Sportwelt

Festnahme in Islamistenszene nach Dortmunder Anschlag

Veröffentlicht: 12. April 2017 06:52 Uhr
Nach dem Anschlag auf einen Spielerbus des deutschen Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund (BVB) verdichten sich die Anzeichen auf einen islamistischen Hintergrund. Es gebe zwei Verdächtige in der Islamistenszene und einer sei vorläufig festgenommen worden, teilte deutsche Bundesanwaltschaft am Mittwoch in Karlsruhe mit. Zuvor war ein Bekennerschreiben mit islamistischem Inhalt gefunden worden.
Bernadette Mauracher

Der festgenommene Tatverdächtige kommt aus Nordrhein-Westfalen. Es handelt sich nach Informationen von "Express", "Kölner Stadt-Anzeiger" und Deutscher Presse-Agentur um einen 25-jährigen Iraker aus Wuppertal. Den Medienberichten zufolge wird ihm eine Nähe zur Terrororganisation "Islamischer Staat" vorgeworfen. Der zweite Verdächtige sei ein 28-jähriger Deutscher aus Fröndenberg (Nordrhein-Westfalen), heißt es laut den Zeitungen. Auch er soll IS-Sympathisant sein. Den Behörden lägen Hinweise vor, vor dass sich mindestens einer der beiden in Tatortnähe aufgehalten haben könnte.

Ermittlungen in alle Richtungen

Zuvor hatte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger gesagt, dass in alle Richtungen ermittelt werde. Das aufgefundene Bekennerschreiben sei sehr merkwürdig. Es könne "sowohl echt sein als auch der Versuch, eine falsche Spur zu legen", sagte Jäger. Daher könne es ein rechtsextremistischer Anschlag gewesen sein, ein linksextremistischer oder ein islamistischer. Die Täter hätten "eine größtmögliche Öffentlichkeit" erzielen wollen. Man müsse davon ausgehen, dass die Täter weitere Anschläge ankündigen werden.

Bekennerschreiben: "Todesliste des Islamischen Staates"

In dem in schlechtem Deutsch abgefassten Schreiben wird die Tat mit der Beteiligung Deutschland am Kampf gegen das "Kalifat" des "Islamischen Staates" begründet. Darin heißt es, ab sofort stünden Sportler und andere Prominente "in Deutschland und anderen Kreuzfahrer-Nationen" auf einer "Todesliste des Islamischen Staates". Die Drohung gegen Sportler, Schauspieler und andere Prominente solle so lange gelten, bis die deutschen Kampfflugzeuge aus dem Kriegsgebiet abgezogen und die US-Luftwaffenbasis in Ramstein geschlossen sei.

Karte Nordrhein-Westfalen, Lokalisierung GRAFIK 0393-17, 88 x 55 mm Salzburg24
Karte Nordrhein-Westfalen, Lokalisierung GRAFIK 0393-17, 88 x 55 mm

Auch linksextremistisches Bekennerschreiben aufgetaucht

Außerdem tauchte ein zweites linksextremistisches Bekennerschreiben auf. In dem am Dienstagabend im Internet verbreiteten Schreiben wird in Antifa-Duktus erklärt, der Bus sei mit eigens für den Anschlag angefertigten Sprengsätzen als "Symbol für die Politik des BVB" attackiert worden, die sich nicht genügend gegen Rassisten, Nazis und Rechtspopulisten einsetze. "Wir halten das Schreiben für einen Nazifake", erklärten die Betreiber des Internetportals Indymedia, die das Schreiben kurz nach seiner Veröffentlichung wieder löschten.

Drei Sprengsätze detonieren nahe BVB-Bus

Kurz vor dem Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen den AS Monaco waren am Dienstagabend drei Sprengsätze in der Nähe des BVB-Mannschaftsbusses explodiert, als dieser vom Hotel im Dortmunder Stadtteil Höchsten zum Stadion losfuhr. Dabei wurden der Innenverteidiger Marc Bartra und ein Polizist verletzt. Das Spiel sollte Mittwochabend unter starken Sicherheitsvorkehrungen nachgeholt werden.

Solidarität unter Fans

Große Solidarität und Hilfsbereitschaft gab es auch unter den Fans: Nach der Verlegung des Champions-League-Spiels boten Dortmunder unter #bedforawayfans Schlafplätze an. Anhänger des AS Monaco suchten auf demselben Weg nach Unterkünften. In der Nacht wurden in den sozialen Netzwerken Fotos von BVB- und Monaco-Fans gepostet, die gemeinsam am Tisch saßen und aßen. Die beiden Fußballclubs informierten per Twitter über die Aktion.
Die Dortmunder Polizei lobte das Verhalten der Zehntausenden Fußballfans, die bereits im Stadion saßen, nach der kurzfristigen Absage. "Das ist gestern mit sehr viel Ruhe abgelaufen, und das hat uns natürlich als Polizei und sicherlich auch dem Verein sehr geholfen", sagte Polizeisprecherin Vogt. "Ich glaube, da können wir alle sagen, dass wir auf die Reaktionen gestern nur stolz sein können", betonte sie.

Bartra verletzt und operiert

Der BVB-Bus wurde an zwei Stellen beschädigt. Auf Bildern war zu erkennen, dass die hinterste Scheibe auf der rechten Seite zersplittert war. Innenverteidiger Bartra wurde dabei schwer verletzt und musste operiert werden. Der Spanier habe "eine gebrochene Speiche im rechten Handgelenk und diverse Fremdkörpereinsprengungen", sagte BVB-Pressesprecher Sascha Fligge. Die anderen Spieler blieben unverletzt.

BVB-Torhüter Roman Bürki berichtete von den Schreckmomenten. "Ich saß in der hintersten Reihe neben Marc Bartra, der von Splittern der zerborstenen Rückscheibe getroffen wurde", sagte der Profi der Schweizer Zeitung "Blick". "Der Bus bog auf die Hauptstraße ein, als es einen Riesenknall gab - eine regelrechte Explosion", sagte Bürki. Dann hätten sich die Spieler geduckt und auf den Boden gelegt. "Wir wussten ja nicht, ob noch mehr passiert."

Polizist ebenfalls verletzt

Bei dem Sprengstoffangriff auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund ist nach Polizeiangaben auch ein Polizist verletzt worden. Der Beamte habe bei den Detonationen ein Knalltrauma und einen Schock erlitten, teilte die Dortmunder Polizei am frühen Mittwochmorgen mit.

Der Polizist sollte den Bus demnach mit einem Motorrad zum Stadion begleiten. Zum Zeitpunkt der Explosionen befand er sich vor dem Mannschaftsbus. Die Ermittlungen der Polizei dauerten unterdessen an.

BVB trotz Schock im Einsatz

"Die ganze Mannschaft ist in einer gewissen Schockstarre. Wir müssen versuchen, das in irgendeiner Weise zu kanalisieren. Das wird nicht einfach, wir müssen morgen spielen. Solche Bilder bekommst du nicht aus dem Kopf raus", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der bei den Fans wegen des knapp angesetzten Termins um Verständnis bat. "Wir können ja die Monegassen nicht bis Donnerstag hier halten."

Unterdessen wollen Trainer Thomas Tuchel und die Vereinsspitze das geschockte Team für das Champions-League-Spiel am Mittwochabend gegen Monaco wieder aufrichten. Im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: "Der Verein ist ohnehin unfassbar geschlossen. Aber wir müssen die Mannschaft in einen spielfähigen Zustand versetzen. Das ist eine Herkulesaufgabe."

BVB-Geschäftsführer fühlt sich trotz Anschlags sicher

"Mein persönliches Sicherheitsgefühl ist sehr gut", sagte Watzke der "Bild"-Zeitung. "Die Frage ist, wie wir die Mannschaft davon lösen, helfen, das traumatische Erlebnis zu verarbeiten."

Watzke zeigte sich in dem Telefoninterview schockiert von der Tat, deren Hintergründe weiter unklar sind. Die Polizei geht von einem gezielten Angriff auf den Bus der Dortmunder aus. "Das ist eine sehr gravierende Geschichte", sagte Watzke. "Das ist eine neue Dimension, was da heute passiert ist."

(APA)

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(Quelle: salzburg24)

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