Sportwelt

Kommentar zur ÖSV-Verletztenmisere: "Ein Teufelskreis"

Hannes Reichelt nach seinem Sturz in Kitzbühel.
Veröffentlicht: 25. Jänner 2016 15:27 Uhr
Zehn verletzte Spitzensportler hat der Österreichische Skiverband (ÖSV) derzeit zu beklagen. Gleich vier davon fielen in Kitzbühel aus. Wird der Wahnsinn um Rekorde und Spektakel zu extrem? Selbst Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher ist ratlos, ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel tobt.

"Ich bin jetzt 27 Jahre Trainer. Habe ich was falsch gemacht? Ich weiß es nicht", so Puelacher. Fast täglich musste er in Kitzbühel Rennläufern beim Stürzen und Verletzen zusehen. Das Abfahrtsrennen am Samstag wurde nach 30 Läufern abgebrochen, was nicht bei allen Trainern auf Verständnis stieß. ÖSV-Boss Schröcksnadel war hingegen sauer, dass nicht vorher gehandelt wurde: “Die Show ist die eine Sache, aber der Sport ist die andere. Und die Sicherheit der Läufer muss das Primäre sein.”

Bilder, die das Blut in Adern gefrieren lassen. /APA/AFP Salzburg24
Bilder, die das Blut in Adern gefrieren lassen. /APA/AFP

Zehn Verletzte im ÖSV-Team

Im ÖSV-Herrenteam hat man sich nach nunmehr zehn verletzungsbedingten Ausfällen, das Gros aus dem Speedteam, längst auf Ursachenforschung begeben. Jeden Unfall sei man ganz genau durchgegangen, Struktur habe sich keine gefunden. Über mögliche Fehler bei der Trainingssteuerung (Stichwort Überbelastung) kann man nur spekulieren.

  • Max Franz (Verletzung am linken Hand-, Knie- und Sprunggelenk)
  • Hannes Reichelt (Knochenprellung im linken Knie)
  • Matthias Mayer (sechster und siebenter Brustwirbel gebrochen)
  • Georg Streitberger (Kreuzband-, Innenband- und Seitenbandabriss)
  • Florian Scheiber (Kreuzbandriss)
  • Adrian Pertl (Kreuzbandriss)
  • Joachim Puchner (Patellasehnenverletzung)
  • Thomas Mayrpeter (Kreuzbandriss)
  • Markus Dürager (Schien- und Wadenbeinbruch)
  • Daniel Danklmaier (Kreuzband- und Meniskusriss)

Auch internationale Superstars, wie Aksel Lund Svindal oder Mikaela Shiffrin, mussten die Saison nach schweren Stürzen vorzeitig beenden. Die Salzburgerin Anna Fenninger riss sich noch vor Saisonbeginn das Kreuzband.

Svindals Sturz als Collage. /APA/AFP Salzburg24
Svindals Sturz als Collage. /APA/AFP

Größtmögliches Spektakel fordert Verletzte

Dass die vielen Stürze nicht spurlos an seinen noch aktiven Läufern vorübergehen, weiß auch Puelacher. Angedacht werde derzeit vieles, auch ob man psychologische Hilfe für die Athleten in Anspruch nehmen werde. Als erste Folge will der Internationale Skiverband (FIS) besonders schwierige Strecken kennzeichnen. Doch Spitzenathleten sind darauf gepolt am Limit zu fahren. Es geht um Siege, Erfolge und das größtmögliche Spektakel, denn am Ende des Tages verdienen die Sportler das meiste Geld mit Sponsoren. Und die nehmen Athleten nicht unter Vertrag, weil diese den Berg herunterschleichen.

Zudem spielt auch die Medienberichterstattung eine enorme Rolle – beim Kitzbühel-Wochenende waren 39 (!) ORF-Kameras im Einsatz, um jedes nur kleinste Detail einzufangen. Die Horror-Stürze von Svindal und Reichelt wurden zigmal wiederholt, aus allen Winkeln gezeigt, analysiert und gefährliche Ferndiagnosen von vermeintlichen Experten aufgestellt.

Niemand wird direkt gezwungen

Aber die meisten Zuschauer wollen das Spektakel, sonst schalten sie um. Es ist ein Teufelskreis, in dem die Gesellschaft gefangen ist. Und Airbags, wie der Salzburger Reichelt einen hatte, schützen zwar den Oberkörper, aber nicht die Beine. Dafür wird es auch nie Schutz geben. Am Ende ist aber jeder Rennfahrer für sich und sein Leben selbst verantwortlich. Niemand wird direkt gezwungen, sich die mörderischen Abfahrten hinunterzustürzen. Aber indirekt. Denn wer nicht mitmacht, der fliegt aus dem Kader, verliert Sponsoren und kann sich seinen Lebensunterhalt nicht mehr leisten.

Wie weit darf die Show gehen? Wann hört der Sport auf? Die FIS-Verantwortlichen müssen zeitnah wichtige Fragen klären, um die Sicherheit der Athleten weiterhin zu gewährleisten.

(SALZBURG24/Pfeifer)

(Quelle: salzburg24)

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