Es gehe nicht um den Begriff "Automatik" zwischen Erhöhung des Pensionsantrittsalters und Lebenserwartung. Man könne auch einen anderen Mechanismus finden, meinte der Klubobmann. Es gehe jedenfalls darum, das System nachhaltig und langfristig finanzierbar zu machen. Auch vonseiten der EU steige der Druck, weil Österreich als einziges Land in den letzten Jahren nichts gemacht habe.
Lopatka hofft, dass das Zieldatum 29. Februar für die Reform nach dem Wechsel im Sozialministerium mit dem neuen Ressortchef Alois Stöger (SPÖ) eingehalten werden kann und dieser nicht zu lange für die Einarbeitung braucht. Dem ÖVP-Klubbomann ist es aber wichtiger, am Ende ein gutes Ergebnis zu haben, auch wenn das vielleicht ein paar Wochen später sein sollte, als am 29. Februar irgendein Ergebnis.
Finanzminister Hans Jörg Schelling betonte, dass es nicht um kurzfristige Maßnahmen gehe, sondern um ein ganzes Bündel an mittel- und langfristigen Maßnahmen, um einen "ausgewogenen Maßnahmenmix". Die bisher gesetzten Reformen würden nicht ausreichen, der Erfolg sei "nicht ausreichend eingetreten". Die budgetären Auswirkungen wären langfristig nicht zu bewältigen, wenn jetzt nichts geschehe, das angepeilte Nulldefizit sei so nicht zu halten.
Schelling verwies darauf, dass bereits jeder vierte Euro aus dem Budget für Pensionen aufgewendet werde. Und wenn man das Reha-Geld mit berücksichtige, dann sei das Pensionsantrittsalter nicht auf über 61 Jahre gestiegen, sondern stagniere bei 58,6 Jahren. Der Finanzminister argumentierte ebenso wie auch Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems, dass die Menschen 1971 noch durchschnittlich acht Jahre in Pension waren, 2011 aber bereits 22 Jahre, die Zeit der Beschäftigung sei in diesem Zeitraum von 45 auf 38 Jahre gesunken.
Die ÖVP schoss sich bei ihrer Enquete vor allem auf die Invaliditätspensionen und auf die Sonderpensionsrechte von ÖBB und Stadt Wien ein. Die Mehrkosten für die Hinauszögerung der Bundespensionsreform durch Wien von 2010 auf 2042 bezifferte Lopatka mit 350 Millionen Euro. Und bei den ÖBB sei das durchschnittliche Antrittsalter bis 2013 nur bei 52,5 Jahren gelegen. Für den ÖVP-Klubobmann ist nicht einzusehen, dass sich hier einzelne Gruppen "absentieren".
"Handlungsbedarf" sieht die ÖVP vor allem bei den Invaliditätspensionen, wie auch Sozialsprecher August Wöginger betonte. Vor allem bei psychischen Erkrankungen steigt der Zugang stark. Bei Männern erfolgen 26 Prozent aller unbefristeten und 57 Prozent aller befristeten I-Pensionen aufgrund psychischer Erkrankungen, bei Frauen sind es sogar 46 Prozent aller unbefristeten und 69 Prozent aller befristeten I-Pensionen. Große Unterschiede gibt es dabei auch zwischen den Bundesländern. So wird etwa in der Steiermark fünf Mal so vielen Frauen Reha-Geld wegen psychischer Erkrankungen zuerkannt als wegen anderen Erkrankungen, im Kärnten und Niederösterreich sind es hingegen nicht einmal eineinhalb Mal so viele, zitierte Thomas Czypionka vom IHS aus einer Studie.
Neben anderen Maßnahmen plädierte der Wissenschafter auch für einen Teilzeitkrankenstand und eine teilweise Invaliditätspension bei psychischer Erkrankung. Auch Wöginger plädierte für die Schaffung einer Teilarbeitsfähigkeit - man sollte mit Ärzten abstimmen können, wie viel ein Mitarbeiter leisten könne. Der ÖVP-Sozialsprecher trat weiters für eine Ausweitung des Pensionssplittings ein, damit Frauen nach Teilzeitarbeit ihre Pensionslücke schließen können. Derzeit können vier Jahre pro Kind auf freiwilliger Basis vom Partner übernommen werden, Wöginger will das in Richtung zehn Jahre ausdehnen.
Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hat am Donnerstag der ÖVP vorgeworfen, "noch keine inhaltlichen Vorschläge" in Sachen Pensionsreform gemacht zu haben. Die bei ihrer Enquete verwendeten Begriffe "Reform", "Automatik" und "System" seien nur "Worthülsen". "Bis jetzt wurden Menschen nur verunsichert, bis jetzt nur von Kürzungen gesprochen, bis jetzt nur die Pensionen schlecht geredet", sagte Stöger.
Der neu angelobte Sozialminister bekräftigte, dass er "natürlich" am 29. Februar zum Pensionsgipfel einladen werde. Bis dahin werde er zahlreiche Gespräche führen - "das wird angegangen", versicherte Stöger in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Er sei es "gewohnt, alle an einen Tisch zu holen und konstruktive Lösungen zu besprechen".
Stöger widersprach auch de ÖVP-Darstellung, dass der Erfolg der eingeleiteten Reformen nicht ausreichend sei. "Die eingeleiteten Maßnahmen wirken." Die Anträge auf Zuerkennung der I-Pension gingen stetig zurück und das durchschnittliche Pensionsantrittsalter sei auf 60,1 Jahre gestiegen. Die Zuschüssel zu den Pensionen aus dem Steuertopf blieben bis 2060 stabil, die Bundesmittel würden in den nächsten Jahren sogar schwächer ausfallen. "Heuer werden wir schon rund 300 Millionen Euro weniger brauchen als veranschlagt, von 2015 bis 2019 werden wir circa drei Milliarden Euro weniger ausgeben müssen."
Der Sozialminister zeigte sich für Ideen und Vorschläge offen. "Aber da sollten alle Aspekte berücksichtigt werden - auch die Maßnahmen, die wirken." Um das Ziel, "gesund in Pension gehen zu können", werde es verstärkte Anstrengungen brauchen, ist Stöger überzeugt.
(Quelle: salzburg24)