Welt

"Ungleichheit" prägt Salzburger Festspielprogramm

Veröffentlicht: 06. November 2014 14:48 Uhr
"Herrschen und Dienen, Macht und Ohnmacht, Unterdrückung und Aufbegehren" - diese Begriffe der "Ungleichheit" prägen das Programm der Salzburger Festspiele 2015, das am Donnerstag vorgestellt wurde. Es ist dies das erste, erheblich verkleinerte Programm des neuen künstlerischen Leiters Sven-Eric Bechtolf und der kaufmännischen Leiterin Helga Rabl-Stadler.

In der Oper gibt es drei Neuinszenierungen. Statt des noch immer nicht fertig komponierten Werkes "Endspiel" von György Kurtag kommt "Die Eroberung von Mexico" von Wolfgang Rihm nach einem Text von Antonin Artaud. Ingo Metzmacher wird das RSO Wien dirigieren, in der Felsenreitschule Regie führen wird Luc Bondy. Das Werk stammt aus dem Jahr 1992 und hat "den Praxistest im Repertoire-Betrieb bereits bestanden" wie es Rabl-Stadler formulierte.

Bechtolf selbst wird den "Figaro" inszenieren und damit seinen Da Ponte-Zyklus vervollständigen. Im Graben im Haus für Mozart werden die Wiener Philharmoniker Platz nehmen und unter anderem Luca Pisaroni und Genia Kühmeier in zentralen Rollen begleiten. Dritte Neuproduktion ist ein "Fidelio" in der Regie von Claus Guth, der in der Ära Peter Ruzicka und dann von Jürgen Flimm bereits alle drei Da Ponte-Opern erarbeitet hat. Für den "Fidelio" ist Franz Welser-Möst als Dirigent verpflichtet, Adrianne Pieczonka und Jonas Kaufmann werden die Hauptrollen übernehmen.

Dazu kommt eine Reihe von konzertanten Opern und Wiederaufnahmen. Die Festspiele verlassen also Pereiras mehr oder weniger ausschließliches Prinzip von Neuproduktionen und nehmen Stücke wieder ins Programm, "die besonders erfolgreich waren und künstlerisch herausragend gelungen sind", wie es Rabl-Stadler ausdrückte. Die Präsidentin präsentierte Cecilia Bartolis "Norma", die für Pfingsten 2015 geplante "Iphigenie en Tauride" von Gluck sowie die Erfolgsproduktionen "Il Trovatore" (in Originalbesetzung mit Netrebko, Domingo und Meli) und "Der Rosenkavalier" in der Kupfer-Inszenierung aus dem Vorjahr. Dazu kommen konzertante Aufführungen von Massenets "Werther" mit Piotr Beczala und Elina Garanca, eine halbszenische Produktion von Purcells "Dido and Aeneas" mit Johanna Wokalek aus Schauspielerin und Dirigent Thomas Hengelbrock sowie Verdis "Ernani", den Riccardo Muti aus Rom mitbringen wird.

Die "Dreigroschenoper" gehört im Salzburger Festspielprogramm 2015 formal zwar zum Bereich Schauspiel, aber die zentrale Neuheit dabei betrifft die Musik. Bechtolf hat die Rechte-Inhaber zu einem einmaligen Sonderprojekt mit dem Titel "Mackie Messer - Eine Salzburger Dreigroschenoper" überredet. Dabei wird der Grammy- und Tony-Award-Preisträger Martin Lowe Weills Musik radikal überarbeiten, wobei "die Hits durchhörbar bleiben aber klanglich konsequent modernisiert werden sollen", so Bechtolf bei der Pressekonferenz.

Das Programm der Salzburger Festspiele 2015 ist weniger dicht als in den vergangenen Jahren. Das trifft vor allem das Schauspiel. Für das viele Jahre lang von einem Sponsor getragene "Young Directors Project" wurde kein Ersatz geschaffen. Im Theater bleiben neben dem Dauerbrenner "Jedermann" und dem neuen Projekt "Dreigroschenoper" in der Felsenreitschule also nur zwei weitere Neuproduktionen.

Die erste der beiden ist "Die Komödie der Irrungen" von Shakespeare. Für die Regie dieses Stückes hat Sven-Eric Bechtolf, der neue künstlerische Leiter des Festivals, Henry Mason verpflichtet, der bereits 2013 in Salzburg Shakespeare inszeniert hat und zwar einen außergewöhnlich bejubelten "Sommernachtstraum". Ab erstem August wird "Die Komödie der Irrungen" auf der Halleiner Pernerinsel zu sehen sein.

Zweite zentrale Theater-Neuheit in Salzburg ist "Clavigo" von Goethe. Dieses Stück ist eine Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin und wird von Stephan Kimmig im Landestheater realisiert. Beim "Jedermann" bleibt alles beim alten, sowohl die Regie von Julian Crouch und Brian Mertes als auch die Besetzung rund um Cornelius Obonya, Peter Lohmeyer und Brigitte Hobmeier bleibt unverändert.

Im Konzert ist es der Hinduismus, der im Reigen der Weltreligionen noch fehlt. In der von Ex-Intendant Alexander Pereira installierten und bewährten "Ouverture spirituelle" wird den zentralen Werken der christlichen Kultur also Musik dieser östlichen Religion gegenübergestellt. Am Beginn dieser Woche mit spiritueller Musik (und des gesamten Festivals) steht wie jedes Jahr "Die Schöpfung" von Haydn, diesmal aber geleitet von Marc Minkowski. Nach sakralen Schlüsselwerken von Bach, Palestrina, Mozart, Beethoven, Schubert und Bruckner wird also viel Musik aus Indien geboten, darunter die sogenannte "Dhrupad", die älteste heute noch praktizierte Klassik des Subkontinents, verschiedenen Formen von Tempelmusik, die südindische Musik "Kutiyattam" oder die arabisch beeinflusste, aber dennoch hinduistische Musik "Khyal". Das wohl ungewöhnlichste Konzert der Festspiele 2015 könnte jenes von Shruti Sadolikar in der Kollegienkirche werden. Der Sänger wird seine Ragas am 26. Juli um 6 Uhr morgens präsentieren.

Die Dirigenten der Wiener Philharmoniker im Konzert heißen 2015 Yannick Nezet-Seguin, Bernard Haitink, Riccardo Muti, Daniel Barenboim und Semjon Bychkov - sie alle werden zum Großteil Werke aufführen, die von den Philharmonikern uraufgeführt worden waren, darunter Schlüsselwerke von Bruckner, Brahms, Tschaikowski oder Mahler. Die "Orchester zu Gast" kommen aus Wien, Budapest, Boston, Berlin und Tel Aviv, auch das Gustav Mahler Jugendorchester oder das West-Eastern Divan Orchestra sind darunter. In der Reihe "Salzburg Contemporary" wird Pierre Boulez (90. Geburtstag) im Zentrum stehen und mit Stücken von Pintscher, Grisey, Neuwirth oder Widmann verglichen werden. Das Mozarteumorchester wird fünf außergewöhnlich prominent besetzte Matineen spielen, und mit der Camerata Salzburg ist auch das zweite Salzburger Top-Orchester gut im Festspielprogramm verankert.

Als Starparade können die Liederabende und Solistenkonzerte bezeichnet werden, darin finden sich Interpretennamen wie Christian Tetzlaff, Andras Schiff, Arcadi Volodos, Mitsuko Uchida, Yo-Yo Ma, Maurizio Pollini, Grigori Sokolov, Matthias Goerne, Elina Garanca oder Juan Diego Florez.

Insgesamt sind die Salzburger Festspiele 2015 gegenüber den drei Pereira-Jahren von 2012 bis 2014 deutlich abgespeckt worden. So hat das Kuratorium das Budget von 64,7 auf 59,6 Mio. Euro reduziert, und auch die Zahl der szenischen Neuproduktionen (sechs) und Veranstaltungen (188) ist deutlich gesunken. Das trotzdem noch größte Klassik-Festival der Welt startet am 18. Juli und dauert bis zum 30. August.

(Quelle: salzburg24)

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