Bei Protesten gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Woche in Dresden hatte sich ein Demonstrant lautstark gegen ZDF-Filmaufnahmen gewehrt und den Journalisten vorgeworfen, eine Straftat zu begehen, indem sie ihn filmten. Daraufhin kontrollierte die Polizei das ZDF-Team, das erst nach einer Dreiviertelstunde wieder seiner Arbeit nachgehen konnte. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Demonstranten um einen Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamts (LKA) handelte.
Video vom Pegida-Vorfall geht viral
Ein Videoausschnitt von dem Geschehen machte rasch im Internet die Runde und löste eine deutschlandweite Debatte über eine Einschränkung der Pressefreiheit durch die Polizei aus. FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle forderte Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf, sich einzuschalten. "Es ist unerhört, dass er sich noch nicht zu den Vorgängen in Sachsen geäußert hat. Daraus spricht auch eine Ratlosigkeit und Ohnmacht gegenüber den Vorgängen, die unverantwortlich ist", sagte Kuhle der "HuffPost" und sprach von einer "Entfremdung eines Teils unserer Sicherheitsbehörden vom Rechtsstaat und der grundgesetzlichen Ordnung".
Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages eine rasche Aufklärung zugesichert. Zudem sollten Maßnahmen gegen den LKA-Mitarbeiter geprüft werden. Der mit einem Deutschlandhut bekleidete Demonstrant arbeitet nach übereinstimmenden Medienberichten als Angestellter im Dezernat Wirtschaftskriminalität und soll somit Zugriff auf sensible Ermittlungsdaten haben. Er sei Buchprüfer bei Ermittlungen in komplexen und schweren Straftaten und habe daher Zugriff auf das polizeiliche Erfassungssystem IVO, berichtete der Sender MDR. Das LKA wollte mit Verweis auf den Datenschutz keine Angaben machen.
Verbindungen zur rechten Szene?
Nach MDR-Angaben überprüft das LKA derzeit selbst, welche Verbindungen der Mitarbeiter zur rechten Szene in Freital hat. Der LKA-Mitarbeiter hatte das ZDF-Team laut MDR gemeinsam mit dem Gründer einer asylkritischen Freitaler Bürgerinitiative bei der Arbeit gestört - letzterer wiederum habe dann eine Anzeige gegen den ZDF-Journalist gestellt.
FDP-Politiker Kuhle sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag), zur vollen Transparenz gehöre auch, "dass die Öffentlichkeit erfährt, welche Tätigkeit der Mann ausgeübt hat". SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka betonte im "Handelsblatt" (Freitag): "Ich halte es für schwierig, dass jemand, der Lügenpresse schreit und erkennbar ein Problem mit der Pressefreiheit hat, für die Polizei arbeitet."
"Polizeibeamten haben sich korrekt verhalten"
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, verteidigte das Vorgehen seiner Kollegen. "Die Polizeibeamten haben sich korrekt verhalten", sagte er der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Freitag). "Die Überprüfung des Fernsehteams hat 45 Minuten gedauert, nicht weil die Polizei das so wollte, sondern weil die Journalisten und Kameraleute das in die Länge gezogen und sich nicht kooperativ gezeigt haben." Zudem habe der Vorwurf einer Straftat im Raum gestanden.
Rechtlich alles in Ordnung
Nach Einschätzung einer Juristin muss jemand, der in Deutschland zu einer Demonstration oder einer Versammlung geht, mit Presse-Aufnahmen rechnen. Journalisten seien dazu berechtigt, Versammlungen abzulichten, sagte die Strafrechtlerin Lea Voigt der Deutschen Presse-Agentur. Dazu müssten sie "nicht jeden Versammlungsteilnehmer erst um Erlaubnis fragen, ob Fotos oder Videoaufnahmen veröffentlicht werden dürfen". Das gelte auch dann, wenn einzelne Personen in der Versammlung erkennbar seien.
(APA)
(Quelle: salzburg24)