Ein offenbar psychisch kranker Amokläufer hat am Bahnhof in Grafing nahe München einen Fahrgast erstochen und drei Männer teils lebensgefährlich verletzt. Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund der Tat von Dienstag früh bestätigten sich zunächst nicht. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte, dass der Festgenommene offenbar psychische Probleme habe und auch drogenabhängig sei.
Der 27-Jährige aus Hessen hat die Tat laut Herrmann bei seiner Vernehmung gestanden. Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere sprach von einer "abscheulichen, feigen Messerattacke". Er fügte hinzu: "Das Motiv dieser Tat ist noch nicht abschließend geklärt."
27-Jähriger sticht mit Küchenmesser auf Passagiere ein
Der Angreifer war laut Bayerischem Landeskriminalamt (LKA) kurz vor 5.00 Uhr in die erste an dem Tag nach München fahrende S4 gestiegen und hatte dort auf einen 56 Jahre alten Fahrgast eingestochen. Danach ging er zurück auf den Bahnsteig und attackierte dort einen weiteren Mann mit einem Küchenmesser. Anschließend stach er auf dem Bahnhofsvorplatz auf zwei Radfahrer ein. Wenig später wurde der Mann, der barfuß war, festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes und Mordversuchs gegen den mutmaßlichen Täter.
Mann stirbt nach Messerattacke
Der 56-Jährige aus dem nahen Wasserburg am Inn erlag kurz nach der Tat in einem Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Die drei anderen Männer im Alter von 58, 43 und 55 Jahren wurden teils lebensgefährlich verletzt. Einer von ihnen schwebt nach LKA-Angaben in Lebensgefahr.
Offenbar kein islamistischer Hintergrund
Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund haben die Ermittler nach Angaben Herrmanns bisher nicht. Der Staatsschutz habe bisher keine Erkenntnisse über den 27-Jährigen. Es werde aber geprüft, ob ein politischer Hintergrund vorliege. Weiter berichtete der Minister, dass der Mann vor zwei oder drei Tagen der Polizei in einem anderen Bundesland aufgefallen sei, weil er sich "ungewöhnlich" aufgeführt habe. Weitere Details nannte Herrmann nicht. Dies habe aber "zu keinen weiteren polizeilichen Maßnahmen geführt".
Zu einem möglichen Motiv konnte Herrmann noch nichts sagen. Es gebe eine Zeugenaussage, wonach der Mann bei seiner Tat "Allahu-Akbar" (Allah ist groß) gerufen haben soll. Derzeit würden noch weitere Zeugen befragt. Deshalb sei jede Äußerung über die echten Motive der Tat zum jetzigen Zeitpunkt spekulativ, betonte der Innenminister.
Täter stammt aus Deutschland
Herrmann bestätigte, dass es sich bei dem Täter um einen Deutschen aus Hessen handle. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stammt der Mann aus Gießen. Das hessische Innenministerium und das dortige Landeskriminalamt wollten jedoch mit Verweis auf die Münchner Staatsanwaltschaft keinen offiziellen Kommentar abgeben. Hinweise auf einen Migrationshintergrund gibt es nach den Worten Herrmanns nicht.
Mutige Bahnmitarbeiter vertreiben Messerstecher
Möglicherweise existiert von dem Amoklauf eine Videoaufzeichnung. Die Deutsche Bahn (DB) hat den Sicherheitsbehörden Videomaterial aus dem S-Bahn-Zug und vom Bahnhof übergeben. Demnach gelang es dem Triebfahrzeugführer der S-Bahn und einem Sicherheitsmann, den Angreifer unmittelbar nach der Tat zu vertreiben. Der Mitarbeiter führte nach dpa-Informationen die Polizei auch zu dem Versteck, wo sich der 27 Jahre alte Täter verborgen hielt.
Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube sprach wenig später von "Mitarbeitern, die beherzt eingegriffen haben und den Täter von weiteren Angriffen abgehalten haben", wie die Bahn in Berlin mitteilte. "Wir sind bestürzt und betroffen über die Gewaltattacke im Bahnhof Grafing", sagte Grube. "Den Angehörigen der Opfer und den Verletzten des Angriffs gehört unser tiefes Mitgefühl."
Der Bahnhof Grafing ist ein wichtiges Regionaldrehkreuz im Osten Münchens. Von hier aus fahren Tag für Tag Tausende Pendler per S-Bahn in die bayerische Landeshauptstadt. Zudem ist Grafing-Bahnhof Station der Meridian-Züge der Bayerischen Oberlandbahn (BOB), die zwischen München und Salzburg beziehungsweise Kufstein verkehren. Außerdem zweigt in Grafing die Bahnstrecke ins idyllische Wasserburg am Inn ab. Das im Landkreis Ebersberg gelegene Städtchen hat rund 13.500 Einwohner.
(APA)
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(Quelle: salzburg24)