Welt

Zeitgenossen im Winterpalais: "Vienna for Art's Sake!"

Kontrastreiche Ausstellung in der Himmelpfortgasse
Veröffentlicht: 26. Februar 2015 13:57 Uhr
Peter Noever is back. "Vienna for Art's Sake!" heißt eine Ausstellung, die der frühere MAK-Direktor in dem vom Belvedere bespielten Winterpalais des Prinzen Eugen kuratiert hat. 161 plus 13 Arbeiten an Gegenwartskunst, die im Kontrast mit den prunkvollen barocken Räumen eine Wirkung entfalten, wie in den besten Zeiten des Museums Moderner Kunst, als dieses im Liechtensteinpalais untergebracht war.

Die Prunkräume des Winterpalais, das vom Finanzministerium aufwendig generalsaniert wurde (der Rechnungshof spricht in einer aktuellen Schätzung von 135,77 Mio. Euro), können seit Herbst 2013 vom Belvedere für Ausstellungen genützt werden. Dafür gibt es eine zusätzliche jährliche Abgangsdeckung von rund 2,55 Mio. Euro. Die neue Filiale sei von Anfang an als "lebendiger Ort" gedacht gewesen, der auch "für zeitgenössische Kunst und aktuelle Fragestellungen" zur Verfügung stehen solle, sagte Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco bei der heutigen Presseführung.

Als Peter Noever sie gefragt habe, ob er die von ihm für Luciano Benettons weltweites Kunstprojekt "Imago Mundi" zusammengetragenen Österreich-Teil "Vienna for Art's Sake!/Archive Austria" ausstellen könne, ehe er an Benetton gehe, habe sie ihm das Winterpalais angeboten. "Er ist sensibel und zart gegenüber den Künstlern und kompromisslos und hart gegenüber Widerständen - also auch genau der richtige Mann für das Winterpalais", so Husslein-Arco.

Die bis 31. Mai laufende Ausstellung ist zweigeteilt. In der Sala terrena sind in einer Art Minimundus der heimischen Kunst auf Metall-Stangen in Fast-Augenhöhe alle 161 Miniatur-Kunstwerke zu sehen, die extra für das "Archive Austria" entstanden sind. Die Vorgabe Benettons ist nämlich eine Beschränkung auf Miniaturgröße, auf das Postkartenformat 10 x 12 Zentimeter. Noever nannte dies "eine Herausforderung - und eigentlich unzumutbar für jeden Künstler".

Dennoch hätten die von ihn gefragten Künstler, Architekten oder Designer, die ihrerseits wieder die Möglichkeit bekamen, selbst Kollegen einzuladen ("dadurch sind eine ganze Reihe von Künstlern vertreten, die ich vorher nicht gekannt habe"), diese Herausforderung "mit sehr unterschiedlichen Strategien und sehr individuellen Gesten" angenommen. Tatsächlich ist der Kontrast der Homogenität des Formats zur Heterogenität der einzelnen Arbeiten dieses alphabetisch gepflanzten, den ganzen Saal einnehmenden Stangenwalds von großem Reiz.

Von Vito und Maria Elena Acconci und Christian Ludwig Attersee bis zu Heimo Zobernig und Antoinette Zwirchmayr reicht die Palette der Vertretenen, von einem mit Seepocken besiedelten Handschuh Helmut Langs bis zur biomorphen Miniatur-Architektur von soma jene der Sujets. Hermann Czech hat einen winzigen Grundriss gezeichnet, Gustav Peichl ein paar freundliche Mondgesichter - dahinter fällt ein Schriftbild von Marko Lulic ins Auge: "Revolution en miniature".

Einen Stock höher haben 13 Künstler die Einladung angenommen, je einen der Prunkräume zu bespielen. Das Resultat ist beeindruckend. Im Schlachtenbildersaal hat Magdalena Jetelova einen roten Überwachungshubschrauber an die Decke gehängt, in den gelben Salon hat Hans Kupelwieser eine Fichtenholzhütte eingepasst ("Hütteldorf im Himmelpfort"), und im ehemaligen Paradeschlafzimmer hängt der Kristallluster über der mit Dopplern und Brotlaiben gedeckten Tafel einer typischen Hermann Nitsch-Installation.

Manche halten mit großer Geste, manche mit subtilen Eingriffen gegen die vorhandenen Orgien aus Gold, Edelholz und Wandbespannung. Eva Schlegel hat im Konferenzzimmer auf einer kreuzförmigen Tischskulptur mit blutroten Farbpigmenten Sprüche ausstreuen lassen, die auf den Feldherrn Prinz Eugen Bezug nehmen. "War does not determine who is right, only who is left", lautet hier etwa die inhaltlich ewig gültige, objekthaft jedoch ephemere Botschaft Bertrand Russells.

Das Atelier Van Lieshout nimmt mit einem sprechenden, sich bewegenden riesigen Drahtkopf Bezug auf den "Schachtürken"-Automat, der im Wien des 18. Jahrhunderts für Aufsehen sorgte, the next ENTERprise hat mit einem luft- und wassergefüllten riesigen Objekt samt Lichtreflexion und Duftnote ein wahres Raumkunstwerk kreiert. Und Stararchitektin Zaha Hadid bezieht sich in einer Nische der Terrasse im Prinzipalhof auf ein bei der Renovierung freigelegtes Wandfresko.

Bei der Pressekonferenz standen eher wirtschaftliche Eckdaten im Vordergrund. Er habe bei seinem 2008 gestarteten Projekt der "Landkarte einer Vision der zeitgenössischen Kunst" bereits 50 verschieden große Länder-Kollektionen zusammengetragen und hoffe bis Ende des Jahres insgesamt 10.000 Künstler in "Imago Mundi" versammelt zu haben, das im Internet zugänglich sei, sagte Luciano Benetton. Allerdings, gab der italienische Modeunternehmer und Präsident der Fondazione Benetton Studi Ricerche zu, erhielten die Künstler für ihren Beitrag, der einer Archiv-Eintragung gleichkäme, kein Honorar. Im Gegenzug finanziere er jedoch die Etablierung und den Unterhalt dieses Archivs und Ausstellungen wie jene in Wien oder eine geplante Präsentation auf der Kunstbiennale von Venedig.

Agnes Husslein-Arco bestätigte, dass das Belvedere für die Ausstellung von Benetton "eine finanzielle Unterstützung" erhalten habe. Sie sehe die Schau allerdings nicht als Werbeveranstaltung für den Textilkonzern. Vorwürfe gegen Sponsoren "in einer Zeit, in der alles von allen gesponsert wird", "gehen über meinen Horizont hinaus", sagte Noever, der 2011 vom MAK fristlos entlassen worden war (was später in eine "rückwirkende einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses" umgewandelt wurde) und heute nach eigenen Angaben Ausstellungsprojekte u.a. in Moskau und China plant und betreut.

Für die 13 Installationen sei jedem Künstler ein Projektbudget von 11.000 Euro zur Verfügung gestanden, sagte die Belvedere-Chefin. Was mit den Objekten nach der Ausstellung geschehen werde, sei noch nicht entschieden.

(S E R V I C E - "Vienna for Art's Sake! Contemporary Art Show", Ausstellung im Winterpalais, Wien 1, Himmelpfortgasse 8, 27. Februar bis 31. Mai, tgl. 10-18 Uhr,;)

(Quelle: salzburg24)

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