Dass Griechenland in eine "unmittelbare Pleite" schlittert, weil es die heute fällige IWF-Rate nicht zahlt, glaubt Schelling nicht. Als nächstes sehe das Prozedere eine Zahlungsaufforderung durch den Währungsfonds vor, das beinhalte eine 14-tägige Frist. "Der nächste Schritt ist nicht eine automatische Pleite", so der Finanzminister. Auch um die gemeinsame europäische Währung mache er sich keine Sorgen, man habe alle nötigen Vorkehrungen getroffen und erwarte keine Auswirkungen: "Der Euro ist stark."
Einmal mehr übte Schelling scharfe Kritik an der griechischen Regierung. Diese habe die Verhandlungen "offensichtlich als eine Art Pokerspiel betrachtet" und habe den "Verhandlungstisch schlagartig verlassen". Der Versuch, durch die Ankündigung des Referendums "den Druck auf die Eurogruppe zu erhöhen", sei aber gescheitert. Und dass das Hilfsprogramm nicht verlängert wird und somit heute auslaufen soll, sei "eine Art Befreiungsschlag" aus dieser Situation. "Wir haben alles versucht", so Schelling. "Ich bin sehr frustriert und auch ein bisschen zornig."
Den Referendums-Plan bezeichnete er als "kurios". Es gebe den "Versuch, Griechenland zurück an den Verhandlungstisch zu holen", aber "allzu zuversichtlich bin ich nicht", sagte der Finanzminister. Und klar sei auch: Wenn das Hilfsprogramm ausläuft, "kann es nicht weiterverhandelt werden" - denn dann sei es eben beendet.
Das Fazit der Regierung nach den Beratungen mit Nowotny lautete, dass allfällige mittel- und langfristige Auswirkungen auf Österreich schwer abschätzbar seien, sagte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht eine Gefahr im sensiblen Markt und möglichen irrationalen Reaktionen.
Die Regierungsspitze legt kein Verständnis für die griechische Vorgangsweise an den Tag. Niemand habe erwartet, dass die "griechischen Verhandler aufstehen" und ein Referendum ansetzen, so Faymann am Dienstag nach einer ungewöhnlich langen Regierungssitzung. Damit sei der ursprünglich auf beiden Seiten vorhandene gute Wille "von einer Seite abgebrochen worden".
Es entziehe sich auch seiner Logik, wie ein Referendum, bei dem die dortige Regierung um Ablehnung wirbt, zu einem Erfolg kommen solle. "Die griechische Regierung hat diese Verantwortung zu tragen", sagte der Bundeskanzler. Die EU bzw. Euro-Partner stünden "bereit bis zur letzten Minute", erklärte Faymann weiters, ist aber wenig zuversichtlich: "Eine Chance gibt es immer, aber ich sehe sie nicht besonders groß." Nach dem Referendum werde man schauen, "welche Möglichkeiten haben wir".
Über mittel- und langfristige Folgen für Österreich könne man noch nichts sagen, "unangenehme Entwicklungen" seien aber möglich, warnte Faymann. Daher müsse auch alles getan werden, um "jede Art von Pleite, von Konkurs" Griechenlands zu verhindern. "Zur Stunde nicht abzusehen" seien auch allfällige Auswirkungen auf Haftungen, die Österreich abgegehen habe.
Mitterlehner richtete ebenfalls kritische Worte in Richtung griechischer Regierung, da man "doch mit einigen Irrationalitäten konfrontiert" worden sei, "die einfach eine griechische Tragödie insgesamt ergeben". Er sei vergangene Woche noch recht zuversichtlich für eine Einigung gewesen, blickte er zurück. Von der griechischen Regierung sei er nun "sehr enttäuscht". Mitterlehner hat offenbar wenig Hoffnung für eine Lösung: "Der point of no return scheint mir jetzt mit morgen überschritten."
Eine "Ansteckungsgefahr" für Österreich sollte nach Expertenmeinung "grosso modo nicht passieren", sagte der Vizekanzler. Allerdings müsse man "die Irrationalitäten einigermaßen in den Griff" kriegen, und zwar auf den Kapitalmärkten, die "sehr sensibel" seien. Man gehe nun "Richtung Neuland", es gebe keine Erfahrung mit Pleiten bzw. EU-Ländern in Konkursgefahr.
Mit der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands werden für das österreichische Budget rund 8 Mrd. Euro an Haftungen schlagend, erwartet FPÖ-Budgetsprecher Elmar Podgorschek. Je länger man noch zuwarte, umso teurer werde es für die Steuerzahler. "Die EU wurde als Geldeintreiberin der Banken missbraucht", meint Podgorschek. Das Rettungspaket sei weder dem griechischen Staat noch dem griechischen Volk zu Gute gekommen, "sondern ausschließlich privaten Kreditgebern, die sich verzockt haben".
(Quelle: salzburg24)