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Wifo-Chef Aiginger fordert Halbierung der Steuern auf Arbeit

Aiginger stellt Studie über neue Ansätze zur Wirtschaftspolitik vor
Veröffentlicht: 25. Februar 2016 10:52 Uhr
In einer Studie im Auftrag der EU-Kommission fordert Wifo-Chef Karl Aiginger die Halbierung der Besteuerung von Arbeit von derzeit 20 auf zehn Prozent. Im Gegenzug sollten die Steuern auf Vermögen und Erbschaften, auf Alkohol und Tabak und auf fossile Energieträger sowie Umweltabgaben erhöht werden, heißt es in der Studie, deren Ergebnisse Aiginger am Donnerstag im EU-Parlament vorstellt.

Das Forschungsnetzwerk "Welfare, Wealth and Work for Europe - WWWforEurope" mit 34 Mitgliedern hat seit 2012 im Auftrag der EU-Kommission über einen neuen Ansatz für die Wirtschaftspolitik nachgedacht. Es fordert ein grundsätzliches Umdenken in der Wirtschaftspolitik Europas. Wachstum sei zwar nötig, aber nicht das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gelte es zu steigern, sondern den Lebensstandard. Dazu müssten neue Wege in der Sozialpolitik und der Umweltförderung gefunden werden.

Die Steuern auf Vermögen und Erbschaften sollten dafür um 2,5 Prozent steigen, die Umweltabgaben um 2,4 Prozent, Steuern auf Alkohol und Tabak um 1,5 Prozent. Auch fossile Energieträger gehörten höher besteuert. Abstrakte Ziele sind Strukturerneuerung, soziale Mobilität, Kampf gegen Arbeitslosigkeit, gerechtere Einkommens- und Vermögensverteilung und höhere Chancengleichheit, insbesondere für Frauen. Außerdem müssten der Einsatz von Ressourcen und die Emissionen gesenkt werden, so die Zusammenfassung des Wifo.

Im Gespräch mit dem "Kurier" konkretisierte Aiginger, dass, um Wachstum zu schaffen, "die Kosten von Arbeit, die derzeit 20 Prozent des BIP ausmachen, halbiert werden müssten". Damit würden die Beschäftigung um fünf Prozent steigen und die Emissionen um 60 Prozent sinken, rechnet Aiginger vor. Es gehe nicht an, dass der Faktor Arbeit am höchsten belastet sei. Wichtig wäre auch eine europäische Kooperation.

Im "Kurier"-Interview plädierte Aiginger überdies für die Aufnahme von Flüchtlingen. "Mit den Flüchtlingen lösen wir das Problem der Alterung in der EU, bis 2030 gibt es durch die Flüchtlinge keine Knappheit an Arbeitskräften mehr". Die Wirtschaft müsse aber wachsen, um die Kosten für die Ausbildung der Migranten zu decken. Der von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorgeschlagene Investitionsfonds mit seinen hochgerechnet 315 Mrd. Euro an Investitionsvolumen könnte ruhig verdoppelt werden. "In 30 Jahren sollen keine fossilen Rohstoffe mehr verwendet werden. Es müssen neue Motoren, neue Häuser, neue öffentliche Transportmittel entwickelt, Elektro-Autos und E-Tankstellen gebaut werden. Nur mit Innovation und Reformen kann Europa seinen Wohlstand behalten", so Aiginger, wobei mehr Wohlstand nicht "mehr BIP" bedeuten müsse, "sondern ein ökonomisches, soziales und ökologisches Gleichgewicht".

Innovationen müssen sich auf eine Senkung von Energie- und Ressourcenverbrauch konzentrieren, statt auf die Einsparung von Arbeitskraft, heißt es in der Zusammenfassung des Wifo. Die Einkommensunterschiede müssten sinken, die Realeinkommen mit der Produktivität steigen. Statt Menschen für Arbeitslosigkeit zu kompensieren, sollte mehr in Bildung, Gesundheit und Arbeitsmarkt investiert werden. Arbeitszeit sollte individuell reduziert und flexibler werden. Um den Verbrauch von Kohlenstoff im Energiewesen zu senken, sollte zu allererst "die ausgabenintensive Subventionierung fossiler Energieträger beseitigt" werden. Der Finanzsektor müsste mehr in die Realwirtschaft investieren.

Schließlich komme dem öffentlichen Sektor, der einen Anteil von knapp 50 Prozent am BIP der EU hat, ein wesentlicher Anteil zu: "Die Umorientierung der Ausgaben in Richtung Forschung und Bildung, soziale Investitionen und eine nachhaltige Beschaffungspolitik sowie die Verlagerung der Steuerlast von Arbeit hin zu Ressourcenverbrauch, Grundvermögen, spekulativen Finanzmarkttransaktionen und Erbschaften können einen bedeutenden Beitrag zur gleichzeitigen Erreichung aller drei strategischen Ziele leisten", fasst das Wifo zusammen.

(Quelle: salzburg24)

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