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VfGH-Verhandlung zur BP-Wahl: Befragung der Parteienvertreter

Veröffentlicht: 29. Juni 2016 01:00 Uhr
Die 14 Richter des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) hören seit Mittwochmittag in der öffentlichen Verhandlung zur Anfechtung der Bundespräsidenten-Stichwahl die Parteienvertreter an. VfGH-Präsident Gerhart Holzinger bat einleitend alle drei Parteien, sich auf je 30 Minuten zu beschränken. Zu Beginn waren die Anwälte der anfechtenden FPÖ, Dieter Böhmdorfer und Michael Rohregger, am Wort. Am Mittwoch wurde die Sitzung unterbrochen, ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Der frühere freiheitliche Justizminister Dieter Böhmdorfer schilderte mit heiserer Stimme, dass die FPÖ zwei Tage nach der Stichwahl Kontakt aufgenommen habe. Er betonte, dass im Vorfeld der Stichwahl keine Verbreitungen für eine Anfechtung getroffen worden seien. Böhmdorfer argumentierte mit dem besonderen Schutz von Wahlen in einer Demokratie. Eine Wahl erfolge nach den Prinzipien frei, geheim und persönlich. Daher sei die Wahlgesetzgebung wörtlich und streng auszulegen. "Wir glauben, dass Wahlgesetze verletzt wurden", sagte Böhmdorfer.

Sind Wahlgesetze verletzt worden?

Vor allem die Briefwahl sei "missbrauchs- und manipulationsanfällig". "Unser Anfechtungsgegner ist nicht (der grüne Kandidat Alexander, Anm.) Van der Bellen, er ist genauso ein Opfer wie Norbert Hofer, unser Anfechtungsgegner heißt Bundeswahlbehörde", so Böhmdorfer. Dort hätten die Fehler auffallen müssen.

Der von der FPÖ beigezogene Verfassungsexperte, Rechtsanwalt Rohregger, sagte, die entscheidende Frage sei, ob für eine Aufhebung der Wahl die Möglichkeit von Manipulationen ausreiche oder solche tatsächlich nachgewiesen worden sein müssen. Rohregger erinnerte die Verfassungsrichter in diesem Punkt an die bisherige Rechtsprechung des VfGH, die sehr streng sei. "Fehler liegen vor und sind für das Ergebnis von Relevanz", sagte Rohregger.

Van-der-Bellen-Anwältin: "Briefwahl-Ergebnisse unauffällig"

Die Anwältin von Wahlsieger Alexander Van der Bellen, Maria Windhager, verwies in ihrer Stellungnahme vor dem Verfassungsgerichtshof, auf den Statistiker Erich Neuwirth. "Die Briefwahl-Ergebnisse in allen umstrittenen Bezirken entsprechen exakt den aus anderen Bezirken, sie sind daher nicht auffällig, sie sind unauffällig", sagte Windhager.
Die in der FPÖ-Anfechtung formulierten Behauptungen seien daher nachweislich und objektiv falsch. Windhager verwies auch auf die Zeugenbefragungen in der Vorwoche. So seien die Vorwürfe in einigen Bezirken entkräftet worden, und die Tatsachenbehauptungen würden nicht dem Beweisergebnis entsprechen. In anderen Bezirken, wo tatsächlich früher als erlaubt mit dem Auszählen begonnen wurde, seien Auswirkungen auf das Wahlergebnis nicht einmal "denkmöglich".

Manipulationen und "Verschwörungstheorien" rund um BP-Wahl

Ähnlich argumentierte auch der zweite Anwalt der Grünen, Georg Bürstmayr. Dass viele Wähler eigentlich Norbert Hofer die Stimme geben wollten, es aber wegen Manipulationen nicht konnten, basiere auf "Verschwörungstheorien", so Bürstmayr. Denn um eine solch großangelegte Manipulation vorzubereiten, hätte es eine beachtliche kriminelle Energie gebraucht, Täter hätten sich lange vorher abreden müssen und hätten ahnen müssen, wer wo wie stimmen würde, um zu wissen, wie weit die Manipulation gehen müsse, um erfolgreich zu sein.

Der oberste Wahlleiter im Innenministerium, Robert Stein, verteidigte das Vorgehen der Bundeswahlbehörde. Mann sei sofort nach Auftreten der Vorwürfe allem nachgegangen. "Bei uns hat dieses Verfahren Erstaunen hervorgerufen über ein fehlendes Unrechtsbewusstsein", so Stein. Aus seiner Sicht ist das Gesetz korrekt vollziehbar. Nachsatz: Jene Stimmbezirke, die das Gesetz nicht eingehalten haben, seien auch nicht schneller gewesen beim Auszählen.

Thematisiert haben die Verfassungsrichter in ihren Fragen an die Parteienvertreter auch andere seitens der FPÖ in der Anfechtung vorgebrachten Vorwürfe. Etwa, dass Wahlergebnisse auf Gemeindeebene als Rohdaten an Medien, insbesondere an die APA, vor Wahlschluss weitergegeben werden. Stein verteidigte die seit 30 Jahren übliche Vorgangsweise.

VfGH: Strenge Judikatur in Sachen Wahlmanipulation

Verfassungsrichter Johannes Schnizer hat in einer Frage an die Anwälte von Wahlsieger Alexander Van der Bellen auf die lange und strenge Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in Sachen Wahlmanipulation verwiesen. Eine solche Rechtsprechung, wonach tatsächliche Manipulationen nicht nachgewiesen werden müssen, gebe es seit 1927, so Schnizer am Mittwoch in der öffentlichen VfGH-Sitzung.

Damals sei eine Wahl aufgehoben worden, weil gesetzeswidrig der Wahlakt nochmals geöffnet wurde. "Übrigens, diese Entscheidung war von (Hans, Anm.) Kelsen, dem Vater unserer Bundesverfassung", sagte Schnizer. Kelsen habe ebenfalls Zeugen befragt, allerdings nicht öffentlich. Auch damals sei kein konkreter Missbrauch festgestellt worden. "Was unterschiedet diesen Fall vom damaligen Fall?", wollte Schnizer anschließend von den Van-der-Bellen-Vertretern wissen.

Rechtsanwältin Maria Windhager sagte, man begrüße diese Judikatur. "Wir sind aber der Meinung, dass gar nicht davon abgegangen werden muss", so Windhager, denn: "Der Wahrheitsbeweis ist im aktuellen Fall in überzeugendem Ausmaß geglückt."

Entscheidung offen

Der Verfassungsgerichtshof hat die öffentliche Sitzung am Mittwoch unterbrochen, wird sie aber nochmals fortsetzen. Einen Termin gebe es noch nicht, sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Ende der Sitzung. Er betonte, dass man die 4-Wochen-Frist für das Verfahren einhalten wolle, somit wäre die Entscheidung mit 6. Juli fällig.

(APA)

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(Quelle: salzburg24)

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