gegeben, sagte Barnier am Donnerstag in Brüssel. Das derzeitige Verhandlungstempo sei nicht ausreichend, um zu Gesprächen über die künftigen Beziehungen übergehen zu können, so Barnier.

Barnier warnte erneut vor Unsicherheiten. "Die Zeit rast. Wir haben nur wenig Zeit", sagte er. Derzeit sei es fraglich, ob der Brexit zum geplanten Austrittsdatum 29. März 2019 um Mitternacht "ordentlich auf die Schiene" komme, oder ob Großbritannien die EU ohne Abkommen verlasse, mit allen bekannten Folgen. Der britische Brexit-Minister David Davis sprach von Fortschritten, räumte aber ein: "Nur durch Beweglichkeit und Fantasie wird man einen Abschluss finden, der für beide Seiten funktioniert."

Brexit bis Ende März 2019?

Die Verhandlungen laufen allerdings unter erheblichem Zeitdruck. Der Brexit soll nach derzeitigem Stand Ende März 2019 erfolgen. Wenn es bis dahin keine Einigung gibt, scheidet Großbritannien ungeregelt aus der EU aus. Dies könnte für beide Seiten schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen haben. Der liberale Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt, sagte am Mittwoch am Rande der Verhandlungen, es werde immer mehr die Notwendigkeit einer Übergangsperiode gesehen, die zum Beispiel drei Jahre dauern könnte. In dieser würde sich dann an den Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien erst einmal nichts ändern.

Der Chefökonom und Partner von Deloitte UK, Ian Stewart, erwartet eine lange Brexit-Übergangsphase, möglicherweise auch über das Jahr 2022 hinaus. "Die Verhandlungen für das Freihandelsabkommen EU-Kanada haben sieben Jahre gedauert. Großbritannien will es in fünf Jahren schaffen", sagte Stewart am Rande des Forums Alpbach im APA-Gespräch.

Zweites Referendum unwahrscheinlich

Ein zweites Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens ist für Stewart sehr unwahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Abstimmung bezifferte er mit "fünf bis zehn Prozent". Auch ein "harter Brexit" ohne Freihandelsabkommen und nur mit Anwendung von Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) wäre wirtschaftlich "sehr schädigend" und daher eher unrealistisch. "Am wahrscheinlichsten ist ein breites Freihandelsabkommen mit gewissen Einschränkungen bei der Personenfreizügigkeit", erwartet der Brexit-Experte. Für derzeit in Großbritannien lebende EU-Bürger und für in der EU lebende UK-Bürger würden wohl deren Rechte garantiert.

Stewart rechnet nicht mit einem Verbleib Großbritanniens im Europäischen Binnenmarkt, weil die Beschränkung der Migration im Vereinigten Königreich politisch eine große Rolle spielt. Für hoch qualifizierte Arbeitskräfte aus der EU werde es aber in Großbritannien wenig Änderungen geben.

So könnte Österreich profitieren

Für den Experten könnte auch der Standort Österreich vom Brexit profitieren. Für Investoren aus den USA und Asien würden nun auch EU-Länder mit hoher Wirtschaftskraft als Investitionsziele verstärkt in den Fokus rücken. Die Beratungsgesellschaft Deloitte hat im Juli und August 252 Führungskräfte, die für das Steuerthema zuständig sind, in Österreich befragt. Die Umfrage wurde unter Deloitte-Kunden und potenziellen Kunden durchgeführt. Für 70 Prozent der Befragten würde sich eine Vereinfachung des Steuersystems am positivsten auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts auswirken. Für zwei Drittel wäre eine Senkung der Lohnnebenkosten in Österreich unbedingt notwendig, und ein Drittel würde sich mehr Berechenbarkeit bei der zukünftigen Entwicklung des Steuersystems und eine zuverlässigere Vorgehensweise der Finanzverwaltung wünschen.

"Österreich ist abseits von den Regularien ein attraktiver Standort", sagte Herbert Kovar, Partner bei Deloitte Österreich, bei der Präsentation der Befragung am Donnerstag in Alpbach. Wenn es
schnellere, verbindliche Auskünfte der Steuerbehörden ("Ruling system") gebe, dann würden auch mehr Unternehmen einen Standort in Österreich eröffnen. Hier würden Chancen verspielt, so der Steuerberater."

(APA/dpa)

(Quelle: salzburg24)

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