Bereits vor dem finalen Gruppenspiel in Sao Paulo stand Belgien mit knappen Siegen gegen Algerien und Russland fix in der K.o.-Phase. Doch in der Heimat wollte man mehr. Durch überzeugende Leistungen in der Qualifikation (acht Siege, zwei Niederlagen) und in den Testspielen vor der WM hatte sich die Mannschaft von Trainer Marc Wilmots zum Titelkandidaten gemausert. Dadurch war enormer Druck auf das junge Team entstanden. Neben dem souveränen Weiterkommen begehren Fans und Kritiker auch furiosen Angriffsfußball und haufenweise Tore.
Doch auch gegen Südkorea war das viel zitierte offensive Flair nur ansatzweise zu erahnen. Zum einen hatte sich Wilmots zu sieben Änderungen gegenüber dem Russland-Spiel entschlossen und zahlreiche frische Kräfte gebracht. Zum anderen war nach der Roten Karte für Steven Defour wegen eines brutalen Einsteigens gegen Kim Shin-Wook weitgehend Südkorea tonangebend.
Mit der Einwechslung von Divock Origi bewies Wilmots aber wie schon in den Partien zuvor ein glückliches Händchen: Der Stürmer vom OSC Lille sorgte mit seinem Distanzschuss in der 78. Minute de facto für die Entscheidung. "Man of the Match" Vertonghen brauchte nach der kurzen Abwehr von Goalie Kim Seung-Gyu nur noch abzustauben.
"Was bedeutet es, schön zu spielen? Was am Ende zählt, ist das Resultat. Wir sind hier, um zu gewinnen, mit welchem Spielstil auch immer", verteidigte Wilmots seine Truppe. "Wir sind bei einer WM und wenn man den kleinsten Fehler macht, wird man dafür teuer bezahlen müssen. Viele denken vielleicht, es ist normal, dass wir alle Spiele gewonnen haben, aber das war es nicht", betonte der langjährige Schalke-Profi. Mittelfeldspieler Mousa Dembele pflichtete ihm bei: "Der Fußball, den wir gezeigt haben, war vermutlich nicht sehr sexy, aber wir sind überglücklich, dass wir neun von neun Punkten geholt haben."
"Das war in Belgien noch nie der Fall. Das ist historisch", verwies Abwehr-Routinier Daniel van Buyten auf die WM-Geschichte seines Landes. Jetzt wolle man ins Viertelfinale. Zum Auftakt der K.o.-Phase geht es am Dienstag (22.00 Uhr MESZ) in Salvador gegen die USA, gegen die Wilmots ein unter Ausschluss der Öffentlichkeit geplantes Testspiel kurz vor Turnierbeginn abgesagt hatte. Der 45-Jährige erwartet eine starke Mannschaft, "die in einer sehr schwierigen Gruppe aufgestiegen ist. Alle Teams im Achtelfinale verdienen es, dort zu stehen." Die Chancen für das Weiterkommen bezifferte er mit "50 zu 50".
Aufseiten von Südkorea hatten Spieler wie auch Fans nach dem Match Tränen in den Augen, nachdem sich auch die letzte kleine Hoffnung auf den Aufstieg in Luft aufgelöst hatte. Für die Mannschaft von Trainer Hong Myung-Bo war am Ende in der Vorrunde Endstation. Wie die übrigen asiatischen Vertreter Japan, Australien und Iran belegten die Südkoreaner ohne Sieg den vierten und letzten Tabellenplatz in der Gruppe.
"Ich glaube, alle asiatischen Teams bei der WM haben ihr Bestes gegeben, aber wahrscheinlich ist die Mauer für uns noch zu hoch", sagte Hong, der das Aus auf seine Kappe nahm. "Die Spieler haben alles versucht, aber es waren meine Fehler als Coach, die für dieses Resultat verantwortlich sind." Dennoch will der Rekord-Nationalspieler seines Landes die "Taeguk Warriors" auch in die Zukunft führen.
Mittelfeld-Akteur Ki Sung-Yueng machte Hong, der in Südkorea quasi als nationale Ikone gilt, keine Vorwürfe. "Unser Problem ist, dass unsere Qualität einfach nicht auf dem Niveau von Belgien ist", analysierte der Sunderland-Legionär. "Natürlich müssen wir uns in der Abwehr verbessern, aber ich glaube, wir müssen uns darauf konzentrieren, wie man Tore erzielt", weiß Ki, wo man den Hebel ansetzen muss. Bis zur Asien-Meisterschaft 2015 in Australien will Hong eine neue Mannschaft auf die Beine gestellt haben.
(Quelle: salzburg24)