Trotz massiver Kritik von Selenskyj stellt sich Merkel hinter die Entscheidung, die Ukraine im Jahr 2008 nicht in die NATO aufzunehmen. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Montagvormittag. "Bundeskanzlerin a.D. Dr. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel 2008 in Bukarest", teilt eine Sprecherin der Altkanzlerin mit.
"Gräueltaten in Butscha"
Merkel unterstütze zugleich die internationalen Bemühungen, Russlands Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden. "Angesichts der in Butscha und anderen Orten der Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin a.D.", so die Sprecherin von Altkanzlerin Merkel.
Selenskyj contra Merkel und Sarkozy
Selenskyj gab dem US-Sender CBS in der Nacht auf Montag ein Interview, indem er Merkel und den französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy scharf kritisierte. Sie sollten nach Butscha kommen, "um zu sehen, wohin 14 Jahre des Nachgebens gegenüber Russland führen".
"Das ist Völkermord. Die Auslöschung einer Nation und seines Volkes", sagte der ukrainische Präsident. Er habe entschieden, einen "juristischen Sondermechanismus" einzuführen, damit die Verbrechen untersucht und verfolgt werden können. Am Dienstag werde sich auch der UNO-Sicherheitsrat mit den Vorfällen beschäftigen. Es werde auch neue Sanktionen gegen Russland geben, "aber das ist nicht genug".
Biden fordert "Kriegsverbrecherprozess"
US-Präsident Joe Biden hat nach den mutmaßlichen Gräueltaten gegen Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha einen "Kriegsverbrecherprozess" gefordert und weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Biden bezeichnete den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag erneut als "Kriegsverbrecher" und die Vorkommnisse in Butscha als "Kriegsverbrechen", die einen "Kriegsverbrecherprozess" nach sich ziehen müssten. Zunächst müssten aber zusätzliche Informationen gesammelt werden.
Russische Justiz eröffnet "Falschmeldungen"-Verfahren
Derweil hat Russlands Ermittlungskomitee ein Verfahren wegen der Verbreitung von angeblichen Falschmeldungen zu Morden an Zivilisten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha eingeleitet. Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin habe die Behörde angewiesen, die "Provokation vonseiten der Ukraine" strafrechtlich zu bewerten, so das Ermittlungskomitee auf seinem Telegram-Kanal am Montag. Moskau bestreitet, dass sein Militär Zivilisten in Butscha in der Nähe von Kiew getötet habe.
Lawrow wirft Kiew Inszenierung in Butscha vor
Der russische Außenminister Sergej Lawrow beschuldigt die Ukraine angesichts der Vorwürfe von Kriegsverbrechen, die Lage in der Stadt Butscha inszeniert zu haben. Es handle sich um einen "erfundenen Angriff" mit dem Ziel, Russland zu diskreditieren, sagte Lawrow am Montag laut der Nachrichtenagentur Tass. Die Bilder von Leichen seien von der Ukraine und westlichen Ländern über die sozialen Medien verbreitet worden.
Moskau weist Tötung von Zivilisten zurück
Lawrow fordert zudem Großbritannien auf, seine Aufgaben im UN-Sicherheitsrat zu erfüllen. Das Land, das derzeit den Vorsitz des Gremiums hält, hat den russischen Antrag auf Einberufung einer Sicherheitsratssitzung bereits am heutigen Montag zurückgewiesen. Die Sitzung soll stattdessen am Dienstag stattfinden. Die ukrainischen Behörden hatten am Sonntag erklärt, sie gingen dem Verdacht möglicher Verbrechen russischer Soldaten in Butscha nach. In der Stadt bei Kiew waren nach dem Rückzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden.
Das russische Präsidialamt hatte bereits sämtliche Vorwürfe im Zusammenhang mit getöteten Zivilisten in Butscha kategorisch zurückgewiesen. Die Fakten und der zeitliche Ablauf der Vorkommnisse entsprächen nicht der ukrainischen Darstellung, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Deshalb sollten Anschuldigungen der ukrainischen Seite angezweifelt werden und internationale Politiker keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Die Moskauer Regierung spricht bei der Darstellung der Ereignisse von Butscha von einer "ukrainischen Provokation".
EU will Ermittlungsteams zu Kriegsverbrechen schicken
Die EU will zur Aufklärung mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen Ermittlungsteams in die Ukraine schicken. Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj mitteilte, sind die EU-Justizbehörde Eurojust und die Strafverfolgungsbehörde Europol zu Unterstützung bereit.
So könnte demnach die Arbeit einer bereits vereinbarten gemeinsamen Ermittlungsgruppe verstärkt werden. Diese soll Beweise sammeln und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufklären.
(Quelle: salzburg24)