Welt

Milchquoten-Ende - Österreichische Bauern uneinig

Veröffentlicht: 31. März 2015 15:09 Uhr
Die heimischen Bauern sind sich uneinig, ob das Ende der Milchquote zu negativen Auswirkungen führen wird. Während der Bauernbund das Aus für die Produktionsobergrenze "als Chance" bezeichnet und die Landwirtschaftskammer die Milchbauern für bestens vorbereitet hält, warnte die IG Milch bei einer Protestveranstaltung in Wien vor einem "Milchsee".

Ab 1. April gilt nach 37 Jahren in der Europäischen Union keine Obergrenze mehr für die Milchproduktion. Angesichts von "Milchseen" und "Butterbergen" hatte die damalige Europäische Gemeinschaft (EG) eine Milch-Quotenregelung eingeführt, um das Überangebot an Milch- und Milchprodukten einzudämmen und den Marktpreis zu stabilisieren. Jeder Milchbauer erhielt eine einzelbetriebliche Quote, die Voraussetzung für die Lieferung bzw. Vermarktung war. Nach dem Ende der Milchquote kann nun jeder Bauer so viel Milch produzieren, wie er will.

Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes sieht dem Ende der Quote ohne Bauchweh entgegen. "Auf diesen Tag haben sich Österreichs Milchbäuerinnen und Milchbauern und die Verarbeiter seit Jahren bestens vorbereitet. Gemeinsam setzte man schon früh auf Qualität und investierte jährlich über 100 Mio. Euro in der Wertschöpfungskette", betonte er am Dienstag. Der morgige Tag werde ein Tag wie jeder andere sein.

Das Milchquoten-Aus ist für Bauernbund-Direktor Johannes Abentung "eine Chance für alle österreichischen Milchbauern". Österreich habe jahrelang für die Quote gekämpft. "Längst ist das Quotenende eine wirtschaftliche Realität, auf die sich jeder einzelne Milchbauer unterschiedlich eingestellt hat." In den vergangenen Jahren seien bereits 40 Prozent der österreichischen Milchproduktion im Ausland abgesetzt worden.

Für Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter bietet China rechtzeitig zum Auslaufen der Milchquote neue Exportchancen. Österreichische Unternehmen können ab sofort deutlich mehr Käse und Milchprodukte nach China liefern als bisher. Das hat der chinesische Minister für Qualitätskontrolle, Inspektion und Quarantäne, Zhi Shuping, kürzlich bei einem Gespräch mit Rupprechter in Peking ausgemacht.

Dutzende Mitglieder der IG Milch haben am Dienstag unter anderem vor dem Parlament und dem Landwirtschaftsministerium gegen das Ende der Milchquote demonstriert. Einige Bauern der IG Milch waren gestern mit ihren Traktoren aus Oberösterreich und Niederösterreich im Rahmen einer Protestfahrt nach Wien gefahren. Am Vormittag bauten sie vor dem Haus der Europäischen Union in der Wiener Wipplingerstraße einen "Milchsee" auf, als Symbol für die zu erwartenden Milchüberschüsse. "Der Traum der wachstumswilligen Betriebe, dass mit dem Auslaufen der Quote dieses Wachsen leistbar wird, wird zu einem Bumerang werden", kritisierte IG-Milch-Obmann Ewald Grünzweil.

Die Grünen unterstützten die Protestveranstaltung der IG-Milch in Wien. Es sei evident, dass die wachstumsgetriebenen Milchpolitik zur Aufgabe der kleinen und mittleren Milcherzeugerbetriebe in Österreich führe, so der Grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber. Hauptforderung der Grünen ist eine Branchenvereinbarung in Österreich, damit den Bauern ein Mindest-Milchpreis für die in Österreich konsumierte Milch gezahlt werde.

Vor dem Auslaufen der EU-Milchquote haben die heimischen Milchbauern im "Milchjahr" 2014/15 (bis Ende März) noch einmal kräftig die Produktion erhöht. Wegen höherer Lieferungen als die Quote erlaubt müssen die österreichischen Bauern rund 45 Mio. Euro Strafe an die EU zahlen.

Die heimischen Molkereien erwarten aufgrund des Quoten-Endes einen Anstieg der Milchproduktion. Helmut Petschar, Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), drängt auf einen "Schulterschluss aller Beteiligten - der Milchbauern, der Verarbeiter, der politischen Vertreter, des Handels und der Konsumenten".

Österreich hatte zuletzt einen Selbstversorgungsgrad von 167 Prozent bei Konsummilch. Das heißt es wird um 67 Prozent mehr produziert als in Österreich konsumiert wird. Der Selbstversorgungsgrad bei Käse lag bei 95 Prozent und bei Butter bei 71 Prozent.

Der European Milk Board (EMB) hat den letzten Tag des Bestehens der Milchquote unterdessen als historischen Trauertag bezeichnet. Bei einer Aktion von rund 70 Bauern aus verschiedenen EU-Ländern vor dem EU-Parlament in Brüssel warnte EMB-Vorsitzender Romuald Schaber am Dienstag vor einer "zügellosen Produktion in den nächsten Jahren, was die Preise noch weiter senken wird".

Außerdem fürchtet er eine Gefährdung der regionalen Versorgung. "Um keinem Missverständnis zu unterliegen - wir weinen der Quote nicht nach." Mit einer flexiblen Quote könnten faire Preise erzielt werden. Jedenfalls würden 37 Jahre nach Bestehen der Milchquote ab morgigem 1. April "die multinationalen Konzerne und Banken die Macht übernehmen. Das ist unverantwortlich nicht nur gegenüber den Bauern, sondern gegenüber allen Bürgern, die ein Recht darauf haben, gute und wertvolle Nahrungsmittel zu erhalten", betonte Schaber.

Er erklärte im Gespräch mit der APA, schon jetzt könnten Bauern praktisch nicht kostendeckend arbeiten. So bekämen die Bauern in Deutschland für einen Liter Milch 27 bis 32 Cent. "Das wird auf 25 Cent sinken. Dabei betragen die Produktionskosten für die Bauern 40 bis 50 Cent. Da sind noch gar keine Förderungen aus Brüssel eingerechnet." Daher "geht die Gefahr des Milchsterbens weiter". Konkret verlangte Schaber zumindest "mehr Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete".

(Quelle: salzburg24)

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