Die EU bekräftigte dagegen ihre Bedenken. Man verfolge die Gerichtsreform "mit Besorgnis", hieß es in Brüssel. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe das Thema auf die Agenda eines Treffens mit seinen Brüsseler Kommissionskollegen am 13. Jänner gesetzt. Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans werde bis dahin einen Bericht vorlegen.
Das von der rechtskonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dominierte Parlament hatte den Gesetzesentwurf vor Weihnachten gegen den Widerstand der Opposition im Eilverfahren durchgebracht. Der Oberste Gerichtshof Polens sowie Menschenrechtsorganisationen hatten das Vorhaben zuvor kritisiert.
Auch das Menschenrechtskommissariat der Vereinten Nationen zeigte sich besorgt. Der frühere polnische Präsident Lech Walesa verurteilte das Gesetz und forderte ein Referendum über vorgezogene Neuwahlen. Die EU hatte gefordert, das Gesetz nicht in Kraft zu setzen, ohne vorher die Auswirkungen auf die "Unabhängigkeit und die Funktionsweise" des Gerichts geprüft zu haben.
Laut der Neuregelung soll für alle Entscheidungen des Verfassungsgerichts künftig eine Zweidrittelmehrheit notwendig sein statt wie bisher eine einfache Mehrheit. Zudem müssen bei wichtigen Entscheidungen künftig mindestens 13 der 15 Verfassungsrichter anwesend sein, um ein Urteil fällen zu können - bisher reichten neun Richter.
Verfassungsgerichtspräsident Andrzej Rzeplinski kündigte in einem Fernsehinterview am Montagabend an, dass das Gericht am 12. Jänner nach den bisher geltenden Regelungen zusammenkommen werde. "Das Gericht, ob es gefällt oder nicht, hat das Monopol, um die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu verteidigen", sagte er.
Die PiS hatte bei der Parlamentswahl im Oktober die absolute Mehrheit der Sitze gewonnen. Seit ihrem Amtsantritt nutzt die Regierung von Ministerpräsidentin Beata Szydlo ihre neu gewonnene Macht, um kritische Medien und das Verfassungsgericht unter ihre Kontrolle zu bringen.
Bereits kurz nach ihrem Wahlsieg hatte die PiS auf der Grundlage eines von ihr verabschiedeten Gesetzes fünf ihr nahe stehende neue Verfassungsrichter bestimmt und damit eine Welle der Kritik von Opposition, Medien und ausländischen Politikern ausgelöst. Das Verfassungsgericht stufte das Gesetz später als verfassungswidrig ein. Der PiS-nahe Staatschef Duda hatte die fünf Verfassungsrichter allerdings bereits vereidigt.
(Quelle: salzburg24)