Das Gesetz ermöglicht lesbischen Paaren die künstliche Befruchtung, erlaubt die Eizellenspende und die Samenspende bei der In-vitro-Fertilisation sowie die Präimplantationsdiagnostik (PID), Anlass für die Gesetzesreform war ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die Novelle geht aber darüber hinaus.
Die Debatte verlief zeitweise äußerst leidenschaftlich. So kassierte ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka einen Ordnungsruf, weil er den blauen Generalsekretär Herbert Kickl während dessen Rede einen "großen Heuchler" gerufen hatte. Ein paar Minuten später war dann Kickl für seinen Vorwurf der Blödheit dran.
Überhaupt fanden die Freiheitlichen zur Novelle scharfe Worte: "Es ist ein sehr schwarzer Tag für diese Republik Österreich", meinte Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein. Unter anderem stört die FPÖ, dass es bei der Eizellenspende keine Obergrenze gebe, wie oft eine Frau spenden kann, weiters machte die Mandatarin auf die Gesundheitsgefährdung der Frauen aufmerksam. Auch die PID wollen die Freiheitlichen nicht. Insgesamt sei das Gesetz in vielen Punkten "mangelhaft" und gehe in Richtung Ausbeutung der Frauen.
"Wir sind ganz klar gegen dieses Gesetz, weil dieses Gesetz ethisch nicht akzeptabel ist und es die Kinderrechte missachtet", pflichtete Team Stronach-Gesundheitssprecher Marcus Franz bei. In dem Gesetz gehe es vorrangig um die Wünsche potenzieller Eltern und nicht um die Kinder, auch fördere es "Kraut und Rüben-Elternschaft". Abgelehnt wird vom Team Stronach vor allem die Präimplantationsdiagnostik, denn hier werde zwischen wertem und unwertem Leben unterschieden. Franz stellte in den Raum, was das für ein Signal für Behinderte sei. "Die PID entspricht nicht der Ethik und Würde des Menschen."
Die ÖVP, die sich mit dem Thema ja schwergetan hatte, schickte als erste Rednerin Justizsprecherin Michaela Steinacker nach vorne. In ihrer Partei habe es harte Diskussionen gegeben, aber sie stimme aus voller Überzeugung zu: "Als Frau, als Mutter, als Katholikin." Die Novelle ermögliche Hoffnung und Rechtssicherheit, man setze aber gleichzeitig "sehr, sehr klare Grenzen". Medizinisch unterstützte Fortpflanzung gebe es weiterhin nur bei medizinischer Notwendigkeit, Leihmutterschaft und "Social Egg Freezing" bleibe verboten, betonte Steinacker. Die PID "bleibt weiterhin verboten, wird aber im engsten Ausnahmebereich erlaubt".
Auch Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) versuchte die Bedenken vom Tisch zu wischen: "Es wird keine kommerzialisierte Eizellenspende geben können", versicherte er beispielsweise. Es gebe strenge Rahmenbedingungen. Brandstetter verwies darauf, dass höchstgerichtliche Entscheidungen umzusetzen seien.
Aus der ÖVP gegen das Gesetz stimmen wollte Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg: "Wer von Ihnen allen ist perfekt?", fragte er die Abgeordneten. Bei der PID als Selektionsverfahren zwischen wertem und nicht wertem Leben stelle sich die Frage, welches Baby perfekt sei und ob beispielsweise das Risiko auf Krebs auch einmal zu einer Selektion führen werde. Menschenwürde gelte auch für jene, die scheinbar nicht perfekt seien, weshalb er nicht zustimmen könne.
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) äußerte tiefen Respekt vor Huainiggs Worten, verteidigte aber die Regelung zur PID. Es gehe nicht um perfekt oder nicht perfekt, sondern man erlaube in ganz eingeschränkten Fällen, dass Frauen keine Schwangerschaft auf Probe eingehen müssen. Sie freue sich über die Verabschiedung des Gesetzes.
Einen wichtigen Schritt, der Verbesserungen für viele Betroffene bringe, sah auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der auch Rechtsanwalt Helmut Graupner, der sich für Homosexuellen-Rechte engagiert, auf der Besuchergalerie begrüßte. Weil der VfGH inzwischen jüngst auch das Adoptionsverbot für homosexuelle Paare aufgehoben hat, sollte man auch darüber diskutieren, warum es immer wieder höchstgerichtliche Urteile brauche - ihm sei es lieber, der Gesetzgeber werde von sich aus aktiv, meinte Schieder.
"Wir Grüne freuen uns heute sehr", es handle sich um den nächsten Schritt, Lebensrealitäten von Familien auch gesetzlich zu verankern, erklärte die Grüne Familiensprecherin Daniela Musiol. Bedenken wies sie zurück, FPÖ und Team Stronach warf sie vor, Unwahrheiten zu verbreiten. Freilich sind auch nicht alle Grün-Mandatare vorbehaltlos für die Neuerungen: So wollte eigentlich Behindertensprecherin Helene Jarmer nicht zustimmen, krankheitsbedingt war sie aber nicht da.
Die NEOS unterstützten die Novelle. Man müsse bei der Eizellenspende vorsichtig sein, aber deshalb sei ja Beratung und Aufklärung festgelegt worden, war Nikolaus Scherak um Beruhigung bemüht. Bisher habe es Widersprüche und unsachliche Differenzierungen gegeben, die neuen Regeln seien außerdem streng.
Die römisch-katholische Bischofskonferenz hat sich am Mittwoch vom Beschluss des neuen Fortpflanzungsmedizingesetzes enttäuscht gezeigt. Familienbischof Klaus Küng bedauerte das Durchziehen trotz aller Einwände. Katholische Organisationen hatten bis zuletzt gegen die Novelle mobilisiert.
"Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz ist ein ethischer Dammbruch, das mehr Probleme schafft, als es vorgibt zu lösen", erklärte Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka nach dem Beschluss. Es sei "enttäuschend und demokratiepolitisch sehr bedenklich, dass derart fundamentale Fragen, die massiv in Leben und Rechte von Kindern, Frauen und künftigen Generationen eingreifen, im Eilzugsverfahren durchgezogen werden".
Schipka dankte allen, die gegen das Gesetz gestimmt hatten, insbesondere jenen aus dem Klub der FPÖ und des Teams Stronach. Besonderer Dank und Hochachtung gebühre jenen Abgeordneten, die das eigene Gewissen über die Parteilinie gestellt und abweichend von Parteivorgaben gegen das Gesetz gestimmt hätten, spielte er auf Gegenstimmen aus den Reihen u.a. der ÖVP an.
Küng bedauerte, "dass viele Menschen unserer Zeit, auch Politiker und Richter, sich von einem falschen Fortschrittsglauben verführen lassen, der sie übersehen lässt, dass sie von einigen wenigen Interessensgruppen vor sich hergetrieben werden und so Schritt für Schritt für den Menschen und die Gesellschaft wichtige Werte preisgeben".
Es werde betont, so Küng, dass die im Gesetzesentwurf enthaltenen Erlaubnisse eng gefasst und bei Übertretungen strenge Sanktionen vorgesehen seien. "Das mag im Vergleich zu anderen Ländern schon wahr sein. Dennoch sind es Schritte in die falsche Richtung. Kinder werden immer mehr zu etwas, worauf man meint, ein Recht zu haben, oder was man auch, wenn es nicht passt, verwerfen kann."
(Quelle: salzburg24)