Unter der Rote-Khmer-Herrschaft kamen von 1975 bis 1979 rund 1,7 Millionen Menschen ums Leben. Überlebende, Opferangehörige und Menschenrechtler feierten das Urteil als Triumph. Amnesty International lobte die Empfehlung des Gerichts, die Opfer zu entschädigen.
Die Verteidiger waren dagegen enttäuscht. Sie hatten Freisprüche gefordert und kündigten Berufung an. "Unser Mandant war nicht überrascht. Er hatte kein Vertrauen in das Gericht, und er wurde in seinem Argwohn heute bestärkt", sagte Nuons Anwalt Victor Koppe. "Das sollte ein Prozess gegen zwei Individuen sein, nicht gegen ein ganzes Regime", sagte Khieus Anwältin Anta Guisse. Ihre Mandanten trügen keine Verantwortung für das Geschehene.
Richter Nil Nonn beschrieb, wie die Roten Khmer am 17. April 1975 beim Einmarsch in Phnom Penh als Befreier gefeiert wurden, innerhalb von Stunden mit dem Befehl zur Zwangsräumung aber ihr wahres Gesicht zeigten. Bei den Gewaltmärschen kamen 20.000 Menschen durch Erschöpfung, Hunger und Krankheiten um oder wurden umgebracht.
"Leichen säumten die Straßen", sagte der Richter, "ein Baby, das weinend auf der Leiche seiner Mutter herum kroch, wurde zerrissen." 250 Soldaten, die sich ergeben hatten, "wurden ermordet und mit dem Bulldozer in einen Teich geschoben". Die Angeklagten seien als Teil des Führungszirkels für diese Politik mitverantwortlich gewesen.
"Das Gericht befindet Nuon Chea wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit für schuldig, darunter Ausrottung einschließlich Mord, politische Verfolgung und inhumane Akte, darunter Zwangsvertreibung, Verschwindenlassen und Angriffe auf die menschliche Ehre." Das wortgleiche Urteil erging gegen Khieu Samphan.
Es ist erst das zweite Urteil des seit acht Jahren bestehenden Tribunals. Dieses hat bereits 140 Millionen Euro verschlungen und wurde von mehreren Skandalen erschüttert. Zwei Untersuchungsrichter verließen ihre Posten unter Protest gegen "Einmischung der politischen Führung" Kambodschas. Der seit fast 30 Jahren herrschende Ministerpräsident Hun Sen war anfangs selbst Roter Khmer. Er torpediert jeden Versuch des Tribunals, Verantwortliche aus der zweiten Reihe zur Rechenschaft zu ziehen.
Verurteilt wurde vor Nuon Chea und Khieu Samphan nur Kaing Guek Eav, Chef des Foltergefängnisses Tuol Sleng. Er bekam lebenslange Haft. Gegen die beiden jetzt Verurteilten läuft bereits ein zweiter Prozess: unter anderem wegen Völkermord und Säuberungen. Die Verteidiger kündigten einen Antrag an, die Richter auszuwechseln. Das Urteil zeige, dass sie gegen die Angeklagten voreingenommen seien.
(Quelle: salzburg24)