Wer bisher für den Spitzenposten gehandelt wird:
Manfred Weber
Der CSU-Politiker war Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl. Sie wurde zwar wieder die stärkste Kraft im EU-Parlament, musste aber deutliche Verluste hinnehmen. Weber braucht deshalb mindestens zwei weitere Fraktionen, um Juncker-Nachfolger zu werden. Der 46-jährige Diplom-Ingenieur ist seit 2014 EVP-Fraktionschef und in Brüssel gut verdrahtet, er hat auch engen Kontakt mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisiert, dass er bisher nie in Regierungsverantwortung stand.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt die Bewerbung des CSU-Mannes für das Amt des Kommissionschefs. Die deutsche Regierung aus Union und SPD hat aber noch keine einheitliche Position. Vor dem Gipfel bekräftigte Merkel, dass sie zu dem Konzept stehe, dass nur ein Spitzenkandidat bei der Europawahl den Job bekommen kann. Allerdings scheint sie notfalls für andere Varianten offen.
Frans Timmermans
Europas Sozialdemokraten sind mit dem niederländischen Ex-Außenminister als Spitzenkandidat in die Wahl gegangen. Der 58-Jährige ist seit 2014 erster Vize-Präsident der EU-Kommission und damit Stellvertreter von Amtsinhaber Jean-Claude Juncker. In der Funktion ist er für die Strafverfahren wegen anhaltender Verstöße gegen EU-Werte wie Rechtsstaatlichkeit gegen Polen und Ungarn zuständig.
Ziel Timmermans' ist es, eine "progressive Koalition" mit Linken, Grünen und Liberalen gegen Webers Konservative zu schmieden, um Kommissionspräsident zu werden. Mit diesen drei Fraktionen würde er im Europaparlament die notwendige Mehrheit von 376 der 751 Stimmen noch knapp verfehlen - es fehlt aber nur eine weitere Stimme.
Margrethe Vestager
Die EU-Wettbewerbskommissarin hat sich mit einem harten Vorgehen gegen Marktmissbrauch und Steuervermeidung durch US-Internet- und Computerkonzerne wie Google oder Apple einen Namen gemacht. Das brachte der früheren dänischen Wirtschafts- und Innenministerin Lob von Frankreichs Präsident Macron ein, was Spekulationen über Vestager als Kandidatin für die Juncker-Nachfolge schürte.
Konservative und Sozialdemokraten sehen die 51-Jährige aber nicht als Spitzenkandidatin, denn sie gehörte nur einem liberalen "Spitzenteam" für die Europawahl an. Bei der Wahl rückten die Liberalen nun von der viert- zur drittstärksten Kraft im EU-Parlament auf. Denn ihnen schloss sich nun unter anderem Macrons Partei La République en Marche (LREM) an.
Michel Barnier
Der ehemalige französische Außen- und Agrarminister ist seit Oktober 2016 Brexit-Chefunterhändler der EU. Der Konservative wurde im vergangenen Jahr als möglicher EVP-Spitzenkandidat gehandelt. Da sich die Austrittsverhandlungen mit London aber in die Länge zogen, verzichtete der 68-Jährige auf eine Kandidatur und überließ Weber das Feld.
Ob Barnier eine Chance hat, hängt von vielen Faktoren ab: Er wird in Brüssel als möglicher Joker gesehen, wenn sich die anderen Kandidaten gegenseitig blockieren. Weber warnt jedoch, die EVP werde dann "zur lächerlichen Institution", wenn sie erst ihn zum Spitzenkandidaten küre und dann einen anderen Bewerber aus dem Hut zaubere.
(Quelle: apa)