Welt

Polizei stürmt Zentrale von Erdogan-kritischem Medienkonzern

Veröffentlicht: 28. Oktober 2015 13:09 Uhr
Wenige Tage vor der Parlamentswahl in der Türkei hat die Polizei vor laufenden Kameras die Zentrale eines regierungskritischen Medienkonzerns in Istanbul gestürmt und die Kontrolle über zwei Fernsehsender übernommen. Die Sicherheitskräfte verschafften sich am Mittwoch mit Kettensägen Zugang zum Sitz der Unternehmensgruppe Koza-Ipek, wie auf im Internet verbreiteten Live-Bildern zu sehen war.

Die Polizisten gingen zudem mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Angestellte vor, die sich ihnen entgegenstellten. Schließlich besetzten die Einsatzkräfte die Regieräume der beiden Sender Kanaltürk und Bugün. Diese stehen nun unter Kontrolle eines von der Justiz eingesetzten Zwangsverwalters. Der Koza-Ipek-Konzern, der auch im Bergbau und im Energiesektor aktiv ist, steht der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahe. Die Justiz hatte die Unternehmensgruppe am Montag unter Zwangsverwaltung gestellt. Die Staatsanwaltschaft begründete die Maßnahme mit Ermittlungen wegen des Verdachts der "Terrorfinanzierung" und "Propaganda".

Gülen, ein ehemaliger Unterstützer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, hatte sich vor zwei Jahren mit der Regierung überworfen. Seitdem wirft Erdogan dem in den USA lebenden Gülen einen Umsturzversuch vor. Gülen weist die Anschuldigungen zurück. Die türkische Regierung steht seit langem wegen ihres Vorgehens gegen Journalisten in der Kritik. Ihr wird vorgeworfen, kurz vor der Wahl am Sonntag den Druck auf die Medien zu erhöhen.

Unterdessen ermittelt die türkische Justiz wieder einmal gegen Minderjährige wegen "Beleidigung" von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Den 12 und 13 Jahre alten Buben wird vorgeworfen, ein Plakat mit dem starken Mann des Landes zerrissen zu haben, wie die Zeitung "Hürriyet" am Mittwoch berichtete. Die Staatsanwaltschaft von Diyarbakir im Südosten des Landes forderte Gefängnisstrafen zwischen 14 Monaten und vier Jahren und acht Monaten für die Schüler.

Die beiden Beschuldigten waren am 1. Mai dabei überrascht worden, wie sie in einer Straße im mehrheitlich kurdischen Diyarbakir ein Erdogan-Plakat abrissen. Die beiden Buben verteidigten sich mit der Aussage, sie hätten das Papier verkaufen wollen. Der Anwalt der beiden Angeklagten hob hervor: "Wenn der Präsident zwei Kinder verfolgen lässt, weil sie ein Poster abgerissen haben, dann ist das traurig für das Recht."

(Quelle: salzburg24)

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