Zusammengetragen wurden diese von Theatermacherin Brigitta Waschnig, die sich seit September mit 20 Jugendlichen und Erwachsenen auf Recherchereise zu Beratungsstellen, Soziologen und anderen Experten gemacht hat. Am Ende erwuchs die Erkenntnis, dass am Beginn der Radikalisierung stets die Suche nach Gemeinschaft und Anerkennung in einer als abweisend empfundenen Umwelt steht.
Die szenische Umsetzung dieser Einsicht hat als narratives Grundgerüst drei Handlungsstränge um den 15-jährigen Alex, der sich vom IS rekrutieren lässt, den 17-jährigen Max, der in die Neonaziszene abrutscht und die 18-jährige Katha, die Femen-Aktivistin wird. Um diese recht stringenten Geschichten herum blitzen fragmentarische Szenen auf, die vom selbstbestimmten Rap bis zur Parabel vom "Radi Karl" reichen, der sich seiner Wurzeln rühmt und nicht mit Chinakohl gemeinsam im Gemüsefach liegen möchte.
Der Schönheitsdruck auf Mädchen, die Mobbingplattformen der Social-Media-Räume, die verführerische Seite von Gewalt wird in symbolhaften Sequenzen angerissen und hebt den Abend über die reine Morallehre hinaus. Die Alltagsängste vor Terror und Flüchtlingen, die sich einschleichen, oder das immer gleiche Lamento über die angeblich unfähigen Politiker vereinen sich zu einem vielstimmigen Panoptikum der augenblicklichen Gesellschaft.
Mit "Radikal" endet die unter Intendant Rainer Mennicken eingeführte Reihe Freispiel. Dieses Format hat seit der Saison 2010/11 Laien als aktive Teilnehmer ins Geschehen des Landestheaters eingebunden. Mit dem anstehenden Intendantenwechsel endet dieses Programm - und das mit einem mehr als würdigen Abschluss. "Es ist fast beschämend, so am Punkt zu sein", räsonierte Regisseurin Waschnig bei der Präsentation des Projekts. Leider hat sie damit Recht.
(Quelle: salzburg24)