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Österreich will sein Asylrecht verschärfen

Veröffentlicht: 30. März 2016 16:22 Uhr
Nachdem das Gutachten zur Flüchtlingsobergrenze vorliegt, kündigte die Regierung am Mittwoch eine Verschärfung des Asylrechts an. Ob Kriterien für ein Asylverfahren vorliegen, soll künftig in einem Schnellverfahren direkt an der Grenze abgeklärt werden, zudem sollen die Grenzkontrollen ausgeweitet werden. Im Parlament könnten die entsprechenden Gesetze bereits Ende April beschlossen werden.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) haben am Mittwoch das Rechtsgutachten zur Umsetzung der angekündigten "Obergrenze" für Asylwerber vorgestellt. Die beiden Minister sowie die Regierungsspitze gehen davon aus, dass durch die seit dem Vorjahr anhaltende Flüchtlingsbewegung die "öffentliche Ordnung und innere Sicherheit" gefährdet sind. Daher könne Österreich die Zulassung zum Asylverfahren deutlich einschränken und nur noch solche Fälle bearbeiten, wo dies aus Gründen der Menschenrechtskonvention unbedingt nötig sei. Dieser Notfallmechanismus soll nun im Asylgesetz verankert und nach dem geplanten Inkrafttreten Mitte Mai ausgelöst werden.

Zulassung eines Asylantrags bereits an Grenzen prüfen

"Wir werden keine Asylanträge zulassen, außer wir müssen das tun aufgrund gewisser Kriterien wie Artikel 8 Menschenrechtskonvention", kündigte Mikl-Leitner an. Artikel 8 garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Wer Familie in Österreich hat, müsste also zum Asylverfahren zugelassen werden. Ebenfalls zugelassen würden beispielsweise Asylwerber, deren Leben im Fall einer Abschiebung bedroht wäre. In allen anderen Fällen sollen die Flüchtlinge in jenes Land zurückgeschickt werden, aus dem sie nach Österreich gekommen sind.

Ob die Kriterien zum Asylverfahren vorliegen, soll künftig in einem Schnellverfahren direkt an der Grenze in "Registierzentren" geprüft werden. Unklar blieb, wie die Abschiebung jener Flüchtlinge gewährleistet werden soll, die sich nicht an der Grenze melden, sondern illegal einreisen und den Asylantrag erst im Land stellen. Sie sollen zwar ebenfalls in ein grenznahes "Registrierzentrum" gebracht werden. In welches Nachbarland die Ausweisung dann erfolgen soll, wurde bei der Pressekonferenz der beiden Minister aber nicht erklärt.

Anzahl der "Registrierzentren" noch unklar

Wie viele "Registrierzentren" eingerichtet werden, soll der österreichische Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, in den kommenden Wochen definieren. Grundsätzlich können Asylwerber in den "Registrierzentren" bis zu 120 Stunden festgehalten werden, um abzuklären, ob die Annahme des Asylantrages notwendig ist, wie Mikl-Leitner sagte.

Die Grenzkontrollen etwa am Brenner und im Burgenland will man laut Doskozil intensivieren. "Dort, wo wir Grenzkontrollen machen, wird es auch kein Durchwinken mehr geben", kündigte Doskozil ein Ende des Weiterleitens von Flüchtlingen nach Deutschland an. Die Zahl der Asylanträge gesetzlich zu begrenzen, sei völkerrechtlich schwierig, räumte Doskozil mit Verweis auf das Rechtsgutachten ein. Die Expertise des Europarechtlers Walter Obwexer und des Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk zeige aber Handlungsspielräume auf: "Diese Handlungsspielräume, sei es legistisch, sei es praktisch, wollen wir nutzen", so Doskozil. "Es ist nie darum gegangen, eine absolute Zahl in ein Gesetz zu schreiben", erklärte Mikl-Leitner dazu, dass die Gutachter eine gesetzliche Obergrenze ausschließen.

Obergrenze könnte bereits Mitte Mai in Kraft treten

In dem Gutachten gehen die Experten zwar davon aus, dass eine Notfallklausel im EU-Recht im aktuellen Fall greift. Vom Europäischen Gerichtshof ausjudiziert wurde das aber bisher nicht. Dass "die öffentliche Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit" durch den Flüchtlingsstrom gefährdet sind, hat die EU-Kommission aus Sicht der Gutachter aber selbst bestätigt, indem sie Grenzkontrollen im Schengenraum zugelassen hat. Daher soll die Notfallklausel nach dem Willen der Regierung auch zumindest so lange genutzt werden, wie Grenzkontrollen erlaubt bleiben.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) räumte im Pressefoyer nach dem Ministerrat zwar ein, dass ein "Richtwert" für die Aufnahmen von Flüchtlingen nicht die Eigenschaft habe, das Problem grundsätzlich zu lösen: "Könnten wir Kriege durch Richtwerte beenden, würden wir nur mehr Richtwerte beschließen", sagte er. In Kraft treten könnte die Regelung hinsichtlich des "Grenzwertes" bzw. der "Obergrenze" laut Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bereits am 1. Juni, Mikl-Leitner nannte sogar Mitte Mai. Im Parlament könnten die entsprechenden Gesetze in der Sitzung von 27./28. April beschlossen werden.

Die Oppositionsparteien üben durch die Bank Kritik. Für die FPÖ ist die "Obergrenze" keine echte Obergrenze, sondern nur "Augenauswischerei". Für die Grünen tischt die Regierung den "nächsten Rechtspfusch auf" und die NEOS orten durch die Rechtsgutachten eine Blamage.

Grenzschließung am Brenner: Proteste in Mailand

Eine Gruppe von Aktivisten demonstrierte unterdessen am Mittwoch vor dem österreichischen Konsulat in Mailand gegen eine mögliche Grenzschließung am Brenner. Laut Berichten italienischer Medien zündeten die rund 20 Demonstranten Rauchbomben und skandierten Slogans gegen die österreichische Flüchtlingspolitik. Das Außenministeriums bestätigte den Protest gegenüber der APA, sprach jedoch von zehn Teilnehmern.

Weitere Angaben zu dem Protesten wollte man im Wiener Außenministerium nicht machen. Laut italienischen Medienberichten beschmierten die Demonstranten unter anderem das österreichische Wappen am Eingang des Konsulatsgebäudes mit Farbe und sprayten "Over the Fortress" (Über die Festung) auf die Straße. Zudem sei ein Transparten mit dem Slogan "Freedom of Movement from Idomeni to Austria" (Bewegungsfreiheit von Idomeni bis Österreich) entrollt worden, der Zugang zum Konsulat sei mit einem Stacheldrahtzaun verschlossen worden.

Mit der Aktion wollten die Demonstranten auf eine am Sonntag am Brenner geplante Protestkundgebung aufmerksam machen. Organisiert wird die Kundgebung von der linken Gruppe "Agire nella crisi" (In der Krise handelt), die gegen Grenzschließungen in Europa mobilisiert. Die Demonstranten wollen sich nach eigenen Angaben auf italienischer Seite treffen und dann die Grenze nach Österreich überqueren: "Wir werden um keine Genehmigungen bitten. Das Europa, das wir aufbauen wollen, sieht weder Mauern noch Barrieren vor, nur Widerstand gegen rassistischen Hass und nationalistischem Egoismus", heißt es in einer Presseaussendung der Organisation.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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