Machtwechsel

Rückkehr inhaftierter IS-Kämpfer aus Syrien befürchtet

Veröffentlicht: 13. Dezember 2024 14:36 Uhr
Eine unkontrollierte Rückkehr von derzeit noch in syrischen Gefängnissen inhaftierten IS-Kämpfern droht nach dem Sturz des Machthabers Bashar al-Assad in Syrien, warnen Islamismusexperten.

"Die Gefahr, dass die Lage nächstes Jahr unsicherer wird und Terroristen aus den Gefängnissen freikommen, ist sehr real", sagte Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Auch der österreichische Terrorexperte Nicolas Stockhammer sieht diese Gefahr.

Das österreichische Außenministerium weiß derzeit von weniger als zehn Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft in Lagern in Syrien. "Rund die Hälfte davon sind Kinder", hieß es auf APA-Anfrage.

"Wiederauferstehung des IS"

Die Ereignisse in Syrien hätten "großes Potenzial, eine Welle an Rückkehrern ehemaliger IS-Kämpfer nach Europa zu bringen, auch nach Österreich", sagte Stockhammer im Gespräch mit der APA. In Lagern, die unter der Kontrolle des von den USA unterstützten, kurdisch angeführten SDF-Bündnisses stehen, gebe es "durchaus Personen, die wahrscheinlich für den IS gekämpft haben und auch die Kinder von IS-Kämpfern, die vermutlich Radikalisierung ausgesetzt waren", ergänzte der Terrorismus- und Extremismusforscher der Donau-Uni Krems. Denkbar sei aber auch, dass der IS nun eine Chance wittere, sich in Syrien erneut zu positionieren.

Auch der Politikwissenschafter Thomas Schmidinger schließt Auswirkungen der Ereignisse in Syrien auf die Sicherheitslage in Österreich nicht aus. In einschlägigen Kommunikationskanälen könne man derzeit beobachten: "Auch österreichische Jihadisten beobachten die Lage in Syrien genau", sagte er den "Salzburger Nachrichten" (Freitag-Ausgabe). Dass es aber zu so einer massiven Ausreisewelle wie ab dem Jahr 2014 kommen wird, sehe er derzeit nicht.

Schmidinger rechnet "mit einer Wiederauferstehung des IS", erklärte er weiter. "Wenn Söldner die Gefängnisse unter ihre Kontrolle bringen, könnte passieren, was schon einmal im Oktober 2019 der Fall war, nämlich dass sehr viele IS-Kämpfer freikommen", sagte der Nahost-Experte, der unter anderem an der Universität Wien lehrt. "Dann haben wir Tausende Gefolgsleute des 'Islamischen Staats', die auch noch immer voll ideologisiert sind, auf freiem Fuß".

Es kursierten schon erste Bilder, auf denen Angehörige dieser sogenannten Syrischen Nationalarmee Abzeichen des 'Islamischen Staats' tragen, "also jener Terrororganisation, die einst ein Kalifat in Syrien errichten wollte und dort wie in Europa zahlreiche Anschläge verübt hat", berichtete Schmidinger. "Wenn der Bürgerkrieg in Syrien fortgesetzt wird und jihadistische Gruppen eine Aufwertung erfahren, kann das auch internationale Jihadisten mobilisieren."

Trump könnte US-Truppen aus Syrien abziehen

"In den kurdischen Gefängnissen unter US-Aufsicht sitzen etwa 9.000 Kämpfer, davon rund 2.000 Ausländer", sagte Steinberg dem Magazin "Stern" laut Vorausmeldung vom Freitag. US-Präsident Joe Biden habe zwar den Einsatz amerikanischer Truppen gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) zugesagt. Doch schon ab Ende Jänner könnte der dann als Staatschef amtierende Donald Trump US-Truppen abziehen.

Mit den Ereignissen der vergangenen Tage in Damaskus und dem Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl Anfang November sei die Gefahr "enorm gewachsen", dass diese freikämen, sagte der Experte weiter. "Die ausländischen Kämpfer hätten schon vor Jahren in ihre Heimatländer zurückgeführt und dort vor Gericht gestellt werden müssen."

So hätten es etwa die USA und die Kurden immer wieder gefordert, fuhr Steinberg fort. Die letzten beiden deutschen Regierungen aber hätten "versucht, das Problem auszusitzen". Bald könnte es für eine kontrollierte Rückführung zu spät sein - wenn die Terroristen wieder auf freiem Fuß seien. Manche könnten nach Deutschland zurückkehren, sagte Steinberg.

Salzburgerin Maria G. mit Kindern vor Rückkehr

Zurückholen aus syrischer Gefangenschaft muss Österreich nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) die Salzburgerin Maria G. und ihre zwei Kinder. "Wir setzen unsere Bemühungen zur Umsetzung des Erkenntnisses fort und arbeiten an der Rückführung", erklärte das Außenministerium am Freitag auf Anfrage. "Die aktuellen Entwicklungen in der Region erschweren die Situation natürlich. Die Sicherheit des österreichischen Einsatzteams und der Zurückzuholenden hat für uns oberste Priorität."

Die islamistische Gruppierung Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten nach ihrer am 27. November begonnenen Großoffensive am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen und den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Assad gestürzt. Assad setzte sich ins Ausland ab. Das SDF-Bündnis spielte eine entscheidende Rolle beim militärischen Sieg über den IS in Syrien im Jahr 2019.

(Quelle: apa)

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