Sportwelt

Özil: Sein Statement im Wortlaut

Veröffentlicht: 23. Juli 2018 11:15 Uhr
Mesut Özil verkündete am Sonntag seinen Rücktritt aus der deutschen Fußballnationalmannschaft. Der 29-Jährige war nach einem Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in die Kritik geraten – nun feuert Özil zurück. Der Fußballer rechnet mit seinen Kritikern und dem Deutschen Fußball-Bund ab. Wir haben das Statement für euch im Wortlaut. 
Johannes Posani

Ein umstrittenes Foto weniger Wochen vor der Fußball-WM brachte den Stein ins Rollen. Die deutschen Fußballnationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan posierten für ein Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Daraufhin wurden beide Nationalspieler zum deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier geladen, eine Debatte in Deutschland entflammte. Während sich Gündogan später dazu äußerte, blieb Özil stumm – bis jetzt.

Kein politischer Hintergrund bei Erdogan-Foto

„In den letzten Wochen hatte ich Zeit über die Ereignisse der vergangenen Monate nachdenken und zu reflektieren. Ich möchte daher meine Gedanken und Gefühle zu den Geschehnissen teilen“, beginnt Özil in seinem Statement.“ Zu dem Foto mit Erdogan schreibt der 29-Jährige: „Ich bin mir dessen bewusst, dass das Foto mit Erdogan viele Reaktionen in deutschen Medien hervorgerufen hat und obwohl mir manche Menschen unterstellen, dass ich lüge, hatte dieses Bild keinen politischen Hintergrund.“ Hintergrund sei ein anderer gewesen, so Özil: „Für mich hatte das Foto mit Erdogan nichts mit Politik oder den Wahlen zu tun, sondern damit, das höchste Amt im Heimatland meiner Familie zu respektieren. (…) Für mich war nicht wichtig, wer der Präsident war, sondern dass es der Präsident war.“

Grindel sei zurecht in der Kritik

Kritik übt Özil vor allem an DFB-Präsident Reinhard Grindel: „Die Sache, die mich in den letzten Monaten am meisten frustriert hat, war die schlechte Behandlung des DFB, insbesondere von DFB-Präsident Reinhard Grindel. (…) Während ich versuchte, Grindel meine Herkunft und meine Gründe für das Zustandekommen des Fotos zu erklären, war er viel eher daran interessiert, über seine eigenen politischen Ansichten zu sprechen und meine Meinung herabzusetzen.“ Dass Grindel durch die Debatte in der Kritik steht, sei dem 29-Jährigen klar: „Seit dem Ende der Weltmeisterschaft ist Grindel unter viel Druck geraten und das völlig zurecht. Kürzlich hat er mich öffentlich erneut dazu aufgefordert meine Handlungen zu erklären und machte mich für die schlechte Mannschaftsleistungen bei der WM in Russland verantwortlich, obwohl er in Berlin gesagt hatte, das Thema sei für ihn beendet.“

Özil nicht für Grindels „Inkompetenz“ verantwortlich

Über den DFB-Präsidenten schreibt Özil weiter: „Ich spreche hier und jetzt nicht wegen Grindel, sondern weil ich es will. Ich werde nicht als der Sündenbock für seine Inkompetenz und seine Unfähigkeit seinen Job ordentlich zu machen, herhalten. Ich weiß, dass er mich aus dem Team haben wollte nach dem Foto, was er ja auch auf Twitter kundtat ohne nachzudenken oder Rücksprache zu halten. Doch Joachim Löw und Oliver Bierhoff stellten sich vor mich und unterstützten mich. In den Augen von Grindel und seinen Unterstützern bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, und Immigrant, wenn wir verlieren.“ Schlussendlich stellt Özil die Frage: „Gibt es Kriterien, um ein echter Deutscher zu sein, die ich nicht erfülle?“

Multikulti ein Mythos

Für viele sei das Foto mit Erdogan ein willkommener Grund gewesen, ihre politische Meinung kundzutun, so Özil: „Bernd Holzhauer (ein deutscher Politiker) hat mich wegen meines Fotos mit Erdogan und meiner türkischen Abstammung einen „Ziegenficker“ genannt. Werner Steer (Chef des Deutschen Theaters München) sagte, dass ich mich nach „Anatolien verpissen“ solle, einer Region in der Türkei, aus der viele Immigranten stammen.  Nochmal: Mich wegen meiner Vorfahren zu kritisieren oder zu misshandeln ist erbärmlich und eine Linie, die überschritten wird. Diskriminierungen als Werkzeug für politische Propaganda zu nutzen, sollte zur sofortigen Entlassung dieser respektlosen Menschen führen. Diese Leute haben mein Bild mit Präsident Erdogan als Gelegenheit genutzt, um ihre vorher versteckten rassistischen Tendenzen auszudrücken. Und das ist gefährlich für die Gesellschaft.“ Von Gindel sei Özil „enttäuscht, aber nicht überrascht.“ So habe Grindel 2004 als Bundestagsabgeordneter gesagt „Multikulti sein in Wirklichkeit ein Mythos und eine lebenslange Lüge.“

Özil tritt aus Nationalmannschaft zurück

Dass er medial für das deutsche Vorrunden-Aus bei der WM in Russland verantwortlich gemacht wurde, prangert der 29-Jährige ebenfalls an: „Was ich aber nicht akzeptieren kann, sind deutsche Medien, die wiederholt meine doppelte Herkunft und ein einfaches Bild als Schuldigen ausmachen für die schlechte Weltmeisterschaft einer ganzen Mannschaft.“ Özil zieht aus der Affäre seine persönliche Konsequenz: „Schweren Herzens und nach langer Überlegung werde ich nicht mehr länger für Deutschland spielen, solange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit habe. Ich habe das deutsche Trikot mit so viel Stolz und Begeisterung getragen, aber das ist vorbei.“

(Quelle: salzburg24)

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