Der Bub, der bereits den Hals des Vaters gepackt und diesen zu Sturz gebracht hatte, als dieser der 35-Jährigen zunächst einen Faustschlag verpasste, griff selbst nach einem Messer, nachdem der Taxifahrer sich laut Anklage aufgerappelt hatte und mit einem Küchenmesser auf die Frau einzustechen begann. "Ich wollte nur, dass er aufhört", sagte der Elfjährige als Zeuge zu seinen Beweggründen. Er habe dem Vater daher "sicher nur einmal" in den Rücken gestochen, gab der Schüler zu Protokoll.
Der Vater wies allerdings zwei Verletzungen im Rücken und darüber hinaus zwei weitere Einstiche im Brust und Schulterbereich auf. Der 57-Jährige bekannte sich "nicht schuldig" und behauptete, letztere hätte ihm seine Freundin zugefügt, "weil ich sie geschlagen habe". Erst daraufhin habe er sich bewaffnet und zwei oder drei Mal zugestochen: "Ich hatte Angst, dass sie weiter zusticht." Die Frau wurde drei Mal am Kopf getroffen, wobei die Klinge abbrach und teilweise in der Schädeldecke stecken blieb.
Auf die Frage, warum er das bisher nicht erzählt habe, erwiderte der Angeklagte: "Ich habe geglaubt, sie versöhnt sich. Ich wollte sie nicht belasten." Grundsätzlich merkte er noch an, die Frau habe ihn "ausgenutzt" und als "Sprungbrett" gebraucht: "Wie sie mit der Schule (gemeint: die Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester, Anm.) fertig war, da hat sie mich nicht mehr gebraucht."
Die Frau gab demgegenüber an, seit geraumer Zeit an der unbegründeten Eifersucht ihres Lebensgefährten und damit verbundener Verdächtigungen gelitten zu haben: "Er hat fieberhaft nach einer Affäre gesucht. Jeder Mann in meinem Umfeld war verdächtig." Als der 57-Jährige im Internet bei einer Weihnachtsfeier entstandene Fotos entdeckte, welche die Frau mit männlichen Tischnachbarn zeigten, sei die Situation untragbar geworden. Selbst zugestochen zu haben, stellte sie entschieden in Abrede. Sie habe "zu keinem Zeitpunkt ein Messer in der Hand gehabt". Sie hätte "gar keine Möglichkeit und keine Zeit gehabt", nach einem zu greifen, bemerkte sie.
Gerichtsmediziner Christian Reiter hielt es für unwahrscheinlich, dass sich der Angeklagte die Verletzungen an Brust und Schulter selbst zugefügt hatte. Er bezeichnete es als "nicht unrealistisch", dass der Elfjährige für alle vier Stiche verantwortlich war. Der 1,70 Meter große Bub müsste in diesem Fall mit der linken Hand auch noch von hinten das Messer zwei Mal über die Schultern des Vaters hinweg gegen die Vorderseite des 57-Jährigen geführt haben. Für Reiter war das insofern vorstellbar, als der Bub Linkshänder ist und jenem diese Stichführung "technisch möglich" gewesen wäre. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Schüler zugebilligt, in Notwehr gehandelt zu haben - gegen ihn wurde daher nicht weiter vorgegangen. Infolge seiner Strafunmündigkeit wäre er strafrechtlich auch gar nicht zu belangen gewesen. Ursprünglich war auch gegen die Mutter ermittelt worden. Dieses Verfahren wurde eingestellt, weil die Anklagebehörde angesichts der Beweislage nicht davon ausging, dass die 35-Jährige hingestochen hatte.
Verteidiger Rudolf Mayer kritisierte in ungewohnt scharfen Worten die Polizeiarbeit, die es schwer möglich mache, die tatsächlichen Abläufe zu rekonstruieren. Die Tatortgruppe des Landeskriminalamts habe sich geweigert, "wegen so einer G'schicht' auszurücken", so der Anwalt unter Verweis auf den Akteninhalt. Die am Tatort einschreitenden und mit der Spurenaufnahme betrauten Beamten hätten dann zwar zwei Messer sichergestellt, ein drittes, am Boden liegendes Obstmesser aber nicht weiter beachtet. Ein Beamter habe es einfach zurückgelegt. "Das hat sauber ausg'schaut. Weil's sauber ausg'schaut hat, hab ich's wieder zurückgelegt", zitierte Mayer dessen Angaben.
Zeugenaussagen zufolge soll der Angeklagte darüber hinaus mit einem keramikfarbenen Messer in der Hand aus der Wohnung gekommen sein. Ein solches war offenbar gar nicht Gegenstand der polizeilichen Erhebungen. "Vielleicht hat er sich verteidigt gegen ihren Stich", ersuchte der Anwalt die Geschworenen, dem Beweisverfahren besonders aufmerksam zu folgen. Die Verhandlung wurde auf 4. November vertagt.
(Quelle: salzburg24)