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Nach dem Brexit: Forderungen nach Klarheit werden lauter

Veröffentlicht: 27. Juni 2016 13:11 Uhr
Nach der Entscheidung der Briten aus der EU auszuscheiden, wird weiter heftig über kurz- und mittelfristige Auswirkungen diskutiert. An den Gesprächen über das Freihandelsabkommen TTIP sei Großbritannien weiterhin beteiligt, wie die deutsche Regierung am Montag in Berlin mitteilte. Jedoch fordere man baldige Klarheit über den weiteren Fahrplan zum EU-Austritt. Auch auf unternehmerischer Seite wird der Ruf nach klaren Verhältnissen lauter. 
Michaela Steger

Die deutsche Regierung rechnet ab Herbst mit dem Beginn des formalen Austrittsprozesses von Großbritannien aus der EU. "Wir werden vermutlich irgendwann im Herbst eine neue britische Regierung haben. Und dann wird es wahrscheinlich diese Regierung sein, die entsprechende Schritte in Europa vorträgt", sagt Regierungssprecher Seibert.

Deutschland hat auch darauf verwiesen, dass Großbritannien weiter an den Gesprächen über das Freihandelsabkommen TTIP beteiligt sein werde. Ein Mitgliedsstaat der EU sei so lange Mitglied mit allen Rechten und Pflichten bis er ausgetreten sei, sagt der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert.  Allerdings könne Großbritannien außerhalb der EU nicht automatisch einen Zugang zum EU-Markt wie die Schweiz erhalten, sagte der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault.

Brexit: Deutschland fordert Klarheit

Deutschland fordert von Großbritannien nach dem Brexit-Referendum baldige Klarheit über den weiteren Fahrplan zum Austritt aus der Europäischen Union. "Die Bundesregierung will keine Hängepartie", betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Das kann auch in niemandes Interesse in Europa sein. Wir haben ein klares Verhalten. Daran sollten wir uns halten." Seibert verwies darauf, dass nach Artikel 50 der europäischen Verträge die Mitteilung über einen Austritt nur von Großbritannien selbst kommen könne. Zugleich machte er deutlich, dass die deutsche Regierung nicht übermäßig lange darauf warten will. Wenn die britische Regierung dafür "noch eine überschaubare Zeit" brauche, werde das jedoch respektiert. Auch Unternehmer wie der Londoner Luxuswagen-Bauer Aston Martin sprechen sich für klare Verhältnisse aus und fordern die Regierung aus, für Klarheit und wirtschaftliche Stabilität zu sorgen. Konkrete Vorgespräche mit London über das Austrittsverfahren der EU hat Seibert ausgeschlossen.

APA Salzburg24
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22 Prozent der Firmen wollen ins Ausland

Volkswirte von Goldman Sachs gehen davon aus, dass Großbritannien wegen des Ausgangs der Brexit-Abstimmung bis Anfang 2017 eine "leichte Rezession" durchmachen wird. Auch in den EU-Staaten und den USA werde das Wirtschaftswachstum nicht so hoch ausfallen wie bisher erwartet, heißt es in einem Brief der US-Großbank an ihre Kunden. Während 22 Prozent der britischen Firma nun über einen Gang ins Ausland nachdenken, bereitet Ungarns Regierung ein Willkommenspaket für Unternehmen vor, die das Land verlassen werden. Das sagte Wirtschaftsminister Mihaly Varga der Zeitung "Vilaggazdasag", Einzelheiten nannte er nicht. Einen Austritt Ungarns aus der EU schloss er aus. Der stellvertretende polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki äußert hingegen die Hoffnung, dass nach dem Brexit einige der nach Großbritannien ausgewanderten Polen wieder zurückkommen.

Merkel will Fliehkräfte bekämpfen

Die deutsche Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat sich nach Teilnehmerangaben in einer Telefonkonferenz des CDU-Bundesvorstands gegen eine schnelle Vertiefung der Eurozone als Antwort auf den Brexit ausgesprochen. Man müsse die Fliehkräfte in der EU der 27 verbleibenden EU-Staaten bekämpfen, habe sie gemahnt. Es gebe große Sorge auf den internationalen Finanzmärkten, dass die gesamte EU nicht mehr regierbar sei. Diese Regierbarkeit müsse aber unbedingt erhalten werden.

Die EU solle sich nun vor allem um die Themen kümmern, bei denen die Bürger große Erwartungen an die Europäische Union hätten: Dies betreffe etwa den Schutz der EU-Außengrenzen, die Arbeitsplätze und die innere Sicherheit, habe die CDU-Vorsitzende betont. Man müsse zudem stärker daran erinnern, dass die EU ein Friedensprojekt sei. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe wie andere Teilnehmer der Telefonkonferenz kritisiert, dass der Koalitionspartner SPD nun schnelle Antworten auf den Brexit fordere. Man müsse immer die wirtschaftliche Entwicklung im Blick behalten.

Italien bereitet Hilfspläne vor

Das Nachbarland Irland sieht durch das Brexit-Votum in seinem Nachbarland keine Bedrohung für seinen niedrigen Unternehmenssteuersatz von 12,5 Prozent, sagt Finanzminister Michael Noonan. Italien wiederum bereitet Presseberichten zufolge Hilfspläne für den Bankensektor des Landes vor. Die Geldhäuser sind besonders von faulen Krediten belastet, die sich auf ein Drittel der Eurozone belaufen. Wie die Zeitung "Il Fatto Quotidiano" berichtet, denkt die Regierung auch über Teilverstaatlichungen nach.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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