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Türkei weitet Angriffe auf Kurden aus

Veröffentlicht: 29. Juli 2015 15:23 Uhr
Die Türkei hat nach der faktischen Aufkündigung des Friedensprozesses mit den Kurden ihre Luftangriffe auf die PKK ausgeweitet. In der Nacht auf Mittwoch flogen F-16-Kampfflugzeuge nach Angaben eines Regierungsvertreters die schwersten Angriffe gegen mutmaßliche Stellungen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak seit Beginn der Offensive vor knapp einer Woche.

Es seien sechs Ziele im Irak und in der Türkei beschossen worden, darunter Depots, Höhlen und Schutzräume, teilte die Regierung mit. Erst am Dienstag hatte die Luftwaffe PKK-Kämpfer im Südosten des Landes an der Grenze zum Irak bombardiert. Vorangegangen war ein Anschlag auf paramilitärische Polizisten.

Bei den Razzien gegen mutmaßliche Mitglieder der PKK, der radikalislamischen IS-Miliz sowie verbotene linke Gruppen seien bisher in 39 Provinzen insgesamt 1.302 Menschen festgenommen worden.

Noch am Mittwoch sollte das türkische Parlament über die Militäraktionen gegen den Islamischen Staat (IS) und die Kurden beraten. Die oppositionelle pro-kurdische Partei HDP hatte die Sondersitzung beantragt, wie das Büro des Ministerpräsidenten bekannt gab. Zudem sollte in der nicht-öffentlichen Sitzung auch über die Forderung von Präsident Recep Tayyip Erdogan beraten werden, die Immunität von Abgeordneten aufzuheben, denen er Verbindungen zur PKK unterstellt. Dies zielt auf die pro-kurdische Oppositionspartei HDP ab, die die Vorwürfe zurückgewiesen hat. HDP-Chef Selahattin Demirtas rief am Mittwoch alle Seiten dazu auf, Übergriffe sofort einzustellen und Vernunft walten zu lassen.

Neben den Luftangriffen gab es auch wieder einen Anschlag auf den türkischen Energiesektor. Nach Regierungsangaben wurde eine Öl-Pipeline aus dem Irak Ziel eines Anschlags. Sie transportiert Öl von Kirkuk im nordirakischen Kurdengebiet zum türkischen Hafen Ceyhan. Am Vortag war eine Erdgas-Pipeline aus dem Iran angegriffen worden.

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu nannte das seit Freitag laufende Vorgehen gegen den IS und die PKK einen "synchronisierten Kampf gegen den Terror". Die Angriffe auf die PKK waren bisher jedoch deutlich heftiger als die gegen den IS. Das schürt bei vielen Kurden den Verdacht, dass Erdogan in Wirklichkeit die innenpolitische Opposition ausschalten und die Kurden-Bewegung schwächen will. Die Regierung weist dies von sich. Bei der Wahl Anfang Juni verlor die regierende AKP erstmals seit 2002 ihre absolute Mehrheit. Das lag auch am Zulauf für die HDP, die 13 Prozent der Stimmen erhielt.

Während der Kampf gegen den IS von den NATO-Partnern der Türkei begrüßt wird, kritisieren besonders die europäischen Verbündeten das Vorgehen gegen die Kurden. Die Türkei hatte sich erst nach langem Zögern an den Angriffen gegen den IS beteiligt, der große Teile Syriens und des Irak beherrscht. Mit den USA arbeitet die Türkei derzeit Pläne für eine "Schutzzone" im Norden Syriens an der Grenze zur Türkei aus. Dort soll der IS auch mit Hilfe der US-Luftwaffe vertrieben und unter anderem Raum geschaffen werden, um syrische Bürgerkriegsflüchtlinge dorthin zurückzuführen. Über die Details herrscht jedoch offenbar noch Uneinigkeit zwischen den USA und der Türkei.

Der Irak kritisierte die Luftangriffe als gefährliche Eskalation und Verletzung seiner Souveränität. Der Irak fühle sich seinerseits verpflichtet, Angriffe auf die Türkei von irakischem Boden aus zu unterbinden, twitterte Regierungschef Haidar al-Abadi.

Washington verteidigte dagegen das Vorgehen der Türkei. "Wenn die PKK die Angriffe in der Türkei nicht gestartet hätte, würden sie (die Türken) die PKK auch nicht im Irak angreifen", hieß es. Washington hatte in den vergangenen Tagen mehrfach bekräftigt, man betrachte die PKK als Terrororganisation.

(Quelle: salzburg24)

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