Während die Politik Abschottungs- und Abwehrmechanismen anwende, zeigten viele Menschen etwa große Hilfsbereitschaft angesichts der Notlage der Schutzsuchenden. Sunjic erinnerte dabei an den Grenzübergang bei der ungarischen Ortschaft Horgos. Während die ungarische Polizei die Flüchtlinge mit Tränengas und Wasserwerfern beschossen habe, verteilten nach Darstellung der Pressesprecherin etwa 50 Meter hinter den Einsatzkräften zahlreiche Freiwillige warme Mahlzeiten an die Schutzsuchenden.
Über den Sondergipfel in Brüssel zur Flüchtlingskrise am vergangenen Wochenende zeigte sich Sunjic erfreut. Das UNHCR sei "wahnsinnig froh", dass jene Konferenz unter der Teilnahme der vom Flüchtlingszuzug am meisten betroffenen Länder stattgefunden habe - "weil wir schon seit Monaten sagen, dieses Problem ist ein internationales Problem", so Sunjic. "Es ist ein internationaler Durchfluss von Menschen und deshalb haben wir immer schon gesagt, man muss sich miteinander absprechen. (...) Man muss koordinieren, wie sie zu einem geordneten Asylverfahren kommen."
Zum Aufbau von Grenzsperren und - zäunen sagte die UNHCR-Sprecherin: "Also wenn ich es juristisch beantworte, dann nutzt den Ländern der Zaun leider nichts, weil sie haben die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben und laut der müssen sie jeden hineinlassen, der einen Asylantrag stellen möchte. Darum sehe ich den Sinn des Zaunes nicht und politisch ist es natürlich eine Frage, ob es sinnvoll ist, im geeinten Europa Zäune aufzubauen."
Sunjic erinnerte an den Moment als der damalige Außenminister Alois Mock (ÖVP) den Zaun zu Ungarn durchschnitten hat und jener Moment als "Geburt der Demokratie und Freiheit" gefeiert worden sei. "Ist das jetzt das Gegenteil davon?", fragte sie und sagte: "Das ist doch nicht das Europa in dem wir leben wollen - Flüchtling oder nicht." Rechtlich sei es etwa nicht haltbar, dass Ungarn die Schutzsuchenden aussperren wolle.
Auf die Frage, ob die EU an der Flüchtlingsfrage zerbrechen werden, antwortete Sunjic nicht konkret. Sie erinnerte aber an das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Damals sei Europa wirtschaftlich am Boden gelegen, auf dem Kontinent habe es 30 Millionen Flüchtlinge gegeben. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine halbe Million Flüchtlinge Europa ins Wanken bringen sollten", sagte sie. "Das wäre doch absurd", fügte sie unter Verweis auf die EU als die wirtschaftlich und politisch stabilste Agglomeration hinzu.
Für die kommenden Monate - auch vor dem Hintergrund des herannahenden Winters - wollte Sunjic keine Prognosen abgeben. "Ich weiß es einfach nicht", erklärte sie. Zudem: Niemand, der in der jetzigen Krise involviert sei, traue sich eine Prognose abzugeben - man habe sich schon zu oft geirrt. Sie habe aber mit Leuten geredet, die gesagt hätten: "Mir fällt lieber Schnee oder Regen auf den Kopf als Bomben." Und dem könne man nach Ansicht der UNHCR-Sprecherin nur wenig entgegensetzen.
(Quelle: salzburg24)