In der Debatte meldet sich nun die Islamische Glaubensgemeinschaft zu Wort. "Musliminnen und Muslime dürfen nicht zum Spielball politischer Interessen gemacht werden", heißt es in einer Aussendung am Mittwoch. Die IGGÖ fordert nun eine rasche und umfassende Aufklärung der Vorgänge.
Laut IGGÖ handle es sich um eine vom Integrationsministerium bestellte Studie, "die gewissen politischen Interessen nutzbar gemacht werden sollte." Inhaltliche Änderungen seien vorgenommen worden, um "bestehende Ressentiments in Feindbilder" umzuwandeln. Äußerst bedenklich nennt die Glaubensgemeinschaft das Verhalten des Wissenschafters Aslan und des Integrationsministeriums, das die "Rufschädigung einer ganzen Bevölkerungsgruppe anzettelt."
Islam-Theologe Khorchide nimmt Aslan in Schutz
Der österreichische Islam-Theologie Mouhanad Khorchide nimmt seinen Kollegen Ednan Aslan in Schutz. Statt die Wissenschaftlichkeit der Studie infrage zustellen, sollte man lieber über Verbesserungsbedarf in islamischen Kindergärten reden, erklärte Khorchide.
"Die Studie weist zum Teil auf alarmierende Zustände an manchen Kindergärten hin. Statt sich mit den eigentlichen Fragen nach der Qualität dieser Kindergärten und deren Bildungsauftrag auseinanderzusetzen, wird die Debatte seitens derer, denen die Ergebnisse der Studie zu negativ erscheinen, personifiziert", so Khorchide, der 1989 aus Palästina nach Österreich kam, hier studierte und inzwischen das Zentrum der Westfälischen Wilhelms-Universität im deutschen Münster leitet.
Die Kritik an der Kindergartenstudie kann Khorchides deshalb nicht nachvollziehen. Auch wenn es sich um eine Auftragsstudie handelt, sei es üblich und legitim die Ergebnisse mit dem Auftraggeber vor Veröffentlichung zu besprechen. "Letztendlich verantwortet der jeweilige Wissenschafter die Inhalte seiner Studie."
Steirische ÖVP stärkt Kurz den Rücken
Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl und der steirische Landesrat Christopher Drexler (beide ÖVP) stärkten Kurz den Rücken: Nagl findet es wichtig, dass das Thema aufgegriffen wurde, wenngleich ähnliches in Graz nicht passieren könnte. Drexler ist es wichtig, dass mit der Fälschungsdiskussion nicht vom Thema abgelenkt wird.
Nagl ärgerte sich, dass nun schon wieder diskutiert werde, über etwas, das in Wien leider existiert, weil "man die Verantwortung für die Erziehung von Kindern einfach Personen überantwortet hat, die damit nicht umgehen können". Das sei eine Tatsache und daher halte er die Debatte über eine mögliche Fälschung für "mehr als entbehrlich".
Vassilakou: "Tiefer geht es nicht mehr"
Die Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) erwartet sich Konsequenzen für die Betroffenen - falls sich bestätigt, dass die Studie zu Islam-Kindergärten nachträglich manipuliert bzw. umgeschrieben worden ist. Dann wären mit parteipolitischem Kalkül "Fake-News" auf Steuerzahlerkosten fabriziert worden, befand sie am Dienstag im Gespräch mit der APA: "Tiefer geht es nicht mehr."
Unterstützung aus Oberösterreich
Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) stellt sich in der Debatte hinter ÖVP-Chef Sebastian Kurz. "Für mich ist das leider wieder typisch österreichisch. Statt über die wahre Herausforderung, nämlich die Integration und Qualität in Kindergarteneinrichtungen, zu reden, wird jetzt an Details herumdiskutiert", sagte Stelzer zur APA.
Die Vorwürfe kann Stelzer nicht nachvollziehen. "Kein Mensch, schon gar nicht unser Außenminister, hat ein Interesse daran, in fachliche Expertisen etwas hineinzudeuteln", meinte Stelzer.
"Man soll sich um das Wesentliche kümmern, nämlich dass Integration funktioniert." Es gehe nicht an, dass Kinder in separierten und abgeschotteten Einrichtungen aufwachsen.
— Ednan Aslan (@ednanaslan) 5. Juli 2017
Gudenus attackiert Außenminister Kurz
Der Vizebürgermeister der Stadt Wien, Johann Gudenus, wirft Kurz Heuchelei vor. Dies geht aus einem Interview hervor, das das zum russischen Nachrichtennetzwerk gehörende RT France am Mittwoch veröffentlichte. Auf die Frage, ob er einen Finanzierungsstopp der "islamischen Kindergärten" befürworte, antwortet Gudenus: "Das tue ich gewiss. Aber ich frage mich, warum der Außen- und Integrationsminister seine Meinung geändert hat. War es nicht seine Partei, die für die Finanzierung dieser Kindergärten und Schulen stimmte? Für Wahlzwecke ändert er jetzt seine Meinung und übernimmt gewisse Programmpunkte der Freiheitlichen Partei."
Kern stellt sich hinter Kurz
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat sich am Mittwoch Sebastian Kurz gestellt. Vor Journalisten zeigte sich der SPÖ-Vorsitzende überzeugt, dass der ÖVP-Obmann nicht persönlich in Manipulationen verwickelt sei.
Aslan und Kurz beteuerten, dass sämtliche Änderungen nach Anleitung des Forschers durchgeführt worden seien. SPÖ-Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky, die Bundes-Grünen sowie die Hauptstadt-NEOS kritisierten den Minister indes heftig. Die Uni Wien will prüfen, inwieweit bei der betreffenden Studie "die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis" eingehalten wurden.
(APA)
(Quelle: salzburg24)