Missbrauchsvorwürfe

Ermittlungen gegen Kärntner Landesbedienstete in SOS-Kinderdorf-Causa

In der Kinderdorf-Causa wird auch gegen Landesbedienstete ermittelt. (ARCHIVBILD)
Veröffentlicht: 25. September 2025 09:56 Uhr Aktualisiert: 25.09.2025 12:15 Uhr
Wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt wird in Kärnten in der Causa SOS-Kinderdorf nun auch gegen Landesbedienstete ermittelt.

Die Causa um mutmaßlichen Missbrauch an mehreren Standorten von SOS-Kinderdorf weitet sich aus. Wie am Donnerstag bekannt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen Mitarbeiter des Landes Kärnten wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Ermittlungen gibt es wie berichtet auch in Tirol und Salzburg. SOS-Kinderdorf war unterdessen um volle Aufklärung bemüht, sprach auf APA-Anfrage "jedoch auch von ersten Indikatoren für einen Spendenrückgang", wie es am Nachmittag hieß.

Dieser werde etwa im Bereich der digitalen Spenden und Unternehmenspartnerschaften registriert. Aufgrund des kurzen Zeitraums sei eine genaue Abschätzung jedoch schwierig, hieß es aus der Kommunikationsabteilung von SOS-Kinderdorf. SOS-Kinderdorf finanziert sich zu rund 75 Prozent aus Beiträgen der öffentlichen Hand. Rund Prozent der erforderlichen Mittel kommen aus Spenden: 2024 betrugen diese 46,5 Millionen Euro. Die Gesamteinnahmen 2024 betrugen rund 188 Millionen Euro.

"Anfangsverdacht aufgrund der Berichterstattung"

Es gebe einen "Anfangsverdacht aufgrund der Berichterstattung, dass nicht alle Verdachtsmomente an die Staatsanwaltschaft herangetragen wurden", erklärte Sprecher Markus Kitz von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt der APA. Ob das Land seiner Anzeigenverpflichtung nachgekommen ist oder etwas vertuscht wurde, soll nun ermittelt werden. Andererseits werde gegen Verantwortliche des SOS-Kinderdorfs Moosburg ermittelt, wo Missbrauchsvorwürfe nicht angezeigt worden sein sollen sowie wegen des Verdachts des Quälens und Vernachlässigens von Minderjährigen. Das Land Kärnten hat inzwischen eine Sonderkommission einberufen.

Interne SOS-Kinderdorf-Studien in Tirol und Kärnten

Ausgelöst hatte die Causa ein Bericht des "Falter" vor mehr als einer Woche. Demnach sollen Kinder und Jugendliche am Standort in Moosburg im Zeitraum von 2008 bis 2020 misshandelt, eingesperrt und nackt fotografiert worden sein. Die Informationen der Wochenzeitung stammen aus einer Studie, die SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben, aber nie öffentlich gemacht hatte. Im Jahr 2020 hatte es Ermittlungen gegen einen ehemaligen Leiter des SOS-Kinderdorfes Moosburg und eine weitere Person gegeben. Vorgeworfen wurden mutmaßliche Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger sowie mutmaßlicher Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden aber eingestellt.

Wenig später wurden auch fünf Gewaltverdachtsfälle am Standort in Imst in Tirol bekannt. Die Vorfälle betreffen demnach den Zeitraum 2017 bis 2020 und würden sich auf das Fehlverhalten zweier Führungskräfte beziehen. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck prüft einen möglichen Anfangsverdacht. Auch zu den Fällen in Tirol wurde eine interne Studie erstellt, die jedoch nicht veröffentlicht wurde.

Anzeige für den Anbieter APA Video über den Consent-Anbieter verweigert

Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) übte am Donnerstag gegenüber dem ORF Tirol harsche Kritik an der Vorgangsweise der damals verantwortlichen Personen im SOS-Kinderdorf und sprach von einem "System der Vertuschung". Von Mitarbeitern an Leitungspersonen gemeldete Fälle seien nicht ans Tageslicht gekommen. "Es gab also viele Ebenen, wo diese an und für sich meldepflichtigen Vorfälle dann verebbt sind", sagte sie. "Das Machtkonstrukt war von außen nicht sichtbar", auch wenn eine Fachaufsicht bzw. unabhängige Kommissionen - etwa der Kinder- und Jugendanwaltschaft - die Kinder regelmäßig besuchen. Die künftige Zusammenarbeit mit dem SOS-Kinderdorf müsse nun diskutiert werden, eine Auflösung des Vertrages stand jedoch nicht im Raum.

Ruf nach Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen

Vonseiten der Oppositionsparteien war indes der Ruf nach Aufklärung laut geworden. Liste Fritz-Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider forderte etwa strengere Kontrollmechanismen und eine angemessene Entschädigung für Betroffene. "Als Gesellschaft haben wir die Verantwortung, ihnen zumindest im Nachhinein Gerechtigkeit und Unterstützung zukommen zu lassen", meinte sie. FPÖ-Obmann Markus Abwerzger, der im Zivilberuf Rechtsanwalt ist, sah indes die Möglichkeit von Amtshaftungsklagen der Betroffenen. Die Staatsanwaltschaft müsse die Verantwortung der Behörden und damals politisch Verantwortlichen untersuchen.

Möglicher Fall auch in Seekirchen

Auch ein ehemaliger Mitarbeiter des SOS-Kinderdorfs in Seekirchen (Flachgau) wird beschuldigt, zwei unmündige Bewohnerinnen sexuell missbraucht zu haben, wie Staatsanwältin Ricarda Eder gegenüber SALZBURG24 am Mittwoch bestätigte. Die Ermittlungen stünden jedoch noch ganz am Anfang. Nähere Informationen gab es aus ermittlungstaktischen sowie Opferschutz-Gründen vorerst nicht, so Eder.

Verwiesen wurde auf die Ombudsstellen für Opferschutz für ehemalige Betreute, die interne Meldestelle für Kinderschutz sowie eine anonyme und nach internationalen Standards aufgesetzte Whistleblowing-Plattform. "Alle Betroffenen, Mitarbeitenden und externe Personen können diese Kanäle nutzen, um Missstände oder Verdachtsfälle sicher und - auf Wunsch - anonym zu melden", hieß es. Die Ombudsstellen habe man zudem um drei Fachkräfte aufgestockt.

Reformkommission am Zug

Die vom Aufsichtsrat eingesetzte Reformkommission von SOS-Kinderdorf unter der Leitung von Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss tritt am 8. Oktober vollständig zusammen. Die Organisation betonte am Donnerstag, dass die Unabhängigkeit durch die Struktur der Kommission gesichert sei. Während die externen Expertinnen der Kommission die Untersuchungen durchführten bzw. weitere Fachleute beauftragten, hätten die drei Mitglieder des Aufsichtsrats in der Kommission kein Eingriffsrecht in der Untersuchung und seien für die Umsetzung der Empfehlungen zuständig.

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken