Welt

Massive Kritik an "Krone" nach Kommentar zu Flüchtlingen

Flüchtlinge oft Ziel von Diskriminierungen
Veröffentlicht: 27. Oktober 2015 13:00 Uhr
Knapp 40 Beschwerden beim Österreichischen Presserat, eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft und einen "Shitstorm" in sozialen Netzwerken hat ein Kommentar des steirischen "Krone"-Chefredakteurs Christoph Biro ausgelöst. Biro schrieb von angeblichen Übergriffen und Sachbeschädigungen durch Flüchtlinge. Polizei und ÖBB dementierten die Vorfälle und sprechen von haltlosen Gerüchten.

"Junge, testosteron-gesteuerte Syrer" hätten "sich äußerst aggressive sexuelle Übergriffe" geleistet, Afghanen die Sitze in ÖBB-Waggons aufgeschlitzt und ihre Notdurft verrichtet, weil sie nicht auf Sitzen Platz nehmen wollten, auf denen Christen gesessen sind, und "Horden stürmen die Supermärkte, reißen die Packungen auf, nehmen sich, was sie wollen, und verschwinden wieder", so der "Krone"-Chefredakteur am Sonntag in der Steiermark-Ausgabe der größten österreichischen Tageszeitung.

Polizei und ÖBB dementierten die angeblichen Vorfälle. Im "Kurier" nannte Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark die Ausführungen Biros einen "absoluten Blödsinn". Dabei handle es sich um Facebook-Gerüchte, für die Beweise fehlen. "Die leider aber sehr viel an polizeilicher Arbeit binden", so Grundnig. "Wäre das tatsächlich so, würden von uns keine Sonderzüge mehr fahren", meinte ÖBB-Sprecher Christoph Posch zu den "Krone"-Infos.

Die "Krone" war erst vergangene Woche wegen mehrerer Beiträge auf Krone.at, in denen Flüchtlingen diskriminiert wurden, vom Presserat gerügt worden. Dabei wurden laut Polizei Schilderungen aufgebauscht, verstärkt, übertrieben und verkürzt. Laut Presserat wollte die "Krone" syrische Flüchtlinge offenbar bewusst in schlechtem Licht erscheinen lassen.

Gegen den aktuellen Biro-Kommentar sind bis Dienstagvormittag 37 Beschwerden beim Presserat eingelangt, und die Organisation SOS Mitmensch hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt. Es sei zu prüfen, ob der Kommentar unter den Verhetzungsparagrafen (§ 283 StGB) oder unter die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte (§ 276 StGB) falle, so die Menschenrechtsorganisation.

"Der Chefredakteur der steirischen 'Kronen Zeitung' hat sich in übler Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betätigt. Er hat in pauschalierender Weise Gerüchte über Flüchtlinge gestreut und damit Angst und Misstrauen gegen Schutzsuchende geschürt", erklärte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Meinungsfreiheit sei ein sehr hohes Gut, zugleich gebe es aber "vollkommen zu Recht" Gesetze gegen Verhetzung und gegen die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte. "Verhetzung ist keine Meinung, sondern ein Akt der verbalen Gewalt. Diese verbale Gewalt ist oftmals die Vorstufe zu physischer Gewalt. Auch die Verbreitung falscher, angsteinflößender Gerüchte ist alles andere als eine harmlose Angelegenheit. Daher ist es wichtig, dass die Staatsanwaltschaft prüft, ob Herr Biro eine Straftat gesetzt hat", so Pollak.

Der grüne oö. Landesrat Rudi Anschober hat unterdessen wegen immer radikaleren, diskriminierenden und brutaler werdenden Postings auf seiner offiziellen Facebook-Seite Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Aber nicht nur er, sondern auch andere User werden darin auf eine Art und Weise angegriffen, bei der laut Anschober "die Grenze jetzt überschritten" wurde, teilte er in einer Aussendung mit.

"Ich freue mich immer über Diskussionen und kritische Kommentare, begrüße auch, dass nicht nur Gleichgesinnte unter meinen 'Freunden' sind", meinte Anschober. In den letzten zwei Wochen habe sich die Situation aber zugespitzt. So wird der Landesrat - er ist in der neuen Legislaturperiode auch für Integration zuständig - etwa darin aufgefordert, sich als "Flüchtlingsexperte beim IS zu bewerben". Zum anhaltenden Flüchtlingsstrom und dem Engagement des Grünen kommentierte ein Poster: "Meinen Sie den Mist, der gegenwärtig durch die eingeschleusten Massen primitivster orientalischer Hinterwäldler in Europa verursacht wird? (...) Sie sind herzlich eingeladen, sich als freiwillige Helferin beim "Wegkehren" dieser Müllspur zu engagieren."

Ein anderer User antwortete auf ein Posting, indem der hohe Anteil an FPÖ-Wählern bei den oö. Wahlen sorgenvoll betrachtet wird, der Verfasserin: "Ja, jetzt geht es Ihnen an den Kragen. Die SA wird morgen grölend am Welser Hauptplatz aufmarschieren, und übermorgen wird die Gestapo bei Ihnen anklopfen, um Sie nach Mauthausen zu verfrachten."

Alles andere als zum Lachen empfand Anschober diese Äußerungen, die seiner Meinung nach persönliche Beleidigungen und Drohungen zum Inhalt haben und somit strafrechtlich relevant seien.

(Quelle: salzburg24)

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