"Eine neue Ära chinesischen Kapitals ist angebrochen", schreiben die Autoren des Merics China-Instituts in Berlin und der Rhodium-Forschungsgruppe. Chinas globale Vermögenswerte dürften sich nach "plausiblen Prognosen" von 6,4 Bill. US-Dollar in nur fünf Jahren auf 20 Bill. US-Dollar (17,8 Bill. Euro) verdreifachen. Deutsche und Europäer seien gut positioniert, weil sie eng mit China kooperierten. Die Politik sei jetzt gefordert, die Vorteile zu nutzen und Risiken zu minimieren. Eine populistische Abwehrhaltung müsse vermieden werden. Doch müsse sich auch China stärker für europäische Investoren öffnen.
Die "erste Welle" chinesischer Investitionen treffe Europa bereits mit "voller Wucht", heißt es in der Studie, die am Montag in Brüssel und am 2. Juli in Berlin vorgestellt wird. Die Investitionen aus China seien 2014 auf 14 Mrd. Euro pro Jahr gestiegen, nachdem sie Mitte der 2000er-Jahre nahezu bei Null gelegen hätten. Zwischen 2000 und 2014 seien mehr als 1.000 Neugründungen, Fusionen und Übernahmen im Umfang von 46 Mrd. Euro erfolgt. In fünf Jahren hätten sich Chinas Investitionen in der EU vervierfacht.
Unter den Empfängern stehe Deutschland mit 6,9 Mrd. Euro (2000-2014) hinter Großbritannien an zweiter Stelle. Seit 2011 seien Chinas Investitionen in Deutschland stark gestiegen und liegen "relativ stabil bei ein bis 2 Mrd. Euro pro Jahr", heißt es in der Studie, die mit einem neuartigen Datensatz über häufig unvollständige oder hinterher hinkende offizielle Statistiken hinausgeht.
Deutschlands moderne Fertigung im Auto-Bereich oder in der Industrie-und Anlagentechnik sei seit 2000 mit 65 Prozent das wichtigste Ziel chinesischer Investoren gewesen. Meist habe es kleine und mittlere Übernahmen gegeben. Interesse gebe es auch an erneuerbarer Energie, Konsumgütern oder Finanz- und Transportdienstleistungen. Während Staatsbetriebe eine wichtige Rolle spielten, gehe der jüngste Anstieg vor allem auf Privatunternehmen und Finanzinvestoren zurück.
Chinesische Direktinvestitionen im Ausland überstiegen heute 100 Mrd. Dollar pro Jahr und verlagerten sich von ressourcenreichen Entwicklungsländern hin zu Technologie, Marken, Immobilien und anderem in Industrieländern. "Heute stehen wir an der Schwelle zu rasant wachsenden Kapitalströmen aus China", so die Studie. "Dies wird Schockwellen durch die globalen Finanzmärkte schicken."
Chinas altes Wachstumsmodell mit Handel und beschränkten finanziellen Verflechtungen habe ausgedient. Der Umbau habe begonnen. "Für Chinas langfristige wirtschaftliche Aussichten wird die größere Offenheit für globale Kapitalströme von entscheidender Bedeutung sein."
(Quelle: salzburg24)