Gericht

Anschlagspläne auf Wiener Regenbogenparade: Sechs Monate Haft für 16-Jährigen

Wegen angeblichen Anschlagsplänen auf die Vienna Pride im Jahr 2023 müssen sich drei Angeklagte in St. Pölten vor Gericht verantworten.
Veröffentlicht: 15. Juli 2025 07:52 Uhr Aktualisiert: 15.07.2025 16:00 Uhr
Weil sie vor zwei Jahren einen Anschlag auf die Wiener Regenbogenparade geplant haben sollen, standen drei Angeklagte heute vor Gericht.

 In einem im Zusammenhang mit möglichen Anschlagsplänen auf die Wiener Regenbogenparade der LGBTIQ+-Community 2023 stehenden Prozess ist ein 16-Jähriger am Dienstag in St. Pölten zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation ist nicht rechtskräftig. Die Verhandlung gegen ein nicht geständiges Brüderpaar im Alter von 19 und 22 Jahren geht unter Ausschluss der Öffentlichkeit am 5. August weiter.

16-Jähriger mit "reumütigem" Geständnis

Der jüngste der drei Beschuldigten war am Dienstag teilgeständig, die Verurteilung erfolgte auch wegen Körperverletzung aufgrund eines Vorfalls an der Schule. Der 16-jährige Österreicher (in der Anklage wird er auch als 17-Jähriger geführt) habe in Chats "äußerst bedenkliche" Dinge geäußert, sagte der vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung. Das Beweisverfahren habe jedoch "ein Gutes gehabt", und eine Wende beim Jugendlichen, der nun kein IS-Anhänger mehr sei, herbeigeführt. Vorgelegen sei ein "reumütiges Geständnis" hinsichtlich der terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation, das Eindruck hinterlassen habe.

Weiterhin aufgetragen wurde dem 16-Jährigen Bewährungshilfe, auch in einem Deradikalisierungsprogramm muss er bleiben. "Mit diesem Urteil haben Sie eine echte zweite Chance durch den Schöffensenat bekommen", betonte der Richter. Verteidiger Andreas Schweitzer verzichtete auf Rechtsmittel, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

 

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Wegen angeblichen Anschlagsplänen auf die Vienna Pride im Jahr 2023 müssen sich drei Angeklagte in St. Pölten vor Gericht verantworten.
Wegen angeblichen Anschlagsplänen auf die Vienna Pride im Jahr 2023 müssen sich drei Angeklagte in St. Pölten vor Gericht verantworten.
Wegen angeblichen Anschlagsplänen auf die Vienna Pride im Jahr 2023 müssen sich drei Angeklagte in St. Pölten vor Gericht verantworten.

Pläne für Anschlag auf Pride-Parade in Chats erörtert

Das medial im Fokus stehende mögliche Attentat auf die Pride vom 17. Juni 2023 stand der Staatsanwaltschaft St. Pölten zufolge indes nicht unmittelbar bevor. "Das wird ihnen auch nicht zur Last gelegt, das ist nicht der Anklagegegenstand", hob der Staatsanwalt bei seinem Eröffnungsvortrag hervor. Die drei Ex-Anhänger der radikalislamischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hätten in einer einschlägigen Telegram-Gruppe jedoch "Anschlagspläne erörtert", wird in der Anklageschrift betont. Der Jüngste habe sich im Internet neben IS-Propagandamaterial auch Bombenbauanleitungen beschafft und sich mit Gleichgesinnten in Chats ausgetauscht.

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Dass es keine konkreten Pride-Anschlagspläne gegeben habe, darin stimmten am Dienstag auch die drei Verteidiger überein. Sein Mandant habe am Veranstaltungstag mittags noch geschlafen, dann sei eine Hausdurchsuchung mit 30 Beamten durchgeführt worden, betonte Markus Sommerauer, Anwalt des 19-jährigen Erstangeklagten. "So, dass es mehr oder weniger halb St. Pölten mitbekommen hat." Herausgekommen sei wenig. Sichergestellt worden seien Dinge, "die in keiner Weise dem Waffengesetz unterliegen" wie Softguns. Kritik gab es zudem an der "vorschnellen" Öffentlichkeitsarbeit der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN).

 "Ich bin der Ansicht, dass diese Anklageschrift auf Unterstellungen beruht, die mein Mandant entkräften kann", hob die Verteidigerin des Zweitangeklagten hervor. Das in der Öffentlichkeit vom 22-Jährigen gezeichnete Bild entspreche zudem nicht der Realität. Andreas Schweitzer, der den 16 Jahre alten Drittangeklagten vertrat, übte ebenfalls Kritik am Vorgehen der DSN.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei allen drei jungen Beschuldigten um bis zu ihren Festnahmen gewaltbereite Anhänger des IS bzw. der daraus hervorgegangenen Gruppe "Islamischer Staat - Provinz Khorasan" (ISPK). Sie waren demnach in der einschlägigen Telegram-Gruppe "psychology1444" auf gewaltaffine und stark radikalisierte ausländische Gleichgesinnte gestoßen. Die Gruppe "bestand aus zehn bis 15 Mitgliedern", ansässig in Europa, schilderte der Staatsanwalt. Neben Propagandavideos und Spendenaufrufen wurden laut Anklage in Chats Anschlagspläne erörtert - ein Ukrainer kündigte etwa an, sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen zu wollen.

Die Verteidigung von Erst- und Zweitangeklagtem bestritt die Beteiligung der jeweiligen Mandanten an der Telegram-Gruppe. Der Drittangeklagte war dazu - genauso wie zu der ihm angelasteten Körperverletzung - geständig, wie Anwalt Schweitzer ausführte.

Angebliche Anschlagspläne erst nach Vienna Pride öffentlich

Bekannt wurden die angeblichen Anschlagspläne auf die Vienna Pride 2023 erst am Tag nach der Regenbogenparade. Die DSN informierte die Öffentlichkeit in einer eilig einberufenen Pressekonferenz, man habe einen Anschlag vereitelt und Hausdurchsuchungen bei den drei Beschuldigten durchgeführt. Auf die drei aufmerksam gemacht worden war die DSN dank eines ausländischen Partnerdiensts, der Kenntnis von den Inhalten der Telegram-Chats erlangt hatte. Die Burschen wurden wenige Tage nach ihren Festnahmen mangels dringenden Tatverdachts wieder auf freien Fuß gesetzt.

Ob die Urteile bereits am Dienstag fallen werden, war vorerst offen. Vorsorglich ist für den 5. August ein weiterer Verhandlungstag fixiert worden.

(Quelle: apa)

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