Der Mann, der unter einem falschen Namen in Wien gelebt und bei einer Baufirma gearbeitet hatte, war im vergangenen Februar nach einem gezielten Hinweis von einer Sondereinheit der Polizei festgenommen worden. Er soll in Sibirien der berüchtigten "Trunov-Brigade" angehört haben und neben Auftragsmorden auch für Schutzgeld-Erpressungen, Waffenhandel und Bestechung von Amtsträgern verantwortlich gewesen sein, ehe er sich ins Ausland absetzte.
Der 38-Jährige bestreitet das. Er sieht sich dagegen als Kritiker, der Korruption aufgedeckt habe und dafür nun von der russischen Justiz "mundtot" gemacht werden soll. "Ich bin nicht schuldig. Das was mir von russischer Seite vorgeworfen wird, trifft nicht zu", betonte er heute im Justizpalast. Sollte er ausgeliefert werden, "würde das meinen Tod bedeuten".
Das Wiener Straflandesgericht hatte im Juli die Auslieferung für zulässig erklärt. Dagegen legte Anatoly R. Beschwerde ein, mit der sich das Wiener Oberlandesgericht (OLG) auseinanderzusetzen hatte. Die Entscheidung wurde vertagt. Der Senat will vorher eine Stellungnahme der österreichischen Botschaft in Moskau zu den Justiz- und Haftbedingungen in Russland einholen.
Darüber hinaus soll abgeklärt werden, ob einer der vom Auslieferungsbegehren umfassten Mordanschläge - das Opfer hatte das Attentat vom November 2002 überlebt - seitens Russland zu Unrecht gegen Anatoly R. geltend gemacht wird. Angeblich soll dieses Faktum bereits 2007 eingestellt worden sein und dürfte dem 38-Jährigen daher nicht mehr vorgeworfen werden.
Wann das Auslieferungsverfahren fortgesetzt wird, ist offen. Termin wurde keiner festgelegt. Anatoly R. bleibt in Auslieferungshaft.
Seine Rechtsvertreter Liane Hirschbrich und Elmar Kresbach hatten im Rahmen der öffentlichen Verhandlung im Justizpalast nachdrücklich davor gewarnt, dem Ansinnen Russlands stattzugeben. Die Verdachtslage gegen seinen Mandanten sei "sehr dubios", die von der russischen Generalstaatsanwaltschaft eingebrachte Anklageschrift eigne sich als "Recherche für einen Film", biete aber "keine stichhaltigen, konkreten Beweise", sagte Kresbach. Vielmehr habe Anatoly R. einen hohen sibirischen Polizeibeamten wegen Korruption auffliegen lassen und müsse nun um "seine Gesundheit, seine körperliche Unversehrtheit, sein Leben" fürchten.
(Quelle: salzburg24)