Welt

Rätsel um Mikl-Leitners Aussagen zu Dublin-Rückschiebungen

Mikl-Leitner sorgt für Verwunderung
Veröffentlicht: 26. September 2015 10:21 Uhr
"Mehr als 5.000" Asylsuchende will Österreich nach Angaben von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) seit Jahresbeginn gemäß der Dublin-Verordnung in andere EU-Staaten - meist Rumänien und Bulgarien - zurückgeschoben haben. Ein Blick auf Statistiken lässt angesichts Mikl-Leitners Aussagen jedoch Verwunderung aufkommen. Würde dies doch eine Verzwölffachung der Dublin-Rückschiebungen bedeuten.

Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass jenes Land für Asylsuchende zuständig ist, wo diese erstmals europäischen Boden betreten haben. Die Regelung wird seit Jahren kritisiert, weil sie Staaten an den EU-Außengrenzen, wie Griechenland und Italien, besonders stark in die Pflicht nimmt. In den vergangenen Monaten hat sich zudem herausgestellt, dass Dublin großteils wirkungslos geworden ist: Einerseits weil Griechenland und Italien ankommende Schutzsuchende ganz einfach nicht mehr registrieren, um Rückschiebungen zu entgehen. Andererseits weil Dublin-Überstellungen mit einem enormen administrativen Aufwand verbunden sind und deshalb nur ein Bruchteil der beantragten Rückführungen tatsächlich durchgeführt wird.

Dies belegen auch Statistiken des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl: Bis Ende Juni wurde demnach in 3.956 Fällen eine Rückführung beantragt, tatsächlich durchgeführt wurde sie im selben Zeitraum aber nur 728 Mal. Das ergibt rund 121 Dublin-Rückführungen monatlich.

Vergangenen Donnerstag sprach Mikl-Leitner beim CSU-Treffen im bayerischen Kloster Banz aber nun von "mehr als 5.000" Rückführungen seit Jahresbeginn. Das würde bedeuten, dass in den drei Monaten Juli, August und September mindestens 4.272 Asylwerber in andere EU-Staaten zurückgeschoben wurden. Macht 1.424 Menschen monatlich, also 11,77 Mal so viele wie in den Monaten zuvor.

Nun ist es natürlich so, dass auch die Zahl der Asylanträge zuletzt stark gestiegen ist. Während bis Ende Juni insgesamt 28.311 Menschen und damit durchschnittlich 4.719 monatlich in Österreich Schutz suchten, stieg ihre Zahl bis vergangenen Dienstag (22. September) nach Angaben des Innenministeriums auf 52.464. Das ergibt durchschnittlich jeweils 8.051 Asylanträge für die Monate Juli, August und September, also 1,71 Mal so viele wie in den Monaten zuvor.

Das würde somit bedeuten, dass die Zahl der Dublin-Rückschiebungen zehn Mal so stark gestiegen ist, wie die Zahl der Asylanträge. Einzige Erklärung für diese überproportionale Zunahme wäre die umstrittene Ankündigung der Innenministerin von Ende Juni, künftig vorrangig "Dublin-Fälle" bearbeiten und alle anderen Asylverfahren liegen zu lassen, um "den Asylexpress Österreich" zu stoppen. Allerdings hat Mikl-Leitner dies zwischenzeitlich gegenüber der ZiB2 wieder zurückgenommen, nachdem Ende August die Leichen von 71 Flüchtlingen in einem Kühltransporter auf der Ostautobahn (A4) entdeckt worden waren.

(Quelle: salzburg24)

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