Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wurde nach Angaben seiner Sprecherin Dienstagfrüh von Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) über dessen bevorstehenden Rücktritt informiert. Stellung nehmen wird der Kanzler dazu im Pressefoyer nach dem Ministerrat, das er diesmal allein bestreiten wird: Spindelegger wird am Ministerrat nach Angaben seiner Sprecherin nicht mehr teilnehmen.
Die Kritik an Spindelegger als ÖVP-Chef und Finanzminister wurde in den letzten Tagen auch aus den eigenen Reihen immer lauter. Zuletzt forderte der Tiroler Arbeiterkammer-Präsident Erwin Zangerl den Rücktritt.
Grund für Rücktritt: Steuerreformdebatte
Spindelegger begründet seinen Rücktritt mit der aktuellen Steuerreformdebatte. Hier habe er Loyalität und Paktfähigkeit vermisst. "Loyalität und Paktfähigkeit fordere ich von allen ein, auch vom Regierungspartner." "Wir sind an einem Punkt angelangt, wo ich mir schuldig bin, diesen Schritt zu setzen", begründete Spindelegger seinen Rücktritt. Die Entlastung der Steuerzahler sei nötig, aber "zum richtigen Zeitpunkt", so der Finanzminister mit Verweis auf den nach wie vor hohen Staatsschuldenstand.
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Spindelegger: Parteiinterne Kritik ausschlaggebend
Die unterschiedlichen Standpunkte zur Steuerreform mit dem Koalitionspartner hätte er noch durchgestanden, erklärte Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), aber auch aus der eigenen Partei würden nun jene die Oberhand gewinnen, die "auf den Populismuszug" aufspringen. "Wenn der Zusammenhalt nicht mehr da ist, ist auch der Moment gekommen, das Ruder zu übergeben", meinte Spindelegger bei der Pressekonferenz.
Eine Steuerreform jetzt wäre nur mit neuen Schulden oder neuen Steuern möglich, das sei für ihn nicht gangbar, betonte Spindelegger. Alle Regierungsmitglieder, Landeshauptleute und Abgeordnete würden die Zahlen zum Schuldenstand kennen. "Ehrlichkeit gegenüber den Menschen ist mir besonders wichtig.
Spindelegger seit 2011 an ÖVP-Spitze
Spindelegger ist seit 2011 Vizekanzler und ÖVP-Obmann. Dem Finanzministerium steht er seit Dezember 2013 vor.
Über seine Jahre an der Parteispitze resümierte Spindelegger, dass diese "sicher keine einfachen" waren. Er hob allerdings u.a. ein respektables Ergebnis bei der Nationalratswahl und die Bestätigung des ersten Platzes bei der EU-Wahl unter seiner Führung hervor. Auch mit seinen Leistungen im Finanzressort ist Spindelegger "durchaus zufrieden". Er habe sicher Fehler gemacht und den einen oder anderen vielleicht beleidigt, gekränkt oder verletzt, dafür wolle er sich entschuldigen. Dies sei sein letzter Auftritt vor den Medien, sagte Spindelegger, bevor er sich - ohne Frage zuzulassen - verabschiedete. Seine Nachfolge blieb damit vorerst offen.
(APA)
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(Quelle: salzburg24)