Das wurde am Freitag geschrieben:
"de Volkskrant" (Amsterdam):
"Der Krieg in der Ukraine hat auch schwerwiegende Konsequenzen für Menschen, die tausende Kilometer von den Kampfschauplätzen entfernt leben. Vor allem in Ländern, die abhängig sind von russischen oder ukrainischen Getreidelieferungen. Das Welternährungsprogramm fürchtet, dass Millionen von Menschen Hunger droht, wenn der Getreideexport ins Stocken gerät durch die Sanktionen gegen Russland oder im Fall der Ukraine durch Ernteausfälle oder Transportprobleme. (...)
Die Getreidekrise kommt zur Corona-Krise hinzu, durch die die Welt bereits mit den Risiken einer zu großen Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten konfrontiert wurde. Erneut sind es verletzliche Menschen in armen Ländern, die den höchsten Preis zahlen: Menschen, die nicht über Reserven verfügen, weil sie in Lockdowns ihre Einkommen verloren haben, oder Menschen, deren Ernten durch Dürren zunichte gemacht wurden, unter anderem im Nahen Osten und Ostafrika. Oder Menschen, die vor Kriegsgewalt geflohen und vollständig von Nahrungsmittelhilfe abhängig sind wie im Jemen, Äthiopien oder Burkina Faso."
"The Telegraph" (London):
"Wer dachte, die moderne Kriegsführung sei eine relativ saubere Angelegenheit mit dem Einsatz von Drohnen, Cyberattacken und schnellen Angriffen von Spezialkräften auf militärische Ziele, wird durch das Grauen, das sich in der Ukraine abspielt, eines Besseren belehrt worden sein. Es ist Brutalität alten Stils, bei der jeder Anschein, man wolle zivile Opfer vermeiden, bedeutungslos wird, sobald Bomben und Raketen auf Städte niederprasseln.
Und es sind nicht allein die Toten und Verletzten, die das Elend ausmachen. Wenn städtische Gebiete eingekesselt sind, werden alle lebensnotwendigen Dinge abgeschnitten, von der Stromversorgung und der Kommunikation bis hin zu Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten. (...) Die Belagerung von Mariupol - einer Hafenstadt mit rund 400.000 Einwohnern - erinnert an den Zweiten Weltkrieg, als es oft russische Städte wie Leningrad und Stalingrad waren, die sich dem Aggressor entgegenstemmten. Heute sind es zur ewigen Schande von Wladimir Putin und seinen Kreml-Kumpanen Russen, die solche Gräueltaten verüben."
"Wall Street Journal" (New York):
"Sollte es jemals ein Tribunal für Kriegsverbrechen in der Ukraine im Stil der Nürnberger Prozesse geben, wird Wladimir Putin nicht der einzige auf der Anklagebank sein. Direkt neben ihm könnte Alexander Lukaschenko sitzen, Präsident von Belarus und Co-Aggressor gegen den friedfertigen Nachbarn. Lukaschenko befolgt Putins Befehle wie ein Gefreiter in einem Ausbildungslager. Er hat zugelassen, dass sich russische Truppen und Panzer an seiner Grenze zur Ukraine ansammeln, um einen schnellen Angriff auf Kiew zu erleichtern. Russland hat von belarussischem Boden aus Raketen auf die Ukraine abgefeuert. (...)
Am Sonntag hat Belarus mithilfe eines manipulierten Volksentscheids weitreichende Änderungen seiner Verfassung angenommen. Damit wurde die Verpflichtung von Belarus zur nuklearen Neutralität beseitigt, was Russland die Möglichkeit gibt, Atomwaffen an den Grenzen zu Polen und den baltischen Staaten zu stationieren. (...) Lukaschenko ist zutiefst unpopulär, und Putin hat ihm geholfen, die Proteste nach einer manipulierten Präsidentenwahl im Jahr 2020 gewaltsam niederzuschlagen. (...) Bei der Errichtung seines großrussischen Reiches schwebt Putin vor, dass eine demokratische Ukraine ein weiteres Belarus wird, das von einem unterwürfigen Autokraten geführt wird, der seinen hässlichen Anordnungen Folge leistet."
"Diena" (Riga):
"Nach den Ereignissen in der Ukraine 2014 war es Minsks Vermittlung, die es ermöglichte, den westlichen Druck zu verringern und in gewissem Maße auf die internationale Arena zurückzukehren. Doch es ist unwahrscheinlich, dass es einen Versuch geben wird, diesen Schritt zu wiederholen. Vor acht Jahren waren jedoch sowohl die geopolitische Situation als auch die Haltung gegenüber Belarus im Westen deutlich anders. Ebenso gibt sich das Lukaschenko-Regime nicht der Illusion hin, mit dem Westen Kompromisse finden zu können.
Aus westlicher Sicht ist die einzig akzeptable Option, dass die pro-westliche Opposition in Belarus an die Macht kommt. Dies ist aber offenkundig zumindest auf absehbare Zeit unwahrscheinlich. Daher wird sich der neue Eiserne Vorhang, den der Westen derzeit zwischen sich und Russland zieht, entlang der Grenze zwischen den europäischen Ländern und Belarus erstrecken.
Dies muss von allen Nachbarn Minsks, einschließlich Lettland, berücksichtigt werden. Ohne jegliche Illusionen muss sowohl mit einem raschen und fortgesetzten Rückgang der wirtschaftlichen Verflechtungen als auch einer weiteren Zunahme politischer Auseinandersetzungen und militärischer Risiken gerechnet werden."
"Das ist jetzt die Lösung: echte Militärhilfe für die Ukraine. Gründe dafür gibt es nach internationalem Recht genug: die Tötung von Zivilisten, darunter Mediziner und Kinder, und die Drohung, ganze Städte zu zerstören. Die Einführung einer Flugverbotszone wäre das absolute Minimum, das es den NATO-Streitkräften ermöglichen würde, russische Raketen und Bomber, die ukrainische Städte nach und nach von oben dem Erdboden gleichmachen, zumindest niederzuschlagen. Das einzige, was den Westen derzeit zurückhält, ist die Angst, dass Putin völlig den Verstand verloren hat. Die Angst vor dem Atomkrieg."
"Tages-Anzeiger" (Zürich):
"Gründe, warum eine ganze Generation deutscher Politiker einer Lebenslüge aufsaß und Putin nicht früher Grenzen setzte, gibt es viele. Nach zwei entfesselten Weltkriegen wurde das Bekenntnis 'Nie wieder Krieg!' nach 1945 nicht von ungefähr deutsche Staatsräson. Nach 1989 galt dies erneut. Die alte Weisheit, dass den Frieden nur wahrt, wer sich auf den Krieg vorbereitet, war in der wiedervereinigten deutschen Gesellschaft wenig verbreitet und nie beliebt. 'Frieden schaffen ohne Waffen', so stellt sich Deutschland die Welt bis heute am liebsten vor. (...)
Erst angesichts des Schlimmsten ist Deutschland nun endlich zu jener 'Zeitenwende' bereit, die es zuvor noch mit allen Kräften zu vermeiden versucht hatte: Waffen an die Ukraine, Wirtschaftskrieg gegen Russland, Wiederaufrüstung der Bundeswehr. Sicherheit lasse sich in Europa nur gemeinsam mit Russland schaffen, lautete seit dem Fall der Mauer das Mantra in Berlin. Nun muss Deutschland mithelfen, Europa vor Putin in Sicherheit zu bringen."
"Corriere della Sera" (Mailand):
"Im geheimnisvollen und abgeriegelten Universum des Wladimir Putin war Lawrow bisher das Fenster zur Welt, der Mann für die diplomatischen Übersetzungen und Erklärungen der geopolitischen Ambitionen und Revanche-Obsessionen des Zaren. Er machte diesen Job immer mit einer Professionalität, wechselte zwischen Härte und Schmeicheleien, Drohungen und Kompromissen, und manchmal gelang es ihm, den Übereifer seines Chefs zu bremsen. Er galt manchmal sogar als 'Friedenstaube', was er tatsächlich aber nie war.
Es gibt aber keinen Zweifel, dass ihn die Ukraine-Krise ausgebremst und das Seil zerschnitten hat, auf dem er sich wie ein guter Artist bewegt hatte als wichtigster Mann der russischen Außenpolitik. Es wissen alle, in Moskau und in den Hauptstädten der Welt, dass Lawrow gegen einen Militärschlag war. Und dass seine Zweifel von Putin und von Verteidigungsminister Sergej Schoigu ignoriert wurden.
In den ersten Tagen der Invasion war der sonst omnipräsente Lawrow von der Bildfläche verschwunden. Als er gestern wieder auftauchte, um zu sagen, dass eine Lösung gefunden werden wird, hat er sich plötzlich für alles verbürgt und sogar jene Lügen verbreitet, mit denen er die Schuld am Blutvergießen durch die russischen Bomben in den ukrainischen Städten dem Westen zuschieben will."
"De Tijd" (Brüssel):
"Auch 2015 gab es eine große Welle der Solidarität mit bedrängten Menschen, die sich in dem traurigen Bild des ertrunkenen dreijährigen Buben Alan Kurdi kristallisierte. Schon bald jedoch schlug die kollektive Ergriffenheit in die Befürchtung um, Europa habe die Kontrolle über seine Flüchtlingspolitik verloren.
Die große Gefahr besteht darin, dass sich dies wiederholt. Dass der Krieg in der Ukraine zu Aussichtslosigkeit führt und die Flüchtlinge zu Recht darum bitten, in der EU bleiben zu dürfen, und dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen, zu wählen, in welchem Land mit welcher sozialen Sicherheit sie dies tun wollen. Und das in einer Zeit, in der sich die Asylpolitik ohnehin seit Jahren in der Krise befindet und die Migrationspolitik wieder einmal in der Klemme steckt. Um dieses Szenario zu vermeiden, sind besser durchdachte Vereinbarungen erforderlich, die dann auch besser eingehalten werden müssen als beim letzten Mal."
"El Mundo" (Madrid):
"Die Tragödie, die durch den imperialistischen Wahnsinn von (Kreml-Chef Wladimir) Putin ausgelöst wurde, eröffnet eine Front, die nicht weniger beunruhigend ist als die militärische oder die wirtschaftliche. Es handelt sich um die humanitäre Krise. In der ersten Woche des Krieges wurden fast eine Million Menschen vertrieben. Eine so massive Abwanderung in so kurzer Zeit wurde zuletzt im Zweiten Weltkrieg verzeichnet. Diese Migrationskrise stellt für Europa eine noch größere Herausforderung dar als der Krieg in Syrien. (...)
Wir Europäer können nicht wegschauen, wenn Massen von Flüchtlingen, die vor dem Krieg fliehen, über den Kontinent ziehen und Asyl suchen. Die Reaktion aller EU-Länder, einschließlich von Polen und Ungarn, ist lobenswert. Diese Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen macht die Union noch bedeutender und größer: Sie ist und muss vor allem eines sein: eine moralische Idee des Zusammenlebens."
"Svenska Dagbladet" (Stockholm):
"Je länger der Krieg dauert, desto schlimmer wird es für Putin, aber die Ukraine wird unerhört leiden. Zwei unterschiedliche Ergebnisse scheinen möglich. Eines davon ist, dass Putin die Ukraine zurück in die Steinzeit bombt. Das andere ist, dass einige vernünftigere russische Kräfte seine Gräueltaten stoppen. Aber wir haben keine Ahnung, ob solche Kräfte handeln können.
Die finanziellen Sanktionen des Westens sind außerordentlich hart und effektiv. Russische Aktien in London haben in zwei Wochen 98 Prozent ihres Wertes verloren. Der Rubel fällt wie ein Stein, was in hoher Inflation und einem großen wirtschaftlichen Abschwung resultieren wird. Die Situation sieht bereits schlimmer aus als 1998, als die Regierung innerhalb von einer Woche rausgeworfen wurde. Wir können schnelle politische Veränderungen erwarten, und die Frage ist, ob Putin es vermeiden kann, dafür beschuldigt zu werden. In solch einem Fall müsste er auf rein stalinistische Methoden zurückgreifen, die wir heute nicht ausschließen können."
"Duma" (Sofia):
"Auch nach einem oberflächlichen Lesen der russischen Militärdoktrin wird klar, dass der russische Blitzschlag gegen die Ukraine eine Folge auch der Münchner Äußerung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erst vor einer Woche ist. Vor den Teilnehmern des internationalen Forums hatte Selenskyj die Unvernunft zu erklären, dass er erwäge, den 'Atomstatus' der Ukraine wiederherzustellen - verstehe: die Ausrüstung der Streitkräfte mit einer Atombombe. (...)
Die atomare Offenbarung des ukrainischen Präsidenten wurde mit langem Applaus begrüßt - auch von dem NATO-Generalsekretär und von der US-Vizepräsidentin. Haben (Jens) Stoltenberg und Kamala Harris zu diesem Zeitpunkt an das fürchterliche Echo in Moskau gedacht? (...) Moskau nutzte sofort den Münchner Fauxpas von Selenskyj und begann einen regelrechten Krieg. Die Atomrede Selenskyjs war der letzte Tropfen für die russische Geduld."
"Pravda" (Bratislava):
"Viele Menschen reagieren schon übertrieben reizbar auf jede Bemerkung, die nicht in ihre Anschauungsblase passt. Und dabei geht es nicht nur um die russische Invasion in der Ukraine, sondern auch alles mögliche andere. Die Psyche jedes einzelnen von uns war in den vergangenen Jahren belastet. Aber statt der erhofften Entspannung erwarten uns erneut schwere Zeiten. (...) Das spielt den Söldnern des Informationskrieges in die Hände. Die Behörden in der Slowakei haben ihnen jetzt auf die Finger geklopft, indem sie ein neues Gesetz (gegen 'Desinformation') ausnutzten, um prorussische Propagandamedien zu blockieren.
Aber es werden sich neue Kanäle dafür finden. Das stellt nun die ganze EU vor eine neue Herausforderung: Wie weit können wir gehen? Schaffen wir es zu unterscheiden zwischen Absicht, Naivität und Meinungsvielfalt? Denn wenn wir zu weit gehen und ohne böse Absicht auch legitime oppositionelle Meinungen ausschalten, dann überschreiten wir eine Grenze und befinden uns mit dem Unterdrücken abweichender Meinungen dort, wo auch (Präsident Wladimir) Putins Russland steht."
(Quelle: apa)