Welt

ÖVP drängt auf Verschärfungen für Zuwanderer

Nein zu Übertragung der Kompetenzen von Ländern zum Bund
Veröffentlicht: 02. Februar 2016 14:04 Uhr
Die ÖVP drängt einmal mehr auf Kürzungen der Mindestsicherung vor allem für Zuwanderer. So soll es mehr Sach- statt Geldleistungen geben, ein Deckel von 1.500 Euro eingezogen und Arbeits- und Integrationsunwilligen das Geld verpflichtend gekürzt werden, fordert Klubchef Reinhold Lopatka. Mit seinen Forderungen brachte Lopatka die gesamte Opposition sowie den Koalitionspartner gegen sich auf.

Ein klares Nein kam etwa postwendend vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Er hält etwaige Pläne für verfassungswidrig und wirft der Volkspartei zudem "Sozialabbau" vor. "Da machen wir nicht mit", stellte der Stadtchef am Dienstag klar. Besitzer eines positiven Asylbescheids seien rechtlich österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, sagte Häupl. Daher würden etwaige Kürzungen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verletzen. Ihm sei völlig klar, dass die ÖVP hier an Asylbesitzenden - laut Bürgermeister rund 40 Prozent derer, die um Asyl angesucht haben - Sozialabbau betreiben wolle.

Für Wien schloss er einen derartigen Schritt dezidiert aus: "In Zeiten, wo Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden, stell' ich mich nicht her und nehm' denen, die ohnehin nix haben - mit 860 Euro im Monat muss man einmal auskommen -, auch noch was weg. Das mach ich nicht."

Lopatka formulierte am Dienstag insgesamt fünf Forderungen für Verschärfungen bei der Mindestsicherung. Demnach soll das Verschlechterungsverbot fallen, wonach sich durch die Mindestsicherung das bestehende Leistungsniveau nicht verschlechtern darf. Weiters soll eine Deckelung in Höhe von 1.500 Euro aller Geldtransferleistungen eingezogen werden, wobei Familienbeihilfe bzw. Kinderbetreuungsgeld unangetastet bleiben, sowie eine verpflichtende Umstellung von Sachleistungen/Direktzahlungen und Geldleistungen im Verhältnis 50:50 erfolgen. Auch sollen Arbeitsunwilligen nach einem Jahr die Geldleistungen um 25 Prozent gekürzt werden, was auch für Integrationsunwillige gelten solle. Um mehr Menschen zum Wiedereinstieg ins Erwerbsleben zu motivieren, soll es einen Bonus in Form eines finanziellen Anreizes geben.

Die Flüchtlingskrise verschärfe die Situation bei der Mindestsicherung zusätzlich. Die Zahl der Bezieher werde heuer wegen der starken Migration und der hohen Arbeitslosigkeit von derzeit 300.000 auf 350.000 ansteigen. Dabei sei die Zahl der Bezieher seit der Einführung 2009 bereits um 35 Prozent angewachsen. Die Ausgaben für die Mindestsicherung belaufen sich auf fast 680 Mio. Euro jährlich und würden bald die Milliarden-Grenze sprengen, wenn nicht gegengesteuert werde, warnte Lopatka.

Richtungsweisend für Europa sind nach Ansicht des Klubchefs die Verschärfungen nach dänischem Modell. Demnach sollen nur jene Personen, die etwa durch Arbeit, Ausbildung oder Steuerleistung zum Gemeinwohl beigetragen haben, Anspruch auf volle Sozialhilfe haben. All jenen, die in den letzten acht Jahren nicht mindestens sieben Jahre im Land gelebt haben, sollen die Sozialhilfeleistungen nahezu halbiert werden. Auch britische Vorschläge zur Sozialhilfe für Nicht-Staatsangehörige beruhen darauf. Der Klubobmann wünscht sich, dass auch in Österreich ähnliches passiert und begrüßte die geplante Kürzung der Mindestsicherung für anerkannte Asylwerber von 914 auf 320 Euro in Oberösterreich.

Wer will, dass das österreichische Sozialsystem erhalten bleibe, müsse Schritte setzten. Bei 490.000 Arbeitslosen steige die Zahl der Mindestsicherungsbezieher automatisch weiter, hinzu kämen durch die aktuelle Flüchtlingswelle rund 40.000 Personen, von denen 90 Prozent Mindestsicherung beziehen werden.

Eine Übertragung der Kompetenzen von den Ländern zum Bund, wie sie zuletzt Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) befürwortet hatte, lehnte der Klubobmann ab. Andererseits gab Lopatka zu bedenken, dass nach Oberösterreich weitere Länder eigenständig Kürzungen beschließen werden, wenn es keine bundesweite Einigung dazu geben sollte, weil sie sich das nicht weiter leisten werden können.

Mit seinen Forderungen brachte Lopatka die gesamte Opposition sowie den Koalitionspartner gegen sich auf. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder forderte sein Gegenüber von der ÖVP auf, sich wieder in koalitionäre Bahnen einzufinden und den Oppositionskurs zu verlassen. "Warten wir zunächst die Ergebnisse des Gutachtens zu möglichen Reformen bei den Sozialleistungen für Asylberechtigte ab, das im März vorliegen wird, statt über voreilige Schnellschüsse zu diskutieren", sagte Schieder.

FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl empörte sich darüber, dass die ÖVP Sozialleistung für Staatsbürger kürzen wolle, nur weil das Sozialsystem durch "ungebremsten Zuzug von ausländischen Staatsbürgern" belastet sei. Die Freiheitlichen schossen sich gleichzeitig auch auf Häupl ein, der sich gegen die ÖVP-Forderung nach einer Kürzung der Mindestsicherung für Zuwanderer aussprach. Häupl seien die Anliegen der Zuwanderer weit wichtiger als jene der eignen Bevölkerung, meinte Bundes- und Wiener Landesparteiobmann Heinz-Christian Strache.

Die grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner bezeichnete Lopatka als "Hohepriester der Scheinheiligkeit". Die ÖVP-Vorstellungen zur Mindestsicherung seien alle verfassungswidrig und würden besonders Kinder treffen, kritisierte die Grüne.

Die NEOS warfen der ÖVP vor, nur daran interessiert zu sein, eine Neiddebatte zu schüren. "Abgesehen von populistischen Überschriften liefert die ÖVP nichts. Eine Strategie für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Mindestsicherungsempfängern fehlt gänzlich", meinte Sozialsprecher Gerald Loacker.

Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar beschuldigte die ÖVP, durch eine generelle Reform der Mindestsicherung den Österreichern wegen der Flüchtlingskrise Geld wegnehmen zu wollen. Er fordert eine klare Unterscheidung "zwischen Menschen, die schon lange in unserem Land sind, hier gearbeitet und Beiträge geleistet haben, und Flüchtlingen, die die soziale Hängematte nutzen wollen".

(Quelle: salzburg24)

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