Nach einem Tötungsdelikt am Dienstagabend, bei dem ein 44-Jähriger in Wien-Leopoldstadt seine gleichaltrige Frau und danach sich erschossen haben dürfte, scheint das Motiv in einer Beziehungstat zu suchen sein: Wie Polizeisprecherin Julia Schick am Mittwoch sagte, war das Paar zwar noch verheiratet, lebte aber getrennt und in Scheidung. Zwei weitere Opfer - eine 24-Jährige, sie ist die Tochter des mutmaßlichen Schützen, sowie ein 26-Jähriger - sind am Leben.
Laut Wiener Gesundheitsverbund befand sich die junge Frau, sie ist am Kopf getroffen worden, in einem äußerst kritischen Zustand, "die Ärzte kämpfen um ihr Leben". Trotz einer sehr schweren Schussverletzung geht es dem 26-Jährigen relativ gut. Sein Verhältnis zu der Familie war Mittwochfrüh noch nicht restlos geklärt, er könnte ein Schwager oder der Freund der 24-Jährigen sein. Sein Zustand ist laut dem Sprecher nicht nur stabil, sondern er konnte auch auf eine Normalstation verlegt werden. Er wurde, so Schick, von ihren Kollegen noch nicht einvernommen. Diese erhoffen sich aber davon eine Klärung des Motivs und des Ablaufs. Die Geschehnisse brachten einen massiven Polizei- und Rettungseinsatz mit sich. Die Gegend wurde großräumig gesperrt.
Drei minderjährige Kinder in Wohnung
Ebenfalls in der Wohnung befanden sich während der Tat drei Minderjährige, bestätigte Ingrid Pöschmann von der Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) auf Anfrage entsprechende Medienberichte. Bei diesen handelt es sich um die 15-jährige Tochter der 44-Jährigen sowie ein Baby und ein Kleinkind (2) der lebensgefährlich verletzten 24-Jährigen. Die Minderjährigen wurden in die Obhut der Schwester der Getöteten gegeben, die MA 11 ist mit dieser im Austausch und hat Hilfe angeboten.
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Mann zielt mit Pistole auf Polizisten
Der Bluttat war ein lautstarker Streit in dem Mehrparteienhaus in der Vorgartenstraße vorausgegangen. Die eintreffenden Beamten wurden auf der Straße auf den Serben aufmerksam, der, als sie ihn aufforderten, stehenzubleiben, mit einer Waffe auf sie zielte und schoss. Ein Polizist erwiderte das Feuer, woraufhin der 44-Jährige mit einem weißen Mercedes zunächst flüchtete, dann aber im Nahbereich stoppte.
Waffen illegal besessen
Laut Polizeisprecherin Julia Schick wurde er kurze Zeit später "im Nahbereich leblos in seinem Fahrzeug aufgefunden". Eine Obduktion soll klären, ob sich der Serbe mit der im Auto gefundenen Waffe selbst getötet hat und/oder ob er von der Polizei beim Schusswechsel getroffen worden war. Gegen den 44-Jährigen bestand laut Schick seit längerer Zeit ein Waffenverbot, wobei zunächst nicht klar war, weshalb dieses verhängt worden war. Der Mann hatte die Schusswaffe, deren Typ ebenfalls vorerst unbekannt war, illegal besessen.
In der Zwischenzeit entdeckten die Polizisten in der Wohnung die leblose 44-Jährige sowie die beiden anderen Opfer, die von mehreren Teams der Wiener Berufsrettung versorgt wurden, wie deren Sprecher Daniel Melcher am Mittwoch mitteilte. Anschließend wurden sie in ein Krankenhaus eingeliefert. Medienberichte über zwei Minderjährige, die sich in der Wohnung aufgehalten hätten, konnte Schick zunächst nicht bestätigen oder zurückweisen.
Reaktion nach Bluttat in Wien
Reaktionen kamen Mittwoch vom Verein StoP (Stadtteile ohne Partnergewalt) sowie dem Frauenring. Auf einer Pressekonferenz des Vereins, der am Mittwoch in Wien seine jüngste Kampagne vorstellte, wurde eine Schweigeminute für die Opfer der Bluttat eingelegt. Vereinsvorsitzende Maria Rösslhumer richtete den Opfern und Hinterbliebenen in diesem Zusammenhang ihr tiefstes Mitgefühl aus. Klaudia Frieben vom Österreichischen Frauenring, ebenfalls auf der Pressekonferenz anwesend, erklärte in diesem Zusammenhang, dass die jüngste Tat erneut die Dringlichkeit des Themas offenbare. Sie sei "sehr wütend", sagte Frieben am Mittwoch der APA am Rande der Pressekonferenz. "Man darf jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen."
Der Vorsteher des Bezirksgerichts Meidling, Oliver Scheiber, sah auch eine Verschärfung des Waffenrechts als notwendig an. Er verstehe nicht, "warum jemand - mit Ausnahme von Bundesheer oder Polizei - eine Waffe braucht", sagte Scheiber unter Verweis darauf, dass dies seine rein persönliche Meinung sei.
(Quelle: apa)