Welt

Neue Krankenpflege-Ausbildung im Nationalrat beschlossen

Veröffentlicht: 07. Juli 2016 14:02 Uhr
Der Nationalrat hat am Donnerstag mit Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen eine Ausbildungsreform der Pflegekräfte beschlossen. Künftig gibt es drei Gruppen, wobei gehobenen Pflegefachkräfte akademisch an Fachhochschulen ausgebildet werden. Für Kritik sorgte das überhastete parlamentarische Prozedere nach jahrelangen Verhandlungen, für FPÖ-Sorge eine mögliche Nivellierung nach unten in den Spitälern.

Laut Gesundheits- und Krankenpflegegesetz gibt es in Zukunft drei Berufsbilder. Neben der Pflegeassistenz (bisher: Pflegehilfe) wird auch eine Pflegefachassistenz geschaffen, die mehr Kompetenzen haben soll. Beide sollen weiterhin an den Krankenpflegeschulen ausgebildet werden, die Ausbildung ein bzw. zwei Jahre dauern. Die gehobenen Pflegefachkräfte (derzeit "diplomierte Pflegekräfte") absolvieren künftig ausnahmslos eine FH-Ausbildung. In Kraft treten soll die Neuregelung ab September 2016 stufenweise bis 2024.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) bezeichnete das Gesetz als "guten Schritt", ebenso wie SP-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger, der eine bessere Ausbildung, eine höhere Pflegequalität und die Durchlässigkeit der Berufe in Aussicht stellte. Beide kritisierten Personalvertreter-Mails der letzten Tage. "Wir können mit Strukturen der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts nicht Gesundheitspolitik des 21. Jahrhunderts machen", sagte er.

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger erinnerte sich an seine eigenen ersten Schritte im Gesundheitswesen mit "drei Wochen Leibschüsseltragen" unter "Schwester Anni und Schwester Hermi". Seither habe sich die Welt weitergedreht, nun beschließe man ein Jahrhundertgesetz. "Es ist nicht nur ein Facelift, es ist eigentlich eine komplette plastische Operation geworden." Rasinger, selbst Mediziner, zeigte sich auch mit der Abgrenzung der Berufsgruppen zufrieden: "Wir wollen keine Miniärzte, wir wollen eigenständige Pflegekräfte haben."

Auch die Grünen sahen umfangreiche Verbesserungen, für Gesundheitssprecherin Eva Mückstein ist der Gleichklang im europäischen Raum gesichert. Österreich sei bei der Akademisierung ohnehin Schlusslicht und zudem ein sehr ärztelastiges Land. Per - vom Plenum abgelehnten - Entschließungsantrag verlangten die Grünen von der Bundesregierung, für mindestens 50 Prozent diplomiertes Personal in den Spitälern zu sorgen.

Kritik kam von der FPÖ. Gesundheitsausschuss-Vorsitzende Dagmar Belakowitsch-Jenewein warnte, dass in Zukunft die - für die Spitäler billigere - Pflegefachassistenz mit nur zweijähriger Ausbildung genau jene Arbeit übernehmen müsse, die bisher von diplomiertem Personal geleistet werde. Für die Patienten könnte das Verschlechterungen bringen. Die Grünen seien hier die Steigbügelhalter von SPÖ und ÖVP, auch Mücksteins Antrag ändere nichts daran.

Ähnlich argumentierte Gerald Loacker (NEOS), der wie die FPÖ kritisierte, dass das Vorhaben erst im allerletzten Moment mit grüner Unterstützung auf die Tagesordnung des jüngsten Gesundheitsausschusses gesetzt worden war. Er sah zudem eine vertane Chance, die Verantwortung für die Pflege zu erweitern und Karrierechancen zu schaffen. Ulla Weigerstorfer (Team Stronach) bedauerte ebenfalls das übereilte Vorgehen und verwies auf die Kritik der Personalvertreter.

Eine Tonstörung hatte zuvor den Beginn der Nationalratssitzung rund eine Viertelstunde verzögert. Die Ersatz-Anlage sorgte dann in der Folge für einige Verständnis-Probleme. Eine weitere Unterbrechung war nach einer Stunde die Folge. In der "Fragestunde", in der sich Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) zwischenzeitlich noch ganz gut verständlich machen konnte, gab es wenig Neues.

Auf eine entsprechende Frage der Freiheitlichen, wie man die Familienbeihilfe für im EU-Raum lebende Kinder an das Niveau der tatsächlichen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land anpassen könnte, verwies die Ressortchefin darauf, dass die entsprechende Möglichkeit, die als Kompromiss London angeboten worden war, durch den "Brexit" zunächst einmal vom Tisch sei. Man werde nun andere Wege finden, sich diesem Thema zu widmen.

Bezüglich des zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs, nach dem sich die SPÖ erkundigte, erinnerte Karmasin an die Einrichtung einer Arbeitsgruppe. Die entsprechende Regelung könne hoffentlich ab dem Kindergartenjahr 2018/2019 umgesetzt werden. Beim Kindergeld-Rechner, der die ab März 2017 geltende Neugestaltung der Leistung berücksichtigen soll, geht die Ministerin davon aus, dass dieser jedenfalls bis Jahresende zur Verfügung stehen soll.

Das seit mehreren Jahren geplante Gesundheitsberufe-Register schaffte es am Donnerstag - erneut - durch den Nationalrat. Angesiedelt wird es im Gesundheitsministerium, befüllt von der Arbeiterkammer (AK) und der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) - je nachdem, ob jemand unselbstständig oder selbstständig im Gesundheitsbereich beschäftigt ist.

Auf der Agenda der Bundesregierung stand das Vorhaben bereits seit 2008. Sogar vom Nationalrat wurde es 2013 schon einmal beschlossen, scheiterte dann aber an den Ländern Salzburg und Niederösterreich, die ihre - bei Schaffung einer neuen Behörde - verfassungsrechtlich notwendige Zustimmung verweigerten. In der damaligen Fassung wäre das Register allein bei der AK angesiedelt worden.

Im nun mit Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossenen öffentlich zugänglichen Register für Gesundheitsberufe werden von AK und GÖG nicht-ärztliche Gesundheitsberufe erfasst, die über keine Standesvertretung verfügen. Vorerst sind das die Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sowie der gehobenen medizinisch-technischen Dienste. In Zukunft könnte es zu einer Erweiterung kommen.

(Quelle: salzburg24)

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