Biden vs. Trump

Wahl zwischen "zwei wütenden Wracks": Pressestimmen kommentieren TV-Auftritt

Veröffentlicht: 29. Juni 2024 10:11 Uhr
US-Präsident Joe Biden hat sein erstes TV-Duell des Wahljahres wohl vergeigt. Rivale Donald Trump wirkte zwar vital und fokussiert, stieß aber „viele Lügen hervor“. Internationale Tageszeitungen kommentieren das TV-Duell "zwischen den zwei wütenden Wracks“.

Sein erstes TV-Duell des Wahljahres hat Joe Biden in den Sand gesetzt. Der 81-jährige US-Präsident wirkte kraftlos und fahrig, sein 78-jähriger Rivale Donald Trump vital und fokussiert. Internationale Tageszeitungen kommentieren am Samstag das Fernsehduell zwischen Joe Biden und Donald Trump.

"de Volkskrant" (Amsterdam): "Die Demokraten waren davon ausgegangen, dass der Amtsinhaber die besten Chancen haben würde, erneut zum Präsidenten gewählt zu werden. Nun erweist sich Bidens Alter, das niemandem verborgen geblieben ist, für viele Amerikaner als wichtiger Grund, nicht für ihn zu stimmen. Nach dem ersten Fernsehduell mit Donald Trump räumen das auch Bidens Parteikollegen endlich ein. (...)

Biden, der in den Umfragen bereits deutlich zurückliegt, scheint immer weniger in der Lage zu sein, Trump von einer zweiten Präsidentschaft abzuhalten. Und angesichts der diktatorischen Wunschliste, die der absehbare Wahlsieger Trump bereits ausposaunt, müssten einschneidende Maßnahmen ergriffen werden. Denn es gäbe ja Alternativen zu Biden, von Gavin Newsom bis Gretchen Whitmer. Zwar wären auch sie Trump zum jetzigen Zeitpunkt unterlegen, aber zumindest verfügen sie über die Energie relativer Neueinsteiger auf der nationalen Bühne, um das Blatt vielleicht noch zu wenden. "

"Nepszava" (Budapest): "Biden (...) stammelte, stotterte, begann einen Gedanken, um mittendrin den Faden zu verlieren. (...) Sein Gegenüber erinnerte an ein Auto ohne festgezogene Handbremse auf den (steil abwärts führenden) Straßen von San Francisco. (...) In rasendem Tempo stieß Trump Wortkaskaden über hohe Inflation, eine Wirtschaft in Trümmern und Ströme illegaler Migranten hervor - und viele Lügen. Das amerikanische Volk kann für seine Zukunft derzeit zwischen zwei wütenden Wracks wählen. Mit dem - gemessen am Wahltermin (...) - beispiellos früh angesetzten TV-Duell verfolgten die Demokraten das erklärte Ziel, die Zweifel am amtierenden Präsidenten hinsichtlich seines Alters und seiner körperlichen und mentalen Standfestigkeit zu zerstreuen. Anstatt dessen sollen sie, wie es heißt, nunmehr in Krisensitzungen (....) schon nach einem Ersatz für Biden suchen."

Demokraten drängten auf frühe TV-Debatte

"De Tijd" (Brüssel): "Bidens Umfeld hatte selbst auf eine frühe Debatte gedrängt - mehr als vier Monate vor der Wahl am 5. November - um Gerüchte zu zerstreuen, der 81-jährige Präsident sei für eine zweite Amtszeit nicht geeignet. Doch trotz einer Woche intensiver Vorbereitung brachte Biden nichts zustande. (...)

Derweil werden unter den Demokraten die Rufe immer lauter, schnell einen Ersatz für Biden zu finden. Noch wäre das möglich, weil er erst auf dem Parteitag im August offiziell auf den Schild gehoben werden soll. Aber es stellen sich eine ganze Reihe von Fragen. Wer soll sein Nachfolger werden? Wie erklärt man den Wählern den Wechsel der Kandidaten? Und vor allem: Kann es überhaupt noch gelingen, Trump vom Weißen Haus fernzuhalten? Die Antworten müssen von Biden kommen, denn nur er selbst kann seine Kandidatur beenden.

Noch besteht eine Chance, die Wahl zu gewinnen, wenn die Demokraten schnell handeln und ihre Entscheidung gut begründen. An guten Ersatzkandidaten dürfte es im "Land der Hoffnung" nicht mangeln. Aber dafür müsste die Partei einen Kampf zwischen dem linken und dem liberalen Flügel vermeiden."

"Corriere della Sera" (Rom): "Biden sagt, er sei entschlossen, weiterzumachen, und bestätigt seine Bereitschaft zu einer zweiten Debatte im September. Er wird also in den kommenden Wochen keine große Gelegenheit haben, den durch die Debatte in Atlanta entstandenen Schaden zu beheben. Und während er verständlicherweise weiterhin auf der guten Bilanz seiner Regierung und der Gültigkeit seiner Pläne für die nächste Legislaturperiode beharrt, bestätigen verschiedene Faktoren, dass das Problem nicht die Botschaft, sondern der Bote ist. (...) Für die Demokraten wird der Weg bis zum 19. August, dem Beginn des Parteitags in Chicago, ein sehr langer Kreuzweg sein."

„Zwei unwählbare Kandidaten“ mit Trump und Biden

"Neue Zürcher Zeitung": "Zwei unwählbare Kandidaten präsentierten sich: Der eine ein unbelehrbarer Demagoge, der andere ein vom Alter schwer beeinträchtigter Mann. (...) Nach 12 Minuten verlor Biden mitten im Satz völlig den Faden - und vermochte sich nicht zu retten. Später drehte er etwas auf, aber er vergab wertvolle Redezeit und verpasste es, die zahlreichen falschen Behauptungen seines Gegners für einen Gegenangriff zu nützen. Nach 90 Minuten war augenscheinlich: Dieser Mann gehört nicht ins Oval Office. (...)

Die Frage ist, wie es weitergeht. Joe Biden hat in den demokratischen Vorwahlen gesiegt - er ist der gewählte Kandidat der Demokratischen Partei und soll noch vor dem Parteitag in Chicago Ende August offiziell nominiert werden. Vielleicht kommt Joe Biden selber zu der Einsicht, dass seine Kandidatur eine Zumutung für das Land ist, gerade weil die Alternative Donald Trump heißt. (...) Oder die Delegierten der Demokratischen Partei planen den Aufstand und küren am Parteitag in einer wilden Wahl einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin. Was vorgestern noch unwahrscheinliche Szenarien waren, liegt nach Joe Bidens katastrophaler Performance in der Fernsehdebatte nun offen auf dem Tisch."

Biden soll nicht für Amt des US-Präsidenten kandidieren

"The Telegraph" (London): "Nach der Debatte zwischen Joe Biden und Donald Trump in einem Format, das viele als günstig für den amtierenden Präsidenten angesehen hatten, kann man nur eine Schlussfolgerung ziehen: Biden sollte nicht erneut für das Amt des US-Präsidenten kandidieren.

An einem Abend, an dem Biden gehofft hatte, die Bedenken über sein Alter zu zerstreuen und seinem republikanischen Rivalen den Kampf anzusagen, wirkte er stattdessen desorientiert und verwirrt und gab mäandernde und inkohärente Antworten. (...)

Es ist schon seit einiger Zeit klar, dass Biden nicht mehr die politische Kraft ist, die er einmal war. Die Gelegenheit, einen alternativen Kandidaten zu finden, war zwar da. Aber die Demokratische Partei weigerte sich hartnäckig zu akzeptieren, was alle anderen sehen konnten. Sie steckte den Kopf in den Sand, unterstützt von ihren Verbündeten in den amerikanischen Medien. (...)

Es ist wahr, dass es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, zu einem so späten Zeitpunkt einen alternativen Kandidaten zu finden. Die verschiedenen Fraktionen der Demokratischen Partei müssten sich dafür zügig auf einen Kompromiss einigen. Aber klar ist inzwischen auch, dass ein Sieg Bidens über Trump bei der Wahl im November unwahrscheinlich ist."

(Quelle: apa)

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